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Winter-Spaziergang auf dem Chäserrugg

Stil

Winter-Spaziergang auf dem Chäserrugg

  • Redaktion: Barbara Loop; Fotos: Fabian Unternährer

Alles fährt Ski? Wir nicht! Wir spazieren durch die winterliche Schweiz. Gemütlich, damit wir das Knirschen des Schnees unter den Füssen hören. Als Abschluss: Der Chäserrugg.

Schnee weht über den präparierten Pfad, der Wind löscht den Weg aus. In der Tiefe liegt der Walensee wie Bodensatz zwischen den Bergwänden. Ob ich mich zu weit vorgewagt habe? Ich drehe nach links, taste mit den Füssen nach dem knarrenden, harten Schnee des Rundweges, der über diesen Berg ohne Gipfel führt. Ein leichter Spaziergang sollte das werden, eine Schlaufe von einer knappen Stunde. Die Bergstation Chäserrugg, von Unterwasser mit der Bahn erreichbar, ist Anfang und Ende des Wegs und stets in Sicht. Doch nun verdichten sich die Wolken, als hätten die Berggipfel, die um mich herum wie Hunderte von Pinselspitzen in die Höhe ragen, den Himmel mit einer Palette von Grautönen bemalt. Eine Frau zurrt die Kapuzen ihrer Kinder fest, der kleine Hund an der Leine droht abzuheben wie ein Luftballon. Widerstand liegt in der Luft, der Atem geht schwer. Chäserrugg, der Rücken des Käsers, wurde einst Kaiserruck genannt. So schnell schlägt hier das Wetter um.

Der Wind fegt hart über die Bergflanken, der Wettermacher pfeift die Bergsinfonie. Hinter mir taucht die Bergstation ein in das weisse Meer. Vor einigen Jahren hat man hier das Skelett eines Haifischs geborgen. Mitten im Toggenburg, auf dem Chäserrugg, dem zahmsten und zugänglichsten der Churfirsten, wo vor 90 Millionen Jahren ein seichtes, tropisches Meer war. Heute ist die Sicht schlecht, der Boden hat Seegang: Mal fällt der nächste Schritt ins Leere, mal hebt er mich in die Höhe. Ich stolpere, lande auf allen vieren, rapple mich wieder auf. Über den Gipfeln im Osten scheint die Sonne. Ob dort Österreich ist?

Ich gehe weiter und denke an den Käse, der die Spätzli wie Seilschaften verbindet, an braune Zwiebelringe und an Apfelmus. Schritt für Schritt, ich stapfe langsam durch den Schnee. Käse, denke ich, Spätzli. Dann taucht die Bergstation auf, dieser markante Bau, der irgendwie vertraut wirkt und mit dem die Schweizer Stararchitekten Herzog und de Meuron dem Berg ohne Gipfel eine Spitze geschenkt haben. Und drinnen brennt das Kaminfeuer.

Infos

Spaziergang: Rundweg Rosenboden ca. 45 Minuten.

Einkehren: Nicht nur die Käsespätzli, auch der Schlorzifladen mit Birnenweggenfüllung und Rahmguss und der Bloderkäse sind im Gipfelrestaurant Chäserrugg Weltklasse.

Lesen: Mit «Der Wettermacher» setzte Peter Weber 1993 das Toggenburg auf die literarische Landkarte der Schweiz.

Schlitteln: Im letzten Winter wurde die Schlittelbahn um eine 2.2 Kilometer lange Bergetappe verlängert. Schlitten können bei den Bergbahnen gemietet werden.

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1.

Auf dem Berg ohne Spitze: Chäserrugg mit der Bergstation von Herzog und de Meuron