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Dicke Lippe

Stil

Dicke Lippe

  • Text: Olivia Goricanec; Foto: Getty Images

Dicker, praller, schöner? Der Grat zwischen sinnlichem Kussmund und Schlauchboot ist schmal, findet unsere Beauty-Redaktorin Olivia Goricanec.

Ich sitze im Bus und lese News auf meinem Handy. Bei der nächsten Station setzt sich mir jemand gegenüber. Ich schaue nicht richtig hoch, sehe aber einen kurzen Jupe und ein Paar Turnschuhe. Ein Teenager, denke ich mir. Der Bus fährt weiter. Zwei Stationen später muss ich aussteigen. Ich packe mein Handy weg, möchte aufstehen – und erschrecke. Ja, bei der mir gegenübersitzenden Person handelt es sich um einen Teenager, keine 17 Jahre ist sie. Für Irritation sorgt aber nicht ihr zartes Alter, sondern ihre Schlauchboot-Lippen. Ich kann nicht anders und starre hin. So wie es sich eigentlich nicht gehört.

In letzter Zeit fällt mein Blick immer öfters auf solche aufgespritzten Lippen, optisch irgendwo zwischen Schlauchboot und Schnabel. Dies passiert, wenn die Anatomie der Ober- und Unterlippe nicht respektiert, zu viel eingespritzt und somit die Strukturen verfälscht werden. Sichtbar aufgespritzte Lippen von Frauen und Männern gefallen mir persönlich nicht, an ihren Anblick habe ich mich inzwischen aber gewöhnt. Verstörend finde ich jedoch, wenn Teenager mit superdicken Lippen herum- laufen. Dass sich junge Menschen pralle Lippen wünschen, kann ich verstehen. Kylie Jenner macht es ihnen vor. Dass sie dafür so weit gehen und sich Hyaluron spritzen lassen, finde ich erschreckend.

Im Gegensatz zum übrigen europäischen Raum sind in der Schweiz Schönheitseingriffe, ob operativ oder nicht, mit Erlaubnis der Eltern nicht erst ab 18, sondern bereits ab 16 Jahren erlaubt. Das ist höchst bedenklich. In diesen zwei Jahren passiert viel im Leben von Jugendlichen – ihre Wahrnehmungen und ihr Verhältnis zum eigenen Körper verändern sich. Auch wenn das Hyaluron nach einigen Monaten wieder abgebaut ist: Es ist und bleibt ein Eingriff.