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Die Qual nach der Wahl

Body & Soul

Die Qual nach der Wahl

  • Interview: Helene Aecherli; Illustration: Silke Werzinger

Schon wieder an den Falschen geraten? Dann sollte frau ihr Beziehungsmuster checken, sagt Psychologin Tamara Elmer.

annabelle: Tamara Elmer, schon wieder ein Mann, der mich betrügt, sich nicht abmeldet, wenn er zu spät nachhause kommt, ständig am Blackberry hängt oder nicht im Haushalt hilft. Was mache ich falsch?
Tamara Elmer: Es geht hier nicht um richtig oder falsch, sondern um die Muster, die man in eine Beziehung einbringt. Der US-Schematherapeut und Verhaltenspsychologe Jeffrey J. Young sagt, dass dies Muster sind, die wir uns in der Kindheit angeeignet haben und die in Paarbeziehungen immer wieder auftauchen.

Zum Beispiel?
Nehmen wir eine Frau, die sich an ihren Mann klammert, die aus Angst, dass er sie verlässt, bis zur Selbstaufopferung alles für ihn tut, ihn überwacht oder bemuttert. Es kann sein, dass sie als Kind einmal das Gefühl hatte, von ihren Eltern im Stich gelassen worden zu sein. Als Erwachsene versucht sie nun, die verlorene Sicherheit und ihre Angst vor dem Verlassenwerden über den Partner zu kompensieren. Was meistens schiefgeht.

Das heisst, wir bewältigen Kindheitstraumen in der Beziehung?
Nicht ganz. Wir bewältigen Beziehungserfahrungen in der Partnerschaft und suchen uns einen Partner aus, von dem wir uns erhoffen, dass er uns vor unbewussten Konflikten rettet. Realisiert man dann, dass man doch wieder an den Falschen gelangt ist, werden je nach Persönlichkeit unterschiedliche Bewältigungsstrategien angewandt: Man resigniert, sagt sich, das kann ich sowieso nicht ändern. Oder es wird überkompensiert: Das heisst, man klammert in der nächsten Beziehung noch mehr, weil man glaubt, noch nicht genug für die Liebe und Anerkennung des Partners getan zu haben, oder es kommt als Gegenreaktion zu einem Wutausbruch nach dem anderen. Oder: Man geht gar keine Beziehungen mehr ein.

Da gibt es aber sicher noch einen gesunden Mittelweg?
Natürlich. Es gilt, sein Beziehungsmuster zu erkennen, sich zu fragen: Was tut mir gut? Was brauche ich? Bei welchem Typ Mensch fühle ich mich wirklich wohl? Einige schaffen das aufgrund ihrer Erfahrungen selber, andere versuchen, ihre Beziehungsmuster in einer Therapie aufzuschlüsseln. Hierbei leistet die Schematherapie gute Dienste: Wir versuchen herauszufinden, welche Emotionen wirklich etwa hinter dem Klammern stecken.

Die Erkenntnis allein genügt jedoch kaum, oder?
Nein. Man muss an sich arbeiten. Zum Beispiel: Sich eine Art Memozettel schreiben mit Sätzen wie «Ich verhalte mich so, weil … Ich muss aufpassen, dass … Ich bin es wert, geliebt zu werden, so, wie ich bin». Und dann geht es darum zu lernen, die Notbremse zu ziehen: Schluss machen, wenn der Typ, in den man sich verliebt hat, schon wieder jene Anzeichen notorischer Unverbindlichkeit zeigt wie alle anderen Partner zuvor. Ändern kann man ihn nicht, ändern kann man nur sich selbst. Doch die eigenen Muster zu durchbrechen, braucht Übung. Mit Rückfällen muss also gerechnet werden!