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Anna Dello Russo: Die nächste H&M-Gastdesignerin weiss ihren Sinn für Exzentrik clever zu vermarkten

Leben

Anna Dello Russo: Die nächste H&M-Gastdesignerin weiss ihren Sinn für Exzentrik clever zu vermarkten

  • Text: Christina DussFoto: Imaxtree.com

Die Chefberaterin der japanischen «Vogue», Anna Dello Russo, trägt gerne exzentrische High-Fashion-Outfits und weiss ihren Stil clever zu vermarkten: Bald erscheint ihre Gastkollektion für H&M.

Die Chefberaterin der japanischen «Vogue», Anna Dello Russo, trägt gerne exzentrische High-Fashion-Outfits und weiss ihren Stil clever zu vermarkten: Bald erscheint ihre Gastkollektion für H&M.

Anna Dello Russo soll zu Beginn unseres Gesprächs erfahren, dass ich zum ersten Mal vor einem Telefoninterview überlegt habe, was ich anziehen soll. Die 50-jährige Creative Director der japanischen «Vogue» ist immerhin die Person, die von Modebloggern weltweit am meisten fotografiert wird. Eine Mode-Ikone, die mit Total Looks (alles, von oben bis unten, vom gleichen Label), exzentrischen High-Fashion-Outfits (jedes einzelne Kleidungsstück praktisch noch warm vom Laufsteg)und wahnwitzigen Kopfbedeckungen (etwa Mega-Kirschen aus Plastik) bekannt wurde. Ich stelle mir vor, wie das Gespräch verlaufen könnte: Anna Dello Russo fragt mich, was ich denn trage. Ich beschreibe mein Outfit (ein abenteuerlicher Printmix), worauf sie a) herzlich lacht und wir in eine angeregte Modediskussion übergehen oder b) genervt fragt, ob wir nicht bitte über etwas anderes sprechen könnten – ihr Leben bestehe nicht nur aus Fashion. Es wird anders kommen. Doch dazu später.

Das mittlere von drei Kindern eines Psychiaters und einer Naturwissenschafterin wuchs im süditalienischen Bari auf und überraschte ihre wenig modeaffine Umgebung schon früh mit ausgefallenen Wünschen: Als ihr Vater sie zu ihrem 13. Geburtstag auf eine Shoppingtour einlud, entdeckte Anna ein Designerset von Fendi, das sie unbedingt haben wollte: Handtasche, Portemonnaie, Schirm (obwohl es in Bari kaum regnet) und Schlüsselanhänger. Nach einem Kunstgeschichte-Studium an der Uni in ihrer Heimatstadt absolvierte sie die Modeschule Domus in Mailand. Sie bekam eine Stelle als Modeannabelleredaktorin bei « Vogue Italia», arbeitete bald mit Fotografen wie Helmut Newton, Patrick Demarchelier oder Mario Testino und kleidete Stil-Ikonen wie Catherine Deneuve, Sophia Loren oder Chloë Sevigny für Fotoshoots ein.

Im Jahr 2000 wurde sie Chefredaktorin der «Uomo Vogue», sechs Jahre später wechselte sie zur japanischen «Vogue» als Editor-at-large – eine Art Beratungstätigkeit, für die sie ungefähr zweimal im Jahr nach Tokio reist. Streetstylefotografen wie The Sartorialist oder Tommy Ton beginnen, die «Vogue»-Frau auf Schritt und Tritt zu begleiten – und machen sie zum Star. Mit ihrem Klotzen-statt-kleckern-Sinn für Mode und ihrer sprudelnden Art ist sie eine willkommene Antithese zu anderen «Vogue»-Frauen: der spröden Anna Wintour oder der nonchalanten Carine Roitfeld. Anna Dello Russo reagiert schnell, vermarktet sich clever: Sie lanciert einen Blog, eine T-Shirt-Linie und das eigene Parfum Beyond.

Anna dello Russo macht jeden Tag Yoga

Täglich um fünf Uhr morgens gehts ins Ashtanga- Yoga. «Um beweglich zu bleiben», sagt sie. Und natürlich, um in die Designerstücke reinzupassen. Davon haben sich so einige angesammelt: Anna Dello Russo musste die Nachbarwohnung ihres Mailänder Apartments dazumieten, um ihre Kleider und 4000 Paar Schuhe unterzubringen. «Ich liebe den Geruch von brandneuen Kleidern», sagt Anna Dello Russo mit jener italienischen Leidenschaft in der Stimme, mit der ihre Landsleute den Rosmarinduft ihres Heimatdorfs beschreiben. «Ich ziehe mich jeden Tag wie eine Göttin an.» Nie kombiniert sie dabei die High-Fashion-Outfits aus den aktuellen Kollektionen mit älteren oder günstigeren Sachen. Sie sieht sich als Botschafterin des Designkunstwerks, das sie gerade trägt. «Ich mag es, die Leute zum Träumen, zu mehr Risikofreude anzuregen.» Auch wenn man von einer Modefachfrau vielleicht einen kreativeren Zugang zu Styling erwarten würde, eines muss man ihr lassen: Anna Dello Russos verrückte Auftritte zeigen uns, wie untragbar Alles-vom-Laufsteg-Looks im Alltag tatsächlich sind.

«Anna Dello Russo, stellen Sie sich vor, nun habe ich mir doch tatsächlich zum ersten Mal bei einem Telefoninterview überlegt, was ich anziehen soll», sage ich also. Sie missversteht mich und erklärt ihr eigenes Outfit. Ein Kleid von Dolce & Gabbana, das mit dem Tomatendruck, goldene Sandalen von Miu Miu und Schmuck, ausnahmsweise mal nicht High Fashion: gold-türkise Armreife, «inspiriert unter anderem vom Schmuck meiner Grossmutter». Aus Dello Russos ersten eigenen Accessoirelinie, die sie soeben für H&M entworfen hat.

— Die Accessoire-Kollektion für H&M gibts ab 4. Oktober. Fotos davon auf annabelle.ch/annadellorusso