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Karriere: Hinauf gehts! Headhunter Guido Schilling über Frauen im Verwaltungsrat

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Karriere: Hinauf gehts! Headhunter Guido Schilling über Frauen im Verwaltungsrat

  • Redaktion und Interview: Helene Aecherli; Foto: SXC

Verwaltungsrat kann man werden wollen, sagt Headhunter Guido Schilling. Zeit, dass sich auch die Schweizer Frauen in Position bringen.

ANNABELLE: Guido Schilling, wie wird man Verwaltungsrätin?
GUIDO SCHILLING: Lassen Sie mich zuerst definieren, was ein Verwaltungsrat für Pflichten hat.

Bitte!
Der Verwaltungsrat ist das oberste Gremium der Unternehmungsführung. Er benennt alle Personen, die mit der Geschäftsführung betraut sind, setzt die strategischen Ziele des Unternehmens fest und ist verantwortlich dafür, wie die finanziellen Mittel eingesetzt werden.

Was muss ein VR-Mitglied können?
Nicht alle brauchen dieselben Kenntnisse. Das heisst: Einzelne Mitglieder waren selber in der Geschäftsleitung und haben grosse Führungskompetenzen, ein weiteres verfügt über Produkte-Know-how, andere sind Experten für die geografischen Absatzmärkte oder die produktionstechnischen Belange der Firma.

Zur Führungskompetenz: Wie wichtig ist sie für den Verwaltungsrat?
Zwei Drittel der VR-Mitglieder sollten bei einem ähnlich grossen Unternehmen in der obersten Führung gewesen sein.

Hingegen haben längst nicht alle einen Hochschulabschluss
Das ist richtig. In grossen Unternehmen haben etwa vier Fünftel eine akademische Bildung. In kleineren Firmen haben viele einen rein gewerblichen Hintergrund. Die Ausbildung der Geschäftsleitungsmitglieder spiegelt sich meistens in jener der Verwaltungsräte.

Also, wie wird man Verwaltungsrätin?
Der sicherste Weg ist, einen exzellenten Job als Vorsitzende einer Unternehmensleitung zu machen und das Interesse an einem Mandat zu formulieren. Dafür braucht es aber auch die notwendige Zeit.

Kann man nicht als Quereinsteigerin Verwaltungsrätin werden?
Das ist möglich. Es kann ganz spezifisches Knowhow gefragt sein. Hier denke ich zum Beispiel an Kenntnisse in IT, Design oder Kommunikation. Es hängt stark von der Art des Unternehmens und der Branche ab, welche Kompetenz an der Spitze gefragt ist.

Ein Verwaltungsratsmandat galt lange als ehrenvolles Hobby.
Das ist schon lange nicht mehr so. Verwaltungsräte sind sich ihrer Verantwortung heute bewusst. Wichtig ist, dass sie unabhängig, eigenständig und wirtschaftlich nicht auf das VR-Mandat angewiesen sind. Zeitgemäss aufgestellte Verwaltungsräte unterziehen sich regelmässig einer Bewertung und werden meistens nur noch von Jahr zu Jahr gewählt. Dies fördert die Entwicklung und hält die Zusammensetzung des VR in Bezug auf Wissen und Leistungsfähigkeit aktuell.

Wird der VR-Job professionalisiert?
Ja. Es gibt immer mehr erfahrene Manager, die als Profi-Verwaltungsräte tätig sind.

Wie viel verdient ein Verwaltungsratspräsident?
Ähnlich wie der CEO der Firma. Der Verdienst ist proportional zur investierten Zeit für das Präsidium.

Wie viele Verwaltungsratsmandate soll jemand übernehmen?
Profi-Verwaltungsräte von etablierten Unternehmen haben oft weniger als eine Handvoll VR-Mandate. Bei grossen Gesellschaften reicht es nicht, einfach nur an fünf bis sechs Sitzungen und einem Strategie-Workshop teilzunehmen.

Der im Juni verstorbene FDP-Nationalrat Otto Ineichen hatte deren 27.
Es gibt VR-Mandate in Tochtergesellschaften, die rechtlich einen Verwaltungsrat erfordern, aber über die Strategie der Muttergesellschaft geführt werden. Nicht die Anzahl ist zu beurteilen, sondern der Zeitbedarf und das Involviertsein in die strategische Unternehmensführung.

Der Verwaltungsratsjob scheint für Frauen prädestiniert zu sein: Verantwortung und Weitsichtigkeit sind weibliche Stärken, zudem ist ein Mandat Teilzeitarbeit. Was tun, um Frauen auf den Geschmack zu bringen?
Bereits heute finden wir doppelt so viele Frauen in Verwaltungsräten der grossen Unternehmen wie in der operativen Unternehmensführung. Die Verwaltungsräte werden auch zukünftig weiter mit Frauen ergänzt. Kompetente Frauen sind sich sehr wohl bewusst, dass sie ein Potenzial für VR-Gremien haben, doch oft haben diese Frauen mit ihrem heutigen Mix an Themen einfach nicht genug Zeit.

Guido Schilling ist auf die Besetzung von Spitzenpositionen auf Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungsebene fokussiert und Herausgeber des jährlichen Schillingreports, www.guidoschilling.ch
 

Plattform für Verwaltungsrätinnen
Der Female Board Pool ist eine Plattform für den Kontakt zwischen erfahrenen und zukünftigen Verwaltungsrätinnen und Unternehmen und verfügt über eine Daten-bank von interessierten und kompetenten VR-Frauen. Der Pool ist dem Center for Corporate Governance des Instituts für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen angegliedert.
www.female-board-pool.com

Die Schweizer Parlamentarier mit den meisten VR-Mandaten:
23 Mandate – Ständerat Felix Gutzwiller (FDP/ZH)
21 Mandate – Nationalrat Caspar Baader (SVP/BL)
21 Mandate – Ständerat Filippo Lombardi (CVP/TI)
20 Mandate – Nationalrat Peter Spuhler (SVP/TG)
20 Mandate – FDP-Ständerat Hans Hess (OW)
19 Mandate – Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO)
19 Mandate – Nationalrätin Roberta Pantani (SVP/TI)
18 Mandate – Ständerat Georges Theiler (FDP/LU)
18 Mandate – Ständerat Konrad Graber (CVP/LU)
18 Mandate – Nationalrat Hans Egloff (SVP/ZH)

Quelle: Wirtschaftsinformationsdienst Credita, www.credita.ch