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Mein Fussballer: Eins zu null für die Spielerfrau

Leben

Mein Fussballer: Eins zu null für die Spielerfrau

  • Text: Jennifer Bosshard; Fotos: Getty Images

Männer, deren Lebensinhalt einzig und allein darin besteht, gegen einen Ball zu treten, fand unsere Autorin doof. So richtig doof. Bis sie sich in einen Profi-Fussballer verliebte.

Manchmal passieren im Leben Dinge, die einem so unendlich abwegig erscheinen, dass man vor lauter Konsternation nicht anders kann, als laut loszulachen. In etwa so erging es mir, als ich mich vor zwei Jahren in einen Fussballer verliebte. Damit meine ich nicht die männliche Normausgabe, den Fan, der im Dorfverein spielt, am Wochenende im Stadion überbeisst und sich bei der Frisurenwahl gelegentlich von Neymar und Co. fehlinspirieren lässt. Nein, ich meine in einen Fussballprofi, in einen Mann also, dessen Beruf schlicht und einfach darin besteht, gegen einen Ball zu treten. Immer wieder.

Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte und meine Andeutungen zu subtil waren: Ich fand Fussballer immer so richtig doof. Ich wetterte gern darüber, dass diese Typen alle lieber mal ein Buch lesen sollten, als sich die Beine zu rasieren. Ich machte mich lustig über ihren dekadenten und meiner Meinung nach vollkommen lächerlichen Kleidungsstil und ärgerte mich regelmässig und lautstark darüber, dass in diesem «Menschenhandel» von Sport generell und sowieso viel zu viel Geld fliesst. Als mir während der WM 2010 jemand weismachen wollte, Cristiano Ronaldo spiele in der Liga der Götter, verspürte sogar ich als bekennender Religionslaie das Bedürfnis, ihm eine Ohrfeige zu verpassen.

Und dann kam also er. Gross, wahnsinnig charmant, unfassbar witzig. Im Grunde war er das pure Gegenteil von all dem, was ich mir unter einem Fussballer vorgestellt hatte. Bamm! – ich war verliebt und bin es noch immer. Die allgemeine Belustigung darüber war zu erwarten, genauso der eine oder andere dumme Spruch. Aber hey! – er ist es wert.

Schön und dumm

Was ich jedoch nicht erwartet hatte, war das stupide und gleichsam kränkende Hinterfragen meines eigenen Status; als Frau, als denkendes Wesen. Menschen, die ich flüchtig kenne oder neu kennen lerne, fragen mich auf einmal Dinge wie: «Bezahlt dein Freund eigentlich deine Ferien?», «Hast du nicht Angst, dass er dich betrügt, so als Fussballer?»; vor allem aber: «Jetzt bist du ja so voll die Spielerfrau, richtig?» Spielerfrau. Bei diesem Wort bekomme ich Zuckungen, ein Schauer läuft mir über den Rücken, ich kriege Gänsehaut und implodiere mehrmals hintereinander.

Der Begriff ist eine Demütigung für jede halbwegs emanzipierte Frau. Eine primitive Gattungsbezeichnung, die einem jeden Anspruch auf Individualität raubt. Spielerfrau. Das Wort allein erklärt alles: Du bist nur, weil er er ist. Ohne ihn bist du nichts. Und auch mit ihm nur zwei Dinge: schön und dumm.

Zu meinem Unglück lege ich – total dem Klischee entsprechend – tatsächlich Wert auf mein Aussehen und kenne mich ganz passabel aus in der Modewelt. Aber entgegen allen Erwartungen lasse ich mich nicht fremdfinanzieren, leide nicht an übermässigem Narzissmus und bin mit meinen 22 Jahren durchaus in der Lage, eine Konversation zu führen, ohne dass mein Gegenüber mich für hirntot erklärt. Ist doch irgendwie unverschämt, mir solche Eigenschaften abzuerkennen, nur weil mein Freund – rein zufällig – Fussball spielt. Und noch viel gemeiner: Mittlerweile meine ich schon selber ständig beweisen zu müssen, dass mir der Stempel der geltungsgeilen Fussballertussi – imfall! – nicht gerecht wird. So passiert es nicht selten, dass ich selbst in harmlosen Gesprächssituationen rein prophylaktisch und oft absolut zusammenhanglos erwähne, so ganz beiläufig, dass ich eine Kuh melken und ein Zelt aufbauen kann.

Nun, ich möchte hier gar nicht mit der linken Hand die Moralkeule schwingen und mit dem Finger der rechten auf andere zeigen. Vor zwei Jahren war ich immerhin die Königin der Voreingenommenheit in Bezug auf Fussballer – und nun ertappe ich mich leidenschaftlich fluchend und schimpfend auf der Tribüne eines jeden Heimspiels. Wie so ein gebrainwashtes Rumpelstilzchen.

Macht aber Spass irgendwie. Wer hätte das gedacht?!

Nach einem Spiel, wenn ich mit den anderen Frauen vor der Mannschaftsgarderobe warte, wird heftig spekuliert, in welcher Gemütsverfassung sich unsere Liebsten wohl befinden. Wie Meteorologen die Grosswetterlage analysieren, beraten wir über die psychischen Folgen des finalen Spielstands. Optimal und Voraussetzung für ein lauschiges Ausklingen des Wochenendes ist natürlich ein Sieg. Noch besser – aber auch nicht ganz unanstrengend – ist es, wenn der eigene Freund zusätzlich noch ein Goal erzielt hat. Im Idealfall unter Zuzug einer leichten Blessur, nichts Wildes, aber was zum Hinken sollte es schon sein; dann marschiert er erschöpft, aber strahlend – ganz der havarierte Held – aus den Katakomben. Es hagelt Komplimente, und Fans sowie Mannschaftskollegen nehmen sich im Siegesrausch gern Zeit zum Abklatschen und Schulterklopfen. Es dauert zwar mindestens eine halbe Stunde länger, bis wir aus dem Stadion sind, aber der Abend ist definitiv gerettet.

Ganz anders verhält es sich bei einer Niederlage. Die angespannte Stimmung vor der Garderobe lässt nicht ansatzweise erahnen, welches emotionale Gewitter sich auf der anderen Seite der Tür zusammenbraut. Wenn sich diese nach der obligaten Standpauke des Trainers öffnet, schieben sich elf Paar hängende Schultern auf der Suche nach Trost und Liebe in Richtung der wartenden Angehörigen. In solchen Momenten geht Frau psychologisch möglichst taktisch vor, will sie nicht, dass Frust und Enttäuschung in Wut – oder noch schlimmer! – in Selbstzweifel umschlagen. Der allgemeine Verhaltenskodex untersagt beispielsweise gut gemeinte, aber fatale Kommentare wie: «Ist doch nur ein Spiel.» Denn wenn Fussballer eines hassen, so viel habe ich mittlerweile kapiert, dann ist es Verlieren (ernsthaft: Schon eine Partie «Uno» kann unter Umständen in einem Kleinkrieg enden).

Sogar «Uno» endet in Krieg

Wenn mein Freund also ein Fussballspiel verliert, bedeutet dies für mich vor allem eines: Ganz viel Einfühlungsvermögen zeigen. Ich koche dann sein Lieblingsessen, massiere liebevoll seine beanspruchten Muskeln und warte geduldig, bis der Sturm vorübergezogen ist. Nicht weil ich meine Meinung zum Thema Fussball revidiert hätte – nach wie vor finde ich den Sport ziemlich banal –, sondern weil es zentraler Bestandteil im Leben des Mannes ist, den ich liebe.

Klar, ich hätte mich mit Sicherheit auch in einen Jusstudenten, Sozialarbeiter oder Politologen verlieben können. Habe ich aber nicht. Das Spannende am Leben ist ja, dass man sich das nun mal nicht selber aussucht. Ich zumindest bin froh, dass es so gekommen ist, und habe meine Lektion, was Vorurteile gegenüber Fussballern betrifft, allemal gelernt.

Und das ist eine Leistung, die durchaus eine Standing Ovation verdient hätte, wie ich finde.

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