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Body & Soul

Wie ist es eigentlich: Wenn man mit der eigenen Mutter Ecstasy nimmt?

  • Aufgezeichnet von: Anna Böhler

Es war ein langweiliger Samstagabend in der Stadt, kaum jemand war unterwegs. Also beschlossen ein Freund und ich, bei mir zuhause Schach zu spielen.

Das Soussol im Haus meiner Eltern wird von meinem Freundeskreis rege als Partykeller mit­genutzt. Da hats alles, was man braucht für einen gelungenen Abend unter Freunden: Soundanlage, Alkohol und wir können drinnen rauchen. Als wir ankamen, öffneten wir noch ein Bier. Und anstatt dass wir das Schachbrett hervorgeholt hätten, hatten wir – angeheitert wie wir waren – die Idee, mein Ecstasy zu suchen.

Ich konsumiere nicht sehr oft, habe aber ein paar Pillen zuhause versteckt. Wir spülten je eine Pille – ein «Chügi», wie wir das nennen – mit einem Schluck Bier herunter. Nach kur­zer Zeit setzte auch schon die Wirkung ein. Wir hörten Techno, spielten Schach, schwitzten, hatten tiefe Ge­spräche und lachten wie die Irren. Irgendwann sassen wir im Auto in der Garage, weil man dort den pumpen­den Bass der Musik besser spürt.
Als wir wieder im Partykeller am Tisch sassen, spa­zierte plötzlich und völlig überraschend meine Mutter herein.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht an sie oder meinen Vater gedacht, die ja nur einen Stock oberhalb sassen. Sie sagte, sie habe gesehen, dass noch Licht im Keller brannte, und wolle kurz Hallo sagen. Mein Kum­pel und ich wagten es nicht, sie anzusehen mit unseren geweiteten Pupillen. Wir waren ja eigentlich volljährig, konnten tun und lassen, was wir wollten. Trotzdem fühl­te ich mich ertappt. Ich wusste zwar, dass meine Mutter früher auch gern Party gemacht hatte. Sie war in den 1990ern in der Tech­noszene unterwegs und hatte selber schon ein paar Dro­gen ausprobiert.

Ich glaubte auch zu wissen, dass sie über meinen gelegentlichen Konsum im Bild war. Sie schaute uns an und grinste. «Was habt ihr genommen?» Ich gestand: «Ecstasy.» Sie hielt einen Moment inne. Und sagte dann: «Das habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht. Habt ihr noch was für mich?» Uns fie­len – wohl auch weil wir unter Drogeneinf luss standen – fast die Augen aus dem Kopf. In meiner Euphorie hielt ich das für eine absolut fantastische Idee. Alle zusammen nahmen wir noch eine Pille.

Meine Mutter wurde ausgelassen und konnte nicht auf hören zu erzählen. Immer wieder sagte sie mir, was für ein toller Sohn ich sei. Einerseits war mir nicht ganz wohl dabei, andererseits fand ich diese Szene in ihrer Absur­dität auch witzig; ich sass hier mit meiner Mutter und wir waren beide auf Drogen.

Irgendwann wurde alles etwas verschwommen. Wie und wann wir ins Bett gin­gen, weiss ich nicht mehr. An den nächsten Morgen erinnere ich mich aber ge­nau. Das Erste, was mir nach dem Aufwachen durch den Kopf schoss, war: Was haben wir bloss getan! Na­türlich war das auch dem Koller geschuldet, der zu den Folgen von Ecstasy gehört: die Serotoninspeicher wa­ren leer – die ganzen Glückshormone waren am Vor­abend draufgegangen.

Den ganzen Tag fragte ich mich, ob der Abend wirklich so gut gewesen war, ob ich mei­ner Erinnerung wirklich vertrauen konnte. Als meine Mutter am Nachmittag endlich aufwachte, brachte ich ihr das Frühstück ans Bett. Sie beruhigte mich und sag­te, es sei ein toller Abend gewesen.

Später gestand mir mein Vater bei einem Bier, dass er diesen Abend überhaupt nicht in Ordnung gefunden hätte. Obwohl er selbst schon Erfahrungen mit Drogen gesammelt hatte, fand er es schlicht unverantwortlich. Dieser Meinung bin eigentlich auch ich. Ich weiss seit dieser Dezembernacht, die uns schon auch zusammengeschweisst hat, dass man mit meiner Mutter richtig gut feiern kann. Aber eigentlich fühlte es sich nicht ganz richtig an. Eltern sind Eltern und kei­ne Freunde, das ist auch gut so. Da trinken wir lieber einfach mal ein Bier zusammen.

Infobox-Titel wenn nötig

War das eindeutig so ein Moment. Zum ­ersten Mal in der 20-jährigen Geschichte des Festivals war eine schwarze Künstlerin als Hauptattraktion? Beyoncé auch: Popmusik kommt nachhause.Blickt man zurück auf ihre Anfänge in den späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren, könnte man glauben, dass die Popmusik eine Erfindung interessierter gelang­weilter weisser Teenager war, wie sie heute auch zum ­Coachella-­Festival strömen.

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