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Diese Frauen sind perfekt unperfekt

Stil

Diese Frauen sind perfekt unperfekt

  • Text: Olivia Goricanec; Fotos: Ornella Cacae; Haare & Make-up: Monika Spisak

Selbstoptimierung heisst heute die Devise, gutes Aussehen ist ein Muss geworden. Was aber, wenn man nicht der Norm entspricht? Vier Frauen mit Haut-Auffälligkeiten schildern, wie sie damit umgehen.

Ewar nicht einfach, Frauen mit einer Haut-Auffälligkeit oder schütterem Haar für diese Geschichte zu finden. Menschen, die in der Öffentlichkeit oft angestarrt werden, weil sie anders sind. Sie konnten sich nicht vorstellen, sich ohne Camouflage-Make-up oder Haarteil für annabelle fotografieren zu lassen. Gefunden haben wir dennoch vier Frauen unterschiedlichen Alters, die alle eines gemein haben: Sie wollen für das Thema sensibilisieren und aufzeigen, wie es sich anfühlt, anders zu sein.

Allzu oft müssen Betroffene erleben, wie sie als Aussenseiter behandelt werden. «In einer Studie wurde belegt, dass Menschen mit einer Hautauffälligkeit im Gesicht als weniger attraktiv, nett, sympathisch, intelligent oder kompetent wahrgenommen werden. Man geht ihnen aus dem Weg», sagt Ornella Masnari, Psychologin am Kinderspital Zürich und Mit-Initiantin der Hautstigma-Initiative zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Hautauffälligkeiten. Der Mensch habe Angst vor Fremdem, und was nicht der Norm entspreche, löse Unsicherheit aus. «Häufig ist die Reaktion aber nicht böse gemeint. Man ist mit der Situation überfordert.»

Aber ist das ein Trost für jemanden mit einer Narbe im Gesicht, der keine Arbeitsstelle bekommt? «Eine Kundin erzählte mir, sie habe schon mehrfach erlebt, wie sich Menschen im Tram anderswo hingesetzt hätten, nachdem sie ihre von der Krankheit gezeichneten Hände sahen. Wahrscheinlich fürchteten sie, die weissen Flecken könnten ansteckend sein», sagt Anna Wyss. Die Visagistin und Ausbildnerin kennt unzählige solcher EGeschichten, führte sie doch als Inhaberin während 18 Jahren eine Schule für Visagistik und Camouflage in Zürich. Obwohl längst pensioniert, fühlt sich Anna Wyss in der Verantwortung, ihr Wissen über Camouflage an Frauen und Männer mit einer Hautauffälligkeit weiterzugeben. «Oft gibt ihnen dieses deckende Make-up einen Hauch von Normalität zurück.»

Wer sich nicht die ganze Zeit den Blicken anderer aussetzen möchte, hat die Möglichkeit, seine Auffälligkeit mit einer speziell deckenden Schminke, einem sogenannten Camouflage-Make-up, abzudecken oder zumindest davon abzulenken. Die Tatsache, dass man für einen Tag oder Abend seine Flecken und Narben vergessen kann, ist für viele eine Erlösung. Die Erwartung, dann aber immer so aussehen zu müssen, kann jedoch auch einen ungewollt hohen Druck erzeugen.

Ein perfektes Vorbild für einen selbstbewussten Umgang mit einer Hautauffälligkeit ist das dunkelhäutige Model Winnie Harlow, das seit zwei Jahren an unzähligen Shows läuft und für bedeutende Marken wie Desigual und Diesel wirbt. Ihre von der Krankheit Vitiligo mit weissen Flecken übersäte Haut deckt sie nicht ab und macht somit vielen Frauen Mut, sich so zu präsentieren, wie sie sind.

Im Vergleich zu Hautanomalien scheint Haarausfall ein noch grösseres Tabu zu sein. «Bei einigen meiner Kundinnen weiss nicht mal die Familie, dass sie einen Haarersatz tragen. Zu gross sind die Hemmungen», sagt Coiffeur und Zweithaarspezialist Steffen Merz. Volles Haar wird in unserer Gesellschaft mit Attraktivität und Gesundheit assoziiert. Mit wie viel Scham das Thema behaftet ist, zeigt die Erfahrung von Merz Coiffure. «Unser Geschäft ist bewusst in der obersten Etage eines Ärztehauses.» Auch die einzelnen Kabinen im Salon seien durch Vorhänge abgeschirmt, um absolute Diskretion zu gewährleisten.

So schwierig das Anderssein für die Betroffenen sein mag, so einfach wäre es, ihnen das Leben zu erleichtern, indem wir unseren Blick auf die Dinge ändern und Individualität zu respektieren lernen. Mit allen Makeln und Qualitäten.

Fabienne (22) Sirnach TG

Feuermal (Naevus flammeus)

Als Feuermal bezeichnet man eine gutartige Hautveränderung mit rötlicher bis rotvioletter Farbe. Es ist eine angeborene Fehlbildung der feinen Blutgefässe der Haut. Feuermale können überall auftreten. Häufig ist nur eine Körperseite betroffen, vor allem Gesicht und Hals. Bis zu zwei Prozent der Neugeborenen haben ein Feuermal. Unbehandelt, bleibt es lebenslang bestehen und nimmt mit zunehmendem Alter an Farbintensität zu. Zu unterscheiden ist das symmetrische Feuermal, zu dem auch der sogenannte Storchenbiss gehört, der sich bei 70 bis 80 Prozent der Betroffenen in den ersten Lebensjahren von selbst zurückbildet.

Therapie

Da ein Feuermal eine gutartige Gefässfehlbildung ist, bestehen an sich keine gesundheitlichen Probleme. Ein Naevus flammeus im Gesicht kann jedoch ein grosses kosmetisches Problem darstellen und für die betroffene Person und ihre Familie seelisch stark belastend und sozial beeinträchtigend sein. Daher empfiehlt es sich, die Hautveränderung frühzeitig zu behandeln. Die effektivste Behandlung ist die Therapie mit dem Farbstofflaser. Vollständig verschwinden Feuermale nur bei etwa 20 Prozent der Behandelten. Bei den restlichen können sie jedoch deutlich heller werden.

«Im Kindergarten wurde mir bewusst, dass ich anders aussehe. Als Kind möchte man nicht herausstechen, möchte so sein wie die anderen. Mit meinen Eltern habe ich überraschenderweise nie darüber gesprochen, wie es für sie gewesen ist, bei meiner Geburt das Feuermal zu entdecken. Vor einiger Zeit hat mir aber meine Gotte erzählt, dass sie bei ihrem Besuch am Wochenbett meine Mutter mit Tränen in den Augen vorfand. Ich kann das irgendwie verstehen. Man macht sich Sorgen, möchte nicht, dass sein Kind gehänselt wird. Anstatt sich damit abzufinden, hat sie sich aber gleich über Behandlungsoptionen informiert. So wurde mein Feuermal schon als Baby mit einer Lasertherapie behandelt. Im Alter von etwa zwei Jahren legten wir jedoch eine Pause ein. Ich soll beim Betreten der Arztpraxis immer gleich zu weinen begonnen haben. Einige Jahre später nahmen wir die Therapie auf meinen Wunsch hin wieder auf. Wahrscheinlich wurde ich zu diesem Zeitpunkt besonders oft darauf angesprochen. Bis zum Sekundarschulalter war ich in unterschiedlichen Abständen in Behandlung. Das Lasern am Kinn hat weit mehr geschmerzt als an den Wangen. Aber es war zum Aushalten. Mein Feuermal hat man zwar nicht ganz zum Verschwinden gebracht, es ist aber viel heller und unauffälliger geworden.

Heute würde ich nicht behaupten, dass ich wegen meines Feuermals sehr stark gelitten hätte. Als Teenager fand ich mich nicht schön, aber hat nicht jeder in diesem Alter mit sich zu kämpfen? Bei mir war es eben dieser rote Fleck, bei den anderen dafür die Nase oder die Figur. Die Blicke und diese endlose Fragerei waren aber schon mühsam. Nein, es ist kein Ausschlag. Nein, es hat nichts mit einem Unfall oder mit Feuer zu tun. Ja, ich darf ganz normal an die Sonne. Und nein, es schmerzt nicht. Dass auch meine Unterlippe betroffen und dadurch voluminöser ist, war für mich lange ein Problem. Im Teenageralter liess ich sie deshalb verkleinern. Der Chirurg nahm nur wenig Fleisch heraus. Er meinte, wegnehmen könne man immer noch. Damals habe ich mich richtig geärgert, da sie im Spiegel genauso aussah wie vor der Operation. Wulstig und gross. Ironischerweise wurde ich kurz darauf von einem Typen im Ausgang angesprochen, der meinte, ich hätte so schöne volle Lippen. Was mich jahrelang belastete, fand plötzlich jemand anziehend. Darauf sah ich meine Unter- lippe in einem ganz anderen Licht.

In den ersten Jahren in der Kantonsschule benutzte ich täglich Camouflage-Make-up. Ohne mein Feuermal abzudecken, hätte ich mich nicht blicken lassen. Mit 17 oder 18 hatte ich dann meinen ersten festen Freund und entwickelte dank ihm, dank seiner Komplimente und seiner Liebe, viel mehr Selbstvertrauen. Seit dem Ende des Gymnasiums gehe ich nun ohne Camouflage-Make-up auf die Strasse. Möchte ich mich für einen speziellen Anlass oder für den Ausgang rausputzen, decke ich das Feuermal gelegentlich ab. Ich finde es zwar weiterhin nicht schön, aber stören tut es mich nicht mehr. Ob ich lieber ohne Feuermal geboren wäre? Früher hätte ich bestimmt Ja gesagt, heute weiss ich es nicht. Vielleicht wäre ich ohne ja nicht die, die ich heute bin.»

Françoise (50) Würenlingen AG

Androgenetisch bedingter Haarausfall (Alopecia androgenetica)

Eine Alopezie ist der Zustand der Haarlosigkeit. Sie kann herdförmig, an einzelnen Stellen oder auf dem ganzen Kopf vorkommen. Als hormonell-erblich bedingter Haarausfall wird ein Haarverlust der Kopfhaut bezeichnet, der durch eine Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber männlichen Sexualhormonen bedingt ist. Fast jeder zweite Mann leidet im Lauf seines Lebens daran. Aber auch fast 30 Prozent der Frauen sind betroffen. In der Regel nimmt der Grad des Haarausfalls mit steigendem Alter zu. Während bei der Frau vorwiegend eine Lichtung im Scheitelbereich entsteht, startet die Alopecia androgenetica des Mannes im Bereich der Stirnhöcker und wird zur Glatze.

Therapie

Bei der Alopecia androgenetica stehen verschiedene therapeutische Massnahmen zur Verfügung. Je früher der Haarausfall erkannt wird, desto eher haben sie Erfolg. Ein erneutes Haarwachstum an bereits kahlen Stellen kann nur teilweise erreicht werden. Für die medikamentöse Behandlung gibt es zwei Wirkstoffe: Minoxidil und Finasterid. Letzterer ist den Männern vorbehalten. Die Mittel sind sehr wirksam, solange man sie anwendet. Weitere Optionen sind eine Eigenhaartransplantation oder ein Haarersatzteil. Wer einzelne kahle Stellen abdecken will, kann sich mit einer Haarergänzung helfen: Feinste Haarnetze werden permanent und unsichtbar mit dem Eigenhaar verbunden.

«Ich schaute in den Spiegel und sagte zu meiner Brautführerin: ‹Super, der Haarschmuck sitzt. Nun kannst du den Schleier platzieren.› Sie schüttelte den Kopf. Dafür sei nicht genug Haar vorhanden. Ich musste mich entscheiden: Haarschmuck oder Schleier. So trug ich an meiner Hochzeit nur den Schmuck. Das war vor 28 Jahren, inzwischen bin ich geschieden. Während der Pubertät hatte ich schönes volles Haar. Anfang 20 wurde es kontinuierlich weniger. Heute geht man davon aus, dass ich an einem erblich bedingten Haarausfall leide. Während vieler Jahre behauptete ich, mein schütteres Haar störe mich nicht. Es sei mir egal, dass man mir auf die Kopfhaut schauen könne. Das habe ich mir lange eingeredet und meine Gefühle gekonnt verdrängt. Aber in den letzten Jahren wurde ich öfter für einen Mann gehalten. Im Ausland hiess es ‹Good morning, Sir›, in der Bäckerei ‹Der Herr ist an der Reihe›. Sobald ich dann zu sprechen begann: grosses Schweigen und verlegene Gesichter. Das ging nicht spurlos an mir vorbei.

2012 begann ich mit meiner Ausbildung zum Persönlichkeits-Coach. Dabei habe ich sehr viel an mir gearbeitet und über mich gelernt. Und plötzlich wurde mir auch bewusst, dass es – wenn ich ganz tief in mich hineinhöre – furchtbar wehtut, mit einem Mann verwechselt zu werden. Dass es schmerzt, keine schönen Frisuren machen zu können. Diese Erkenntnis war qualvoll, unzählige Tränen habe ich vergossen. Dann kam mir ein Zeitungsartikel über den Zweithaarspezialisten Steffen Merz in die Hände, und ich wusste: Das ist meine Lösung.

Seit drei Jahren trage ich ein Haarteil. Es ist eine hauchdünne Folie mit etwa 100 000 menschlichen Haaren. Alle vier Wochen wird die Folie abgenommen, das wenige restliche Haar auf dem Oberkopf, das inzwischen nachgewachsen ist, wird wegrasiert und die Haut gepflegt. Beim Coiffeur erzählte man mir, bei einigen Kundinnen müsse der Spiegel beim Wechsel ihrer Zweithaare abgedeckt werden, weil sie den Anblick nicht ertragen. Mich stört das nicht, da ich weiss, dass ich in wenigen Minuten wieder wunderschönes Haar kriege, und ich freue mich wie ein kleines Kind. Danach klebt man mir mein zweites, frisch gewaschenes Haarteil auf den Kopf. Ich kann mir ganz normal die Haare waschen, kann einen Helm tragen und baden gehen. Meinen Partner, mit dem ich seit 17 Jahren zusammen bin, hat mein schütteres Haar nie gestört. Ich sei aber durch mein Haarteil viel glücklicher, zufriedener und selbstbewusster geworden. Und das gefalle ihm.

Heute schaue ich wieder gern in den Spiegel, fotografieren darf man mich jetzt auch, und Sonnenbrände auf dem Oberkopf kriege ich keine mehr. An der Supermarktkasse werde ich nicht mehr von wildfremden Personen gefragt, ob ich krank sei. Und meinen Standardsatz ‹Wenn man mich mit einem Mann verwechselt, werde ich wenigstens nachts nicht überfallen› habe ich auch seit drei Jahren nicht mehr benutzt.»

Josephine (44) Zürich

Weissfleckenkrankheit (Vitiligo)

Vitiligo ist eine Autoimmunerkrankung, bei der weisse Flecken auf der Haut auftreten. Die genaue Ursache dafür ist unbekannt. Die weissen Flecken können überall auftreten, wobei vor allem Kopf, Hals, Nacken, Achselhöhlen, Handrücken und Genitalbereich betroffen sind. Die Krankheit betrifft rund ein Prozent der Bevölkerung und manifestiert sich meist zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr. Das Auftreten und die Verbreitung der weissen Flecken können nicht verhindert werden.

Therapie

Vitiligo ist keine gefährliche Erkrankung und weder schmerzhaft noch ansteckend. In den meisten Fällen wird sie mit entzündungshemmenden Crèmes, mit einem speziellen Laser oder einer Lichttherapie behandelt. Eine vollkommene Rückbildung ist selten, eine teilweise Rückbildung aber möglich. Bisher fast ausschliesslich für Forschungszwecke durchgeführt wurde die chirurgische Transplantation von Pigmentzellen.

«Der Winter ist für mich eine gute Jahreszeit. Der Sommer ist eher mühsam. Wenn ich baden gehe, brauche ich eine Stunde, um mich vorzubereiten. Meine pigmentlosen Hautstellen schminke ich zuerst mit Camouflage ab, danach crème ich meinen ganzen Körper mit Schutzfaktor 50 ein. Ohne das hätte ich innert kürzester Zeit knallrote Haut und einen Sonnenbrand.

Meine ersten weissen Flecken entdeckte ich mit elf oder zwölf Jahren. Unter den Achseln. Die Ärzte erklärten mir, dass es sich um die Immunkrankheit Vitiligo handle. Ich fand die Diagnose nicht besonders schlimm, habe sie angenommen und mit den Jahren gut damit umzugehen gelernt.

Mit Anfang zwanzig wurden meine Flecken aber immer zahlreicher und auch grösser. Ich probierte Selbstbräuner, getönte Crèmes, Airbrush-Tanning und auch die medizinische Lichttherapie aus. Letztere hat zwar tatsächlich zu einer Repigmentierung meiner betroffenen Hautstellen geführt, ich beendete sie aber nach einem halben Jahr. Der wöchentliche Termin war sehr zeitintensiv, und sobald man die Behandlung unterbricht, kommen die weissen Flecken ohnehin zurück. Die Natur ist am Ende halt immer noch die Stärkere. Ich musste lernen, mit meinen immer grösser werdenden Flecken zu leben. Ausserdem war ich inzwischen ein Camouflage-Make-up-Profi, konnte die einzelnen Stellen in meinem Gesicht mit wenigen Handgriffen abdecken.

Ungeschminkt gehe ich nie auf die Strasse. Die weissen Flecken um meine Augen, an Kinn und Décolleté decke ich ab. Jene an den Händen aber nicht. Ich arbeite unter anderem als Haar- und Make-up-Artist und fände es unpassend, mit geschminkten Händen durchs Haar meiner Kunden zu fahren. Mit meinen gefleckten Händen habe ich auch kein Problem. Mir fallen sie inzwischen gar nicht mehr auf. Beim Gesicht ist es anders, da mag ich mich lieber mit einem einheitlichen Teint. Am Tag des annabelle-Shootings war ich am Morgen ungeschminkt unterwegs und stellte fest, dass mir etwas fehlte. Ohne Make-up ist man verletzlicher.

‹He, was häsch du da a de Händ?› Kinder sind lustig, so direkt, so ehrlich. Ich erkläre dann jeweils, dass ich anders bin. Ein Dalmatiner unter den Menschen. Erwachsene fragen nie nach.

Sehe ich eine von Vitiligo betroffene Person auf der Strasse, spreche ich sie an. Oder sie mich. ‹Gehörst du auch zur Familie?›, fragen wir uns dann. Wie schnell ist deine Vitiligo schon gewachsen? Welche Camouflage-Produkte benutzt du? Letzthin sagte mir ein Gymnasiast, seine Kollegen fänden seine weissen Flecken cool. Ihm gefallen sie auch. Ich musste lachen.

Die Weissfleckenkrankheit geht oft mit Begleiterkrankungen einher, unter anderem mit Problemen mit der Schilddrüse. Ich muss mich daher oft ärztlich checken lassen und auf meine Ernährung achten. Diese medizinischen Nebenerscheinungen finde ich fast unangenehmer als die Vitiligo selbst.»

Nicole (32) Wädenswil ZH

Narben

Je nach Lokalisation, Ursache, Heilungsverlauf und individueller Anlage ist die Narbenbildung unterschiedlich. Narben können nicht nur kosmetisch störend, sondern auch für den Bewegungsapparat einschränkend sein. Auch Komplikationen während der Wundheilung können sich negativ auswirken.

Therapie

Es gibt mehrere Behandlungsmöglichkeiten, unter anderem Kompressionsbehandlungen, Silikonauflagen, cortisonhaltige Präparate, Eigenfetttransfers, chirurgische Korrekturen, Bestrahlung oder Lasertherapie.

«Zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Vor zweieinhalb Jahren bekam ich bei einer Explosion eine Stichflamme ins Gesicht. Ich hatte Verbrennungen dritten Grads im Gesicht und an beiden Oberschenkeln. Richtig realisiert, was mit meinem Gesicht passiert war, habe ich aber erst zwei Wochen später im Krankenbett. Sechs Wochen lag ich im Spital, die erste davon im Wachkoma. Ich kann die Schmerzen nicht beschreiben. Ohne Morphium hätte ich sie wohl nicht aus- gehalten. Inzwischen musste ich etwa 15 bis 20 Operationen über mich ergehen lassen. Ganz genau weiss ich es nicht, ich habe zu zählen aufgehört. Jetzt stehen noch Wiederherstellungsoperationen an. Neulich haben mir die Chirurgen aus dem Oberschenkel Fett mit stammzellähnlichen Zellen abgesaugt. Dieses wurde mir ins Gesicht gespritzt, damit meine transplantierte Haut fester und voller wird. Und die Narben an den Beinen wurden wieder geöffnet, sodass sie schön zusammenwachsen können.

Ohne mein Umfeld und die psychologische Betreuung hätte ich es wohl nicht geschafft. Irgendwie hat mich dieses tragische Erlebnis aber auch gestärkt. Ich musste mich damit abfinden, ein neues Ich zu haben. Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich zwar meine Narben. Geht es mir gut, stören sie mich aber nicht so.

Das war nicht immer so. Nach meinem Unfall wollte ich das Haus nicht verlassen. Ich trug zudem eine Glatze, da die Chirurgen mein Haar wegrasiert hatten aus Angst, meine Kopfhaut könnte ebenfalls verbrannt sein. Meinen Job im Frontoffice-Bereich wollte ich nach dem Unfall nicht mehr antreten und ging ins Backoffice. Ich weiss inzwischen, wie sich Menschen mit einer Behinderung oder einer Auffälligkeit im Gesicht fühlen. Ich bin eine von ihnen. Früher zählte ich auch zu denjenigen, die nur hinschauten. Mir wäre es lieber, die Menschen würden mich direkt fragen, was mit meinem Gesicht passiert ist. Das kommt aber sehr selten vor. Die meisten trauen sich nicht. Bei Kindern ist das anders, das gefällt mir.»

Tarnung für die Haut

Camouflage ist ein stark deckendes Make-up, das bei störenden Narben, Feuermalen, Rötungen, Pigmentflecken, Besenreisern und weiteren Hautauffälligkeiten angewendet werden kann. Bei einer professionellen Visagistin wird bei Tageslicht der perfekte Farbton für Make-up und Puder definiert. Je nach Produkt braucht man dafür eine oder mehrere Farben. Da die Haut im Sommer oft etwas dunkler ist, braucht es meist einen Sommer- und einen Winter-Camouflage- Farbton.

Tipps zur Anwendung

  • Die Camouflage-Make-up-Schichten (bis zu zwanzig Schichten und mehr) sollten hauchdünn sein. Je mehr Farbe aufgetragen wird, desto maskenhafter und unnatürlicher wirkt das Ergebnis.
  • Das Camouflage-Make-up kann mit den Fingern, mit einem Schwamm oder einem Pinsel aufgetragen werden. Die Fingerarbeit hat den Vorteil, dass sich die Farbe durch die Körpertemperatur erwärmt und sich somit einfacher einarbeiten lässt.
  • Für ein wasserfestes Camouflage- Make-up sollte man den Fixierpuder mindestens fünf bis zehn Minuten einziehen lassen, bevor man den Überschuss wegnimmt. Nach dem Puder kann durch Aufsprühen eines Fixiersprays die Wischfestigkeit erhöht werden.
  • Nur einzelne Hautstellen abzudecken, ist relativ schwierig und braucht viel Übung, da der Übergang zum restlichen Hautton gut verwischt werden muss. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man Hautveränderungen im Gesicht am effektivsten abdeckt:

1) Zuerst wird die betroffene Stelle mit einem hellen Farbton Schicht für Schicht abgedeckt und neutralisiert. Anschliessend schminkt man das ganze Gesicht mit dem dunkleren Farbton.

2) Das ganze Gesicht wird mit Camouflage-Make-up geschminkt. Erst danach widmet man sich den Unregelmässigkeiten und bessert sie Schicht für Schicht aus. Da bereits eine Make-up-Schicht auf dem Gesicht liegt, kann die örtliche Korrektur so besser eingearbeitet werden.

  • Erhabene Feuermale oder Narben lässt Camouflage-Make-up nicht verschwinden, da die Strukturen (Furchen, Wölbungen und so weiter) nicht weggeschminkt werden können. Durch die farbliche Anpassung wird aber davon abgelenkt. Grundsätzlich gilt: Dunkel verschmälert/ zieht zurück, hell verbreitert/zieht hervor. Bei einer Narbe mit einer Wölbung dunkle Farbe auf die Erhebung auftragen. Furchen kann man wiederum mit einem hellen Farbton optisch etwas hervorheben.
  • Möchte man Hautunregelmässigkeiten an den Beinen verdecken, sollte auf die Kleidung und das Mobiliar (abfärben!) geachtet werden.
  • Bei schütterem Haar können Frauen und Männer ebenfalls auf verschiedene Camouflage-Techniken zurückgreifen, zum Beispiel mit einem Haarverdichtungsspray.

Make-up-Marken, die unter anderem Camouflage-Produkte oder Produkte mit hoher Deckkraft im Sortiment führen:

Dermacolor (Kryolan), Dermablend (Vichy), Dior, La Roche-Posay, Clinique, Estée Lauder, Artdeco, Malu Wilz, Reviderm, Jean d’Arcel, Babor, Catrice, Make Up Forever, Laura Mercier, Mac, Isadora, Essence, Idealderm, E. L. F., Collistar

Ob Feuermale, Weissfleckenkrankheit, Narben oder Haarausfall, Hautauffälligkeiten können ein grosses kosmetisches Problem darstellen und die betroffene Person und deren Familie seelisch stark belasten und sozial beeinträchtigen. Wir haben für Sie hier eine Liste von Adressen und Anlaufstellen ist als Hilfestellung zusammengestellt.

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1.

«Möchte ich mich für einen speziellen Anlass rausputzen, decke ich das Feuermal gelegentlich ab», Fabienne

Pullover von Zadig & Voltaire bei Globus

2.

Françoise (50) behauptete jahrelang, das schüttere Haar störe sie nicht

3.

Ihr Partner sagt, Françoise sei durch das Haarteil glücklicher geworden

Bluse von Canda von C&A

4.

«Wenn ich baden gehe, brauche ich eine Stunde», Josephine (44) über den Umgang mit Vitiligo

5.

Die weissen Flecken im Gesicht deckt Josephine ab. An jene auf den Händen hat sie sich gewöhnt. 

Bluse von Repeat bei Globus, Jeans privat

6.

«Zur falschen Zeit am falschen Ort», Nicole über den Tag, als eine Stichflamme ihr Gesicht verbrannte

7.

«Geht es mir gut, stören mich die Narben nicht so», Nicole (32)

Pullover von Gerard Darel bei Globus, Jeans privat