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Solidarität statt Stutenbissigkeit

Leben

Solidarität statt Stutenbissigkeit

  • Text: Miriam Suter; Foto: iStockPhoto.com / SolStock

Die Kampagne «Together Women Can» von Facebook-Finanzchefin Sheryl Sandberg fördert die gegenseitige Unterstützung von Frauen im Berufsalltag. Auch in der Schweiz tut sich was – mit Networking- und Mentoringangeboten von und für Berufsfrauen.

Der Begriff «Lean In» ist seit dem gleichnamigen Buch von Facebook-Finanzchefin Sheryl Sandbergs zum Credo von Frauen rund um den Globus geworden. Der Bestseller animiert Frauen dazu, die Karriereleiter nach oben zu klettern und sich nicht davor zu fürchten, sich richtig ins Zeug zu legen. Vergangene Woche hat Sandberg die Kampagne «Together Women Can» lanciert. Sie findet unter #TogetherWomenCan und #LeanInTogether grossen Anklang in den Social Media und steht für eine Bewegung, in der sich Frauen gegenseitig unterstützen, inspirieren und weiterbringen. Mit Testimonials von Persönlichkeiten wie «Girls»-Autorin Lena Dunham, Tennisstar Serena Williams oder der britischen Schauspielerin Emma Watson ermutigt sie Frauen dazu, miteinander statt gegeneinander zu kämpfen – auch im Berufsalltag.

Auf der Website zur Kampagne finden sich unter anderem Tipps, wie man die Kollegin im Businessmeeting unterstützen kann, wenn ihre Stimme wieder einmal nicht gehört wird (beispielsweise: «Ich fand den Input von dir, Sandra, vorher sehr interessant, erklär das doch genauer!»). Oder Hilfestellungen, wie man selbst zu einem Vorbild für Mädchen und Teenager wird. Zudem gibt es die Möglichkeit, einen eigenen «Circle» zu starten und Verbündete zum Austausch zu suchen – ob online oder in der realen Umgebung. 

Dass sich Frauen im Berufsalltag gegenseitig unterstützen, hat laut Sandberg positive Auswirkungen auf die Karriere. Frauen, denen emotional der Rücken gestärkt wird, trauen sich beispielsweise öfter, eine Gehaltserhöhung einzufordern. Die Kampagne hat in kurzer Zeit viele prominente Anhängerinnen gefunden: Melinda Gates, amerikanische Geschäftsfrau, Philanthropin und Ehefrau von Bill Gates, die amerikanische Soulsängerin Alicia Keys und die pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai unterstützen #LeanInTogether.

Vom Vorbild zur Mentorin

Ein Schweizer Netzwerk, das sich mit Mentoring für Geschäftsfrauen beschäftigt, ist WomenWay mit Sitz in Thalwil. Hier finden weibliche Fach- und Führungskräfte, aber auch Unternehmerinnen und Verwaltungsrätinnen die Möglichkeit, sich zu vernetzen. Die Organisation setzt den Fokus auch auf den Austausch zwischen den Geschlechtern: «Das ist wichtig, weil die Machtpositionen immer noch hauptsächlich von Männern besetzt werden. Und wenn wir hier mehr Ausgleich schaffen wollen, müssen genau solche Männer Mentoren für kompetente Frauen sein. Dies ist zwar nicht ganz einfach, denn manchmal gibt es da immer noch eine Verweigerungshaltung oder einfach Desinteresse», sagt Carole  Hofmann, Gründerin und Präsidentin von WomenWay. Diesbezüglich sei auch eine Veränderung im Gang: «Wir beobachten, dass Männer, die Töchter haben, sehr offen sind. Weil sie eben feststellen, dass sie dies auch für ihre Töchter machen. Sie werden sozusagen zuhause sensibilisiert.»

Dass das gegenseitige Unterstützen und Weiterbringen sowohl für die Karriere als auch für die persönliche Entwicklung essenziell ist, bestätigt Fernsehmoderatorin Andrea Jansen gegenüber annabelle.ch. Für die Bernerin war das Treffen mit ihrem damaligen Vorbild, der Moderatorin Monika Schärer, ein entscheidender Moment in ihrer Karriere. Noch vor Jansens erster Sendung besuchte die 36-Jährige eine Lesung von Schärer: «Ich war sehr aufgeregt, wollte dann aber trotzdem noch kurz mit ihr sprechen. Ich glaube, es war damals sehr wichtig für mich, dass sie mich ernst nahm und ermunterte, diesen Weg zu gehen. Hätte sie mich belächelt oder meine Pläne kleingemacht, wäre ich nicht so selbstbewusst an meine neue Aufgabe herangegangen. Monika ist auch heute noch eine Freundin und jemand, deren professionellen Rat ich sehr schätze.»

Netzwerken für mehr Sichtbarkeit

Auch das Netzwerk Medienfrauen Schweiz hat sich das Voneinander-Lernen und Miteinander-Weiterkommen auf die Fahne geschrieben. Die Initiantin des Projekts, die Journalistin Luzia Tschirky, spürte im persönlichen Austausch mit Berufskolleginnen den Wunsch nach Veränderung: In der Schweizer Medienlandschaft waren etwa an Anlässen wie Podiumsdiskussionen bis anhin wenige bis keine Frauen präsent. Und auch  Anlässe zum Netzwerken waren Mangelware. Seit 2015 bringt Medienfrauen Schweiz nun Journalistinnen aus unterschiedlichen Sparten zusammen – egal ob Print, Online, Film oder Radio. Hier steht zwar nicht unbedingt das gegenseitige Mentoring im Fokus, sondern der direkte Austausch unter Berufskolleginnen. Medienfrauen Schweiz veranstaltet beispielsweise regelmässig einen Brunch für Mitglieder, und die Facebook-Gruppe des Netzwerks ist zu einer wichtigen Anlaufstelle für branchenspezifische Fragen geworden. In der Datenbank können zudem geeignete Kandidatinnen für offene Stellen, Podiumsdiskussionen oder freie Aufträge gesucht werden. Damit zählt laut Tschirky das Argument «Es hat sich keine geeignete Frau finden lassen» nicht mehr.

Solche Netzwerke, Programme und Kampagnen sind wichtig und wertvoll. Denn in unserer Gesellschaft werden Frauen geradezu darauf gedrillt, einander als gefährliche Konkurrentinnen wahrzunehmen – und gleichzeitig dafür gerügt, wenn sie diesem Bild entsprechen. Das kostet nicht nur Nerven und Kraft, es frustriert auch und kann dazu führen, dass sich Frauen gegenseitig behindern, anstatt sich zu unterstützen. Wie Sheryl Sandberg sagt: «Hinter jeder erfolgreichen Frau steht eine andere erfolgreiche Frau.»