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Schuldiges Weiss

Stil

Schuldiges Weiss

  • Text: Jacqueline Krause-Blouin; Foto: Getty Images

Die stellvertretende annabelle-Chefredaktorin Jacqueline Krause-Blouin über die Farbe Weiss und wie man mit ihr Menschen leicht manipulieren kann.

Die Worte sitzen bei allen preppy Teens der Neunziger noch immer tief: «Wo ist mein weisses kragenloses Hemd? Mein kompetenter Look!» Cher Horowitz wusste genau, was sie tat. Panisch stellte sie im Film «Clueless» ihren begehbaren Kleiderschrank auf den Kopf – schliesslich stand die Fahrprüfung an, und Cher war mitnichten eine geborene Autofahrerin. Ein Fashionprofi allerdings, das war sie.

Wie man mittels der Farbe Weiss Menschen manipulieren kann, beweisen auch diverse Prominente vor Gericht in Hollywood. Showgirls wissen eben, wie man textile Nachrichten sendet. Lindsay Lohan, sonst eher für zu eng, zu kurz, zu schmutzig bekannt, trägt vor Gericht mit Vorliebe die Farbe der Unschuld, vor allem dann, wenn sie schuldig ist. Die Gute hat bereits eine gewisse Routine in Sachen Court Fashion, aber auch Kim Kardashian erschien zu ihrem Scheidungsprozess 2013 züchtig in weissem Brokat, Sängerin Kesha weinte in Weiss auf der Anklagebank, und Amanda «Engel mit den Eisaugen» Knox versuchte, mit weisser Weste das Urteil «lebenslänglich» abzuwenden – erfolgreich. Den Vogel abgeschossen hat jedoch Trumps schlechtere Hälfte Melania bei der Republican Convention im Juli. Gewieft wollte das Ex-Model offenbar davon ablenken, Teile von Michelle Obamas Rede gestohlen zu haben, und inszenierte sich in einem weissen 2190-Dollar-Kleid von Roksanda Ilincic als Jungfrau der Nation. Schöne Idee, schmutzig gedacht.

Weiss steht seit jeher für die Reinheit von Bräuten, die Keuschheit, die Unsterblichkeit. Kein Wunder, dass auch Caitlyn Jenner für ihre Wiedergeburt auf dem «Vanity Fair»-Cover ein weisses Stöffchen wählte. Heuchlerisch oder einfach clever? Halten wir es doch mit Cher Horowitz: «You can’t be wrong when your outfit is right!» Ihr Vater war übrigens Anwalt.

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