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Diese Bücher müssen Sie im August lesen

Literatur & Musik

Diese Bücher müssen Sie im August lesen

  • Redaktion: Miriam Suter; Text: Verena Lugert

Jeden Monat stellt die annabelle-Kulturredaktion die besten Bücher und Bildbände für Sie zusammen. Lassen Sie sich inspirieren!

Die heisse Zeit des Jahres neigt sich langsam dem Ende zu. Geniessen Sie die letzten lauen Sommerabende im Freien mit einem guten Buch! Im August nehmen wir einen Künstlerroman mit nach draussen, der gleichzeitig eine Liebeserklärung an die Stadt New York ist, wir schmökern im Bildband der beiden Reporter Paolo Woods und Gabriele Galimberti, die zusammen durch die Steueroasen der Karibik tourten, und verlieren uns nach dem Grillfest in einem Roman mit grosser Lakonie, der bei ein paar Zigaretten ein gesamtes Frauenleben abbildet. Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Lesen!

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1.

James ist Synästhetiker. Das Wort Mutter riecht nach Zitrusfrüchten, ganze Abschnitte seines Lebens sind von Farbe überglüht, die Kameraden finden ihn komisch, und ihm selbst explodieren die Sinneseindrücke wie Feuerwerk im Kopf. Doch was als Kind lästig war, macht ihn als Erwachsenen zu einem der wichtigsten Kunstkritiker New Yorks, da er die Bilder körperlich wahrnehmen kann. An der Silvesterparty, die das Jahr 1980 einläutet, begegnet er dem argentinischen Künstler Raul, den die Frauen lieben, weil sie bei seinem Anblick annehmen, «dass er sie mit dem Rammbock seines untersetzten, aber trotzdem dominanten Körpers an einen exotischen Ort transportieren würde». An der Party ist auch die hübsche Lucy. Raul, Lucy und James freunden sich an. Man bespricht zusammen die Kunst, die Kunst in New York und sich selbst in der Kunst – bis Raul sich auf einmal um seinen kleinen Neffen kümmern muss, da dessen Mutter der Junta in die Hände gefallen ist. Ein grandioser, tragischer, witziger Kunst- und Künstlerroman. Und eine Liebeserklärung an das New York der frühen Achtzigerjahre!
– Molly Prentiss: Tuesday Nights in 1980. Ullstein-Verlag, Berlin 2016, 400 Seiten, ca. 29 Franken

2.

Drei Jahre lang tourten die Reporter Paolo Woods und Gabriele Galimberti durch die Steueroasen der Karibik, Asiens und Europas und fotografierten die Reservate der Superreichen. Ihr Bildband «The Heavens» und eine Ausstellung in Winterthur geben nun spektakuläre Einblicke in die sterile Schönheit dieser verschwiegenen Paradiese, über die heute mehr als die Hälfte des internationalen Handels abgewickelt wird.
– Paolo Woods, Gabriele Galimberti: The Heavens. Dewi Lewis Publishing, London 2015, 218 Seiten, ca. 69 Franken, Ausstellung: Coalmine Galerie, Winterthur, 26. 8. bis 8. 10., coalmine.ch

3.

Kettenrauchend steht Asta, Ende 60, vor der Drehtür des Münchner Flughafens. Nach 22 Jahren als Krankenschwester in der Entwicklungshilfe, zuletzt in Nicaragua, zuletzt gemobbt, ist sie nun wieder in Deutschland. Ausgemustert, alt, nicht mehr gebraucht. Sie kann aber nicht leben, wenn sie nicht gebraucht wird. Darüber sinniert sie, taucht ein in ihre Jugend in der DDR, in ihr Leben in exotischen Ländern, ihre «Flucht in die Welt», wie sie es nennt. Lässt die Menschen, die Männer, die in den Jahren an ihr vorbeigezogen sind, Revue passieren – und stellt sich der Frage, warum sie eine Helferin wurde. Unglaublich dicht erzählter Roman, der in wunderschöner Sprache und mit grosser Lakonie bei ein paar Zigaretten ein ganzes Frauenleben zeigt.
– Katja Lange-Müller: Drehtür. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016, 224 Seiten, ca. 28 Franken

4.

Noch ein letzter, dicker Feelgood-Sommerschmöker, bevor die Tage wieder kälter werden: Gus und Tess sind beide 18, als sie sich zum ersten Mal sehen. Sie sind für einander geschaffen, teilen ein ähnliches Schicksal – und wissen es nicht. Beide leben ihr Leben, haben Beziehungen, Freude und Leid, werden erwachsen. Und laufen sich 16 Jahre lang immer wieder über den Weg, ohne zu verstehen, dass sie einander die grosse Liebe wären. Für alle, die David Nicholls’ «Zwei an einem Tag» geliebt haben – oder einfach mal wieder Lust haben, sich auf das grosse Gefühlskino zwischen zwei Buchdeckeln einzulassen.
– Kate Eberlen: Miss You. Diana-Verlag, München 2016, 576 Seiten, ca. 23 Franken

5.

«Langweilig, vulgär, banal!», ätzte die Kritik, als das New Yorker Museum of Modern Art 1976 erstmals William Egglestons grelle Schnappschüsse aus der Peripherie der US-Wohlstandsgesellschaft zeigte. Heute, 40 Jahre später, gilt der Südstaatenbohemian als einer der einflussreichsten Fotografen überhaupt. Mit seinem coolen, melancholischen Blick auf das Niemandsland der Supermärkte, Diners, Tankstellen und Suburbs prägte er unser Bild der USA wie kein anderer. Erstmals versammelt ein Bildband nun die wichtigsten Porträts Egglestons, der sich nur beiläufig für Menschen interessiert, ihnen aber gerade deshalb auf wunderbar unaufgeregte Weise sehr nah kommt. — William Eggleston: Porträts. Scheidegger & Spiess, Zürich 2016, 184 Seiten, ca. 51 Franken