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Begegnung mit Warren Farrell

Leben

Begegnung mit Warren Farrell

  • Interview: Beatrice SchlagFotos: Serge Hoeltschi

Einst war er Feminist, heute macht sich der prominente US-Buchautor für die Rechte der Männer stark. Eine Begegnung.

Er war Amerikas berühmtester Feminist. Heute macht er sich als Buchautor für die Rechte des Mannes stark.Ein verbitterter Konvertit? Nein!

Warren Farrell hat nichts vom Eifer vieler Konvertiten. Der grosse Mann mit der sanften Stimme, dem sorgfältig rasierten Bart und den erlesenen Manieren erzählt mit sichtlichem Vergnügen über die Zeit, in der er in den USA als Vorzeige-Feminist Karriere machte. Er sei, sagt er, immer ein grosser Zuhörer und Aufschreiber gewesen, einer, «der viel weiblicher tickt als die meisten Männer». Wenn ihm Feministinnen zuriefen, man müsse ihn klonen, war er stolz. Bis er sich fragte, warum zu seinen Workshops so viel mehr Frauen als Männer kamen. Er begann, seine Tonbandaufzeichnungen abzuspielen, und hörte, wie er die weibliche Kritik an Männern als einsichtig und die männliche Kritik an Frauen als sexistisch bezeichnete. Als die Männer einer nach dem andern verstummten, kritisierte er sie dafür, dass sie ihre Gefühle nicht äusserten.

Dass er sich zunehmend für die Geschichten von Männern interessierte, empfindet er bis heute nicht als Abkehr vom Feminismus: «Der Feminismus hat Frauen enorm viele Möglichkeiten gegeben. Ich habe zwei Töchter. Ich will, dass sie viele Möglichkeiten haben.» Dass es ausgerechnet die Haltung der Feministinnen zur Frage des Sorgerechts war, die ihn, damals noch kinderlos, bewog, sein Amt in der Frauenbewegung aufzugeben, hält er allerdings nicht für einen Zufall. Die Rolle geschiedener Väter in der Kindererziehung ist für Warren Farrell eines der entscheidenden Kriterien dafür, wie ernst eine Gesellschaft die Interessen ihrer Väter und vor allem ihrer Kinder nimmt.

Warren Farrell, 1971 wurden Sie Vorstandsmitglied des mächtigen New Yorker Ablegers von NOW (National Organization for Women). Wie kommt ein Mann zu so einem Job?

Ich lebte in New York, als die Frauenbewegung begann, und ich war an vielen Partys. Die meisten Männer sagten, das sind doch lauter Bisexuelle und Lesben. Ich war neugierig, und viele Forderungen klangen gut. Plötzlich schleppten immer mehr Frauen ihren Mann zu mir und sagten: «Kannst du ihm bitte klarmachen, was diese Bewegung ist?» Ich bekam den Ruf, die besten Aspekte des Feminismus gut artikulieren zu können. Irgendwann wurde ich von NOW angefragt, ob ich eine Männergruppe leiten würde. Und als das gut klappte, wurde ich für drei Jahre in den NOW-Vorstand gewählt.

Sie waren damals der berühmteste Feminist der USA.
Stimmt. Ich wurde in renommierte Talkshows eingeladen, die «New York Times» druckte meine Artikel, ich war als Redner gefragt, verdiente enorm viel Geld und fuhr einen Maserati. Die besten Universitäten der USA holten mich als Gastdozenten. Alle Türen gingen auf.

Was machte die Türen wieder zu?
Mitte der Siebzigerjahre verlangte NOW, dass bei Scheidungen Mütter das Recht haben sollen, mit ihren Kindern zusammenzubleiben und den Vater von der Erziehung auszuschliessen, wenn sie das wollen. Der Tenor war: Die Mutter hat immer recht. Ich sagte: «Dagegen habt ihr doch immer gekämpft, dass ein Geschlecht für das andere Entscheidungen trifft.» Aber ich begann auch sofort zu recherchieren, weil ich nicht sicher war, ob das gemeinsame Sorgerecht wirklich das Beste für Kinder ist. Es ist das Beste.

Wie würden Sie sich heute bezeichnen?
Ich werde oft als Anwalt für Männerprobleme bezeichnet, weil ich mich in der Geschlechterfrage auf das konzentriere, was meiner Meinung nach vergessen ging. Trotzdem unterstütze ich nach wie vor mit Vehemenz einige Aspekte der Frauenbewegung. Ich denke, wir hätten schon viel früher eine Bewegung gebraucht, die die alten Rollen von Männern und Frauen überdenkt und sich gemeinsam auf flexiblere Rollen und Ziele einigt, ein Gender Transition Movement.

Warum setzten Männer den zeitweise radikalen Forderungen der Frauenbewegung jahrzehntelang wenig entgegen?

Weil, wenn wir es biologisch ausdrücken, Männer Frauen glücklich machen und ihnen gefallen wollen. Dass Frauen Männern gefallen wollen, versteht jeder. Aber nur wenige verstehen, dass Männer noch viel begieriger sind, Frauen zu gefallen. Und zwar deshalb, weil Männer ihre emotionalen Bedürfnisse einzig bei Frauen stillen können, während Frauen dabei nicht nur auf Männer angewiesen sind. Wenn Frauen morgen sagen, wir stehen nur noch auf Männer, die auf den Händen gehen, haben wir übermorgen weltweit Wettkämpfe zwischen Männern, die auf Händen gehen. Es ist für Männer lebenswichtig, von Frauen Zuneigung, Respekt und Nähe zu bekommen. Leider ist das den meisten Männern nicht klar.

In «The Myth of Male Power» schreiben Sie, es sei ein Märchen, dass Männer mehr Macht haben als Frauen.
Ich weiss, dass da viele reflexartig sagen: Männer haben doch viel mehr Macht. Aber wenn man Macht als die Möglichkeit begreift, sein eigenes Leben bestimmen und kontrollieren zu können, sind die meisten Männer nicht sehr mächtig.

Die Männerbewegung war jahrzehntelang gesellschaftlich unbedeutend. Das ändert sich gerade. Was auffällt: Wo Männer sich organisieren, um gegen die Auswirkungen des Feminismus zu protestieren, sind es mehrheitlich geschiedene Väter. Weshalb?

In ihren ersten Lebensjahren lernen Männer, was von ihnen erwartet wird. Und eine der wichtigsten Regeln, die sie lernen, lautet: «No money, no honey.» Ohne Geld und ohne Aussicht auf Geld keine Frau. Ohne Arbeit wird man weder vom eigenen Vater noch von anderen Männern respektiert. Alles, worauf ein Mann hofft, ist mit Erfolg verbunden: Liebe, Zuneigung, Respekt. Wenn er gut aussieht, aber keinen Erfolg hat, werden Frauen mit ihm Sex haben. Aber sie werden ihn nicht heiraten. Also ist es einem Mann sehr wichtig, erfolgreich zu sein. Aber während er eine Karriere aufbaut, muss er sich auf Eigenschaften konzentrieren, die das Gegenteil sind von Aufmerksamkeit für sein Innenleben. Erfolgreiche Männer lernen, ihre Gefühle zu unterdrücken, nicht, sie auszudrücken.

Wieso ist das so?
Weil niemand an einem Mann Unsicherheit schätzt. Niemand will von ihm hören, dass ihm etwas schwerfällt. Man mag keinen Kritisierer und keinen Jammerlappen. Jeder Mann hat Ängste und Unsicherheiten. Aber sie zu zeigen, ist nicht gut für seinen beruflichen Erfolg. Oft traut sich ein Mann auch nicht, mit seiner Frau darüber zu reden, weil sie den Mann geheiratet hat, der die Dinge in die Hand nimmt, nicht eine Memme. Er will keine Enttäuschung sein. Und dann hat er irgendwann Erfolg und merkt nicht, dass die Qualitäten, die ihm diesen Erfolg eingebracht haben, genau das Gegenteil der Qualitäten sind, die es für Intimität braucht.

Was macht zur Intimität fähig?
Sicher nicht, dass man sechzig, siebzig Stunden bei der Arbeit verbringt. Wer nach so langer Arbeit nachhause kommt, ist mit dem Kopf noch lange nicht daheim, sondern immer noch bei seinem Job. Das gibt seiner Frau und seinen Kindern das Gefühl, er nehme sie nicht richtig wahr. Ausserdem ist er oft beruflich auf Dinge geeicht, die ihm privat schaden. Ein guter Anwalt zum Beispiel konzentriert sich darauf, in den Argumenten der Gegenseite den Schwachpunkt zu finden, an dem er sie aushebeln kann. Wenn er Frau und Kindern genau so zuhört, empfinden sie ihn weder als mitfühlend noch als liebevoll. Sie fühlen sich von ihm abgeschnitten. Dieses Gefühl verstärkt sich allmählich, die Frau fühlt sich nicht mehr geliebt. Und irgendwann will sie die Scheidung.

Warum merken Männer nicht früher, dass ihre Ehe nicht gut ist?
Jeder Mann müsste es merken. Früher hatten wir den Frauen Geld und Sicherheit anzubieten. Jetzt verdienen Frauen ähnlich viel wie wir, also müssen wir etwas anderes bieten. Jetzt wollen Frauen gehört und verstanden werden. Sie wollen Männer, die Nuancen verstehen, die gleiche Werte haben oder mit ihnen zusammen gemeinsame Werte entwickeln. Männer, die sich auch für die Arbeit der Frau interessieren und sie darin unterstützen. Das sind die Eigenschaften, die Männer als vorrangige Qualitäten entwickeln müssen, denn danach werden immer mehr Frauen Ausschau halten. Noch bekommen Frauen diese Intimität und Zuwendung vor allem von ihren Freundinnen.

Warum ist diese Aufmerksamkeit vielen Männern so fremd?

Weil die Söhne nirgends gelernt haben, dass das fundamental wichtige Eigenschaften sind. Wo ist die Schule, die Zuhör-Kurse anbietet? Heute sind Erziehung und Schulsysteme für Mädchen viel effektiver als für Buben. Mit 35 Kindern in einer Klasse will ein Lehrer oder eine Lehrerin vor allem Ordnung. Darin sind Mädchen viel besser.

Das Problem, dass die meisten Schulsysteme Mädchen besser fördern als Buben, ist seit mehr als zwanzig Jahren bekannt. Warum hat sich nichts verändert?
Jede Gesellschaft, die überlebt hat, basierte darauf, dass ihre jungen Männer entbehrlich waren. Im Krieg. Bei der Feuerwehr. Auf dem Bau. In den USA stirbt an jedem Tag ein Bauarbeiter
pro Stunde. Um zu überleben, trainierten wir unsere Söhne unbewusst darauf, entbehrlich zu sein. Wenn man einen jungen Mann Aufmerksamkeit lehrt für Hunger, Durst, Schmerzen, wird er ein wackliger Retter. Noch immer lernen Männer, Schmerz von sich abzukoppeln und sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Deswegen gehen sie nicht rechtzeitig zum Arzt und sterben früher.

Wie lässt sich das ändern?
Indem man die Buben lehrt, glücklich zu sein. Aber wenn ich in einem Vortrag sage, Männer sollten wie Frauen glücklich und zufrieden sein und nicht zwingend das Einkommen für eine ganze Familie heranschaufeln müssen, murrt das Publikum: zu viel Betonung auf männliche Zufriedenheit.

Sind Buben es ihren Eltern und Lehrern nicht wert, wie Mädchen dazu ermutigt zu werden, eine Arbeit zu finden, die Freude macht?
Wissen Sie, was die Antwort ist? Fast jede Arbeit, die Freude macht, wird deutlich schlechter bezahlt als Jobs, die nicht besonders erfüllend sind. Das heisst, wir müssen unsere Söhne auch lehren, dass sie sich weniger Kinder leisten können und sich nach einer Frau umsehen müssen, die auch berufstätig ist, wenn sie lieber Historiker als Ingenieur werden wollen. Unsere Söhne müssen wissen, dass weniger Einkommen ihre Auswahl an Frauen einschränkt.

Nochmals zum Thema Scheidung: Warum ist Scheidung für Männer oft eine riesige Katastrophe, obwohl weder ihre Ehe gut noch ihre Beziehung zu den Kindern besonders eng war? Man hat das Gefühl, ihr ganzer Lebensplan sei eingestürzt.
So ist es auch. In den USA bringen sich nach einer Scheidung zehnmal mehr Männer als Frauen um. Die gleichen Zahlen gelten übrigens auch beim Tod des Partners. Witwer begehen zehnmal häufiger Selbstmord als Witwen.
Sind Männer abhängiger von Frauen als umgekehrt?
Wie gesagt: Männer legen ihre emotionalen Bedürfnisse in die Hände ihrer Frau. Deswegen bedeutet es ihnen so viel, wenn die Frau sie versteht. Wir können mit unseren Männerfreunden über unsere Verletzungen und unsere Schmerzen nicht reden. Oft sind unsere Freunde ja auch unsere Arbeitskollegen. Wenn wir denen sagen, ich hab Probleme mit der Frau, mit der Scheidung, nehmen sie sich vielleicht ein paar Minuten Zeit. Aber wenn wir länger über unsere Gefühle reden, verlieren sie Respekt vor uns. Sie denken, ob der mit all seinen Problemen im Job wohl noch belastbar ist?

Ein Mann in der Krise erwartet von Männern keine Hilfe?
Nein. Ein Mann, der Männern seine Verletzbarkeit zeigt, erhöht seine Verletzbarkeit. Und das weiss er. Wenn eine Frau ihren Freundinnen von ihren Eheproblemen erzählt, erzählen alle andern auch von ähnlichen Beziehungskonflikten. Das erleichtert sie und verringert ihre Verletzbarkeit.

Und wenn der Mann mit der Frau über ihre gemeinsamen Konflikte redet?

Frauen sagen oft, sie wollen, dass Männer ihre Gefühle ausdrücken. Aber wenn diese Gefühle auch Probleme betreffen, die der Mann mit ihr hat, wird sie sehr verletzbar und defensiv, beginnt zu streiten und zieht sich emotional und sexuell zurück. Ein Mann bekommt also durch Reden weniger von ihr, als er zuvor hatte. Er hält dann den Mund, wird sehr vorsichtig in allem, was er tut. Und oft beginnt er an diesem Punkt, mehr zu trinken, länger von zuhause wegzubleiben oder mehr fernzusehen. Und während sich nach einer Scheidung die Beziehung der Frau zu ihren Eltern in der Regel vertieft, ist das beim Mann in viel geringerem Mass der Fall. Frauen bekommen also während und nach einer Scheidung viel Unterstützung, während der Mann, wenn er nicht bereits eine neue Partnerin hat, allein dasteht.

Und wenn er Pech hat, werden die Kinder der Frau zugesprochen.

Menschen begehen Selbstmord, wenn vier Faktoren zusammentreffen: Man fühlt sich von niemandem geliebt, von niemandem gebraucht, man sieht keine Chance, daran etwas zu ändern, und hat niemanden, mit dem man darüber reden kann. Wenn eine Frau die gemeinsamen Kinder nach der Scheidung auch noch gegen den Mann aufbringt, ist er hochgradig suizidgefährdet.

Wem sollen Kinder zugesprochen werden, wenn die Eltern sich nicht auf eine Sorgerechtslösung einigen können?
Neunzig Prozent der Streitfälle könnten gelöst werden, wenn die Gerichte glasklar machen würden, dass Kinder zu gleichen Teilen Vater und Mutter gehören. Und dass der Elternteil, der das gemeinsame Sorgerecht nicht akzeptieren will, seine Gründe beweisen muss. Zu den legitimen Gründen gehören sexuelle Belästigung, Gewalttätigkeit, mangelnde Fürsorge oder Alkoholismus. Dazu gehört auch, dass ein Elternteil ständig negativ über den andern redet, wegziehen will und die Beziehung des andern zu den Kindern zu sabotieren versucht.

Das ist alles schwer zu beweisen.
Richtig. Aber solange es vom beschuldigenden Elternteil nicht bewiesen ist, darf das Sorgerecht des andern nicht eingeschränkt werden. Heute ist es in allen Industrieländern so, dass die meisten Scheidungsrichter glauben, für die Kinder sei es am besten, bei der Mutter zu bleiben. 98 Prozent der Anfechtungen von Sorgerechtsregelungen stammen von Müttern. Sie argumentieren, sie seien auch während der Ehe hauptverantwortlich für die Kinder gewesen.

In Ihrem Buch «Father Child Reunion» sagen Sie, je grösser der Konflikt zwischen dem Ex-Ehepaar ist, desto wichtiger ist es, dass beide in die Kindererziehung involviert sind.
Es ist deswegen so wichtig, weil gerade bei heftigen Konflikten die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass beide auch vor den Kindern schlecht übereinander reden. Ein Kind hat aber die Gene beider Eltern. Wenn es über den einen Elternteil nur Negatives hört und ihn nur selten sieht, beginnt es zu glauben, was es hört. Wenn es grösser wird und entdeckt, dass es die Augen der Mutter oder den Körperbau des Vaters hat, denkt es, vielleicht hat es von dem Elternteil, der dauernd kritisiert wird, auch die schlechten Seiten geerbt. Das ist für ein Kind unglaublich belastend. Wenn es beide regelmässig sieht, kann es sich ein viel differenzierteres Bild machen.

Sie fordern, dass das Gesetz Kindern bei Scheidungen automatisch Garantien gewährt.
Drei Garantien: Eltern, die so gleichberechtigt wie möglich für sie sorgen. Eltern, die so nahe beieinander wohnen, dass Kinder sich nicht zwischen ihrem Umfeld, ihren Freunden und der Möglichkeit entscheiden müssen, den andern Elternteil zu sehen. Und vor allem: keine negativen Äusserungen über den Ex-Partner in Anwesenheit der Kinder. Diese Garantien gewähren Kindern die intaktestmöglichen Verhältnisse, die nach einer Scheidung herstellbar sind.

Was ist in Fällen, wo das nicht gewährleistet werden kann?
Dann sollte das alleinige Sorgerecht grundsätzlich an den Vater gehen. Wenn die Kinder bei der Mutter sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es Konflikte zwischen Mutter und Vater gibt, neunmal so hoch wie im umgekehrten Fall. Und Mütter mit alleinigem Sorgerecht reden fünfmal so oft negativ über ihren Ex-Partner als umgekehrt. Diese Zahlen beruhen auf Aussagen von Kindern aus verschiedenen westlichen Industrieländern. Sie weichen erstaunlich wenig voneinander ab.

Was, wenn der Vater nach der Scheidung eine neue Familie gründet?
Ein Grund mehr, ihm das Sorgerecht zu geben. Mütter sind tendenziell viel engagierter, die Beziehung zu ihren Kindern aufrechtzuerhalten, wenn die Kinder vorwiegend beim Vater sind. Frauen wiederum meinen sehr häufig, sie seien im Umgang mit Kindern viel kompetenter als die Väter. Wenn Frauen das alleinige Sorgerecht haben, fühlen sich Männer oft zu Babysittern degradiert. Wenn dann ihre neue Frau ein Kind bekommt, wenden sie sich viel mehr der neuen Familie zu, weil ihr Engagement da willkommen ist.


Der Reformer

Warren Farrell (68), der einst im Vorstand der feministischen National Organization for Women war, verfasste mehrere Bücher über die Sozialisierung von Männern und Frauen, über männliche und weibliche Berufskarrieren und über die Wichtigkeit eines geteilten Sorgerechts bei Scheidungen. Über sein 1993 erschienenes und mit Abstand berühmtestes Buch «Mythos Männermacht» schrieb Howard Halpern, ehemaliger Präsident der US-Academy of Psychotherapists: «Alle paar Jahrzehnte erscheint ein Buch, das unsere Weltsicht so erschüttert und erneuert, dass einem schwindlig wird.»

Warren Farrell ist seit 17 Jahren in zweiter Ehe verheiratet und hat zwei erwachsene Stieftöchter. Er lebt in der Nähe von San Francisco und leitet regelmässig Workshops für Paarkommunikation.