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Ran an den Speck: Die Erfolgsgeschichte von Spanx-Erfinderin Sara Blakely

Stil

Ran an den Speck: Die Erfolgsgeschichte von Spanx-Erfinderin Sara Blakely

  • Text: Beatrice Schlag, Fotos: spanx.com

Mit Spanx wurde Sara Blakely zur jüngsten Selfmade-Milliardärin der Welt. Denn Millionen Frauen hatten auf die formende Unterwäsche gewartet – selbst Filmstars.

Sara Blakely hatte eine beige Hose gekauft und wollte sie zu einer Party tragen. Die Hose hatte 78 Dollar gekostet, mehr, als sich die Vertreterin von Faxmaschinen eigentlich leisten konnte. Trotzdem zeichnete sich ihr Slip darunter ab. Da die Anwaltstochter aus Florida bei der Arbeit Strumpfhosen tragen musste, wusste sie, dass der verstärkte obere Teil ihren ohnehin schlanken Körper noch attraktiver erscheinen liess. Also zog sie unter die neue Hose nur eine Strumpfhose mit abgeschnittenen Füssen an – ein alter Trick, dessen Nachteil jede Frau kennt, die es ausprobiert hat: Die Strumpfhose unter der Hose rollt sich allmählich das Bein hoch und wirft Wülste, wo man gar keine hat. Der Unterschied zwischen Sara Blakely und Frauen mit weniger Unternehmungsgeist ist, dass ihr die störenden Wülste keine Ruhe liessen: «Ich dachte, ich muss herausfinden, wie man das löst. Ich hatte keinerlei Erfahrung in Mode oder Geschäftsführung. Aber ich brauchte eine Art Unterwäsche, die es nicht gab.»

Die blonde junge Frau, die eigentlich Anwältin werden wollte und zweimal an der Aufnahmeprüfung der Universität gescheitert war, hatte keine Zukunftspläne. Sie wusste nur, dass sie nicht ewig Faxmaschinen verkaufen wollte, weil sie die Dinger hasste, die sie dauernd herumschleppen musste. Aber sie war gut. Ihr Verkaufstalent war so beachtlich, dass man sie bereits mit 25 zur Ausbildnerin machte. Zwei Jahre später wurde sie nach Atlanta, Georgia, versetzt. Auf ihrem Sparheft waren 5000 Dollar und in ihrem Kopf präzise Ideen, wie die Unterwäsche auszusehen hatte, mit der sich unter Kleidern und Hosen nichts abzeichnete. Sara Blakely behielt ihren Achtstundenjob und rief in ihrer Freizeit Strumpfhosenhersteller an, um ihr Projekt vorzustellen. Da sie keine Geldgeber hinter sich hatte, war das Desinteresse gähnend. Ein einziger Fabrikant aus North Carolina, der sie erst abgewiesen hatte, rief nach zwei Wochen an und sagte, er mache doch mit: Seine beiden Töchter hätten die Idee absolut brillant gefunden.

Ein prominenter Fan

Das erste Modell war eine Art Strumpfhose bis zur Mitte der Unterschenkel, die fest war um Hüften und Oberschenkel, dann dünner wurde und mit einem kräftigen Band abschloss, das sich nicht kringelte. Blakely gründete eine Firma, meldete ihr Patent an und suchte nach einem Namen. Sie hatte gehört, dass sich Namen mit k gut verkaufen. Und da sie Frauenhintern ansehnlicher machen und das auf keinen Fall durch einen sterilen Namen vertuschen wollte, kam ihr die Idee, ihre Faststrumpfhose Spanks zu nennen. «To spank» heisst, jemandem den Hintern zu versohlen. Dann las sie, dass Produktnamen besser funktionieren, wenn sie erfunden seien, und entschied sich für Spanx. Das habe, sagt sie, fröhlich geklungen, etwas frech, weil man natürlich unweigerlich an «spanken» denke, aber schliesslich gehe es hier auch um Hintern. Ausserdem sei Spanx ein einprägsames Wort. Bei der Verpackung entschied sie sich für leuchtendes Rot, belebt von einer Cartoonblondine mit Rossschwanz, die ihr nicht zufällig ähnlich sah

Sara Blakely verkaufte nach wie vor Faxgeräte von acht bis fünf, hatte weder ein Büro für Spanx noch Mitarbeiter oder Geld für Werbung. Aber sie war bereit. Das Warenhaus Neiman Marcus stimmte als erstes zu, Spanx ins Sortiment aufzunehmen. «Wir waren hingerissen von ihr», sagte CEO Karen Katz später, «und sie wollte ein uraltes Frauenproblem lösen.» Natürlich gab es immer noch Gummischlüpfer in den Unterwäscheabteilungen. Aber welche Frau tat sich die scheusslich hautfarbene Fessel an? Sara Blakelys Alternative war federleicht, meist billiger und nicht wesentlich hässlicher als eine kommune Strumpfhose. Sie schickte all ihre Freunde zu Neiman Marcus, um Spanx zu kaufen. Aus ihrer Wohnung versandte sie ihr Produkt an unzählige Prominente, unter anderem an Oprah Winfreys damaligen Stylisten Andre Walker. Als Amerikas Talk-Königin im Jahr 2000 erklärte, Spanx sei ihr Produkt des Jahres, bastelte Sara Blakely hastig eine Website, die im Wesentlichen aus einem Bild der Spanx-Verpackung bestand.

Zwei Wochen vor ihrem Auftritt in der Oprah-Winfrey-Show kündigte sie ihren Job. Ein Lob von Oprah war die ultimative Erfolgsgarantie. Im ersten Jahr brachten ihr Spanx vier, im zweiten Jahr bereits zehn Millionen Dollar ein. Im letzten Jahr wurde sie, inzwischen 41, vom Magazin «Forbes» als jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt aufs Cover gesetzt. Denn inzwischen hatten zahlreiche Hollywoodstars wie Gwyneth Paltrow und Sandra Bullock erklärt, ihre Kleider seien auf dem roten Teppich deswegen so ansehnlich, weil sie darunter Spanx tragen, die ihre schmalen Körper nicht nur noch ranker und fester scheinen lassen, sondern auch die ungeliebten Fettpolster rings um die Taille wegmogeln. Das tun sie tatsächlich. Meine ersten Spanx, nach Eingang dieses Schreibauftrags erworben, machten im Spiegel ausgesprochen glücklich. Plötzlich war die Taille, die sich gemeinerweise in eine Art Überhang verwandelt, sobald man in Jeans schlüpft, wieder als solche zu erkennen. Nichts stand mehr über.

Klar wurde allerdings auch, warum Hollywoodstars ausserdem begeistert sind: Sie müssen sehr oft in luftiger Kleidung über den roten Teppich, wenn das Wetter lausig ist. Und Spanx geben warm. Oder, weniger vornehm ausgedrückt, man schwitzt darin wie ein Bär. Durchatmen kann man auch nicht, man atmet flach wie eine Flunder. Nach ein paar Stunden gewöhnt man sich an den Druck auf den Brustkorb, ans Schwitzen eher nicht. Immerhin ist es sehr viel schmerzloser als eine Stunde Geselligkeit auf Highheels. Und: stundenlang kein Überhang. Nicht graziös zu gestalten ist allerdings das Ablegen von Spanx. Dafür sitzen sie zu satt. Man muss unerotisch heftig an ihnen zerren, wofür man keine Zeugen haben möchte. Sara Blakely will davon nichts wissen: «Wenn eine Frau den richtigen Mann trifft, ist es ihm egal, was sie darunter trägt.» Das mag sein. Aber wann weiss man, ob er der Richtige ist? Und welche Frau ist selbstbewusst genug, auf der Bettkante an ihrer viel zu umfangreichen und viel zu engen Unterwäsche zu zerren?

Nahtlose Hinterteile

Wer nicht über ein grossartiges Ego verfügt und weiss, wie oft sie sich in der Hoffnung auf den Richtigen vertan hat, ist vermutlich gut beraten, bei der letzten Einkehr vor dem Heimweg die Spanx in die Tasche zu knüllen. Das alles hatte die auf nahtlose Hinterteile fixierte Spanx-Erfinderin anfänglich gar nicht erwogen. Aber sie war klug genug, ihre Produktreihe sehr schnell zu erweitern. Inzwischen umfasst sie von Büstenhaltern über Bodys und fusslose Strumpfhosen bis zu einer Art hochgezogener Velohose, die vom Brustkorb bis Mitte Oberschenkel reicht, alles, was makelhafte Stellen des weiblichen Körpers schöner aussehen lässt. Teurer wurden die Produkte trotz des prominenten Applauses nicht. «Ich wollte», sagt Sara Blakely, «immer etwas für alle Frauen machen, junge, alte, dicke, dünne, arme und reiche.» Bis heute preist die 42-Jährige, die sagt, sie leide unter panischem Lampenfieber, Spanx auf dem Hausfrauenwerbekanal QVC an. Andere Werbung macht die Alleinbesitzerin von Spanx nicht: «Mundpropaganda von Frau zu Frau ist viel glaubwürdiger.»

Gefragt, wie der plötzliche Erfolg ihr Leben verändert habe, sagt sie: «Geld ist grossartig. Ich habe da nie Probleme gehabt. Es zu verdienen, es zu verbrauchen oder zu verschenken, ist wunderbar. Geld verstärkt, wer du eh schon bist. Wenn du ein Arschloch bist, macht es dich zu einem noch grösseren Arschloch. Wenn du freundlich bist, macht es dich freundlicher.» Sara Blakely ist die erste Milliardärin, die The Giving Pledge unterzeichnete und sich damit verpflichtet, den grössten Teil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden. The Giving Pledge – auf Deutsch: das Spendenversprechen – ist eine 2010 von den Milliardären Bill Gates und Warren Buffett gegründete philanthropische Initiative, unterschrieben von aktuell 115 Superreichen weltweit. Dass sie in Sachen Geld ganz unbefangen ist, stimmt dennoch nur zum Teil. Viele ihrer Beziehungen, sagt Blakely, seien an ihrem Einkommen gescheitert. Kurz vor der Hochzeit mit Jesse Itzler, einem ehemaligen Rapper und erfolgreichen Geschäftsmann, mit dem sie inzwischen einen Sohn hat, sagte sie ihm: «Ich weiss nicht, ob du weisst, wie erfolgreich ich bin. Ich verdiene nicht 2, sondern 200 Millionen im Jahr.» Jesse Itzler lachte: «Das hätte keiner netteren Person passieren können.» Seither, sagt sie, sei das Thema vom Tisch.

www.spanx.com

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Auf die formende Unterwäsche namens Spanx schwören nicht nur Promis