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Eierstockkrebs: Was Frauen dagegen tun können

Leben

Eierstockkrebs: Was Frauen dagegen tun können

  • Redaktion: Helene Aecherli; Interview: Stephanie Ringel; Illustration: Monika Aichele

Eierstockkrebs wird meist erst im Endstadium entdeckt. Denn seine Symptome sind so unspezifisch, dass sie selbst Ärzten kaum auffallen. Was Frauen tun können? Achtsam sein – und hartnäckig.

ANNABELLE: Eierstockkrebs gilt als der stille Killer. Warum?
PATRICK PETIGNAT *: Schon wenn die Krebszellen noch mikroskopisch klein sind, vervielfältigen sie sich rasend schnell in der Bauchhöhle. Die Körperflüssigkeit streut die Zellen, wie ein Gärtner Samen im Garten auswirft. Leider haben wir keine Möglichkeit, den Krebs frühzeitig zu erkennen.

Wird die Krankheit deshalb bei 75 Prozent der Frauen erst im Endstadium diagnostiziert?
Ja. Denn die Symptome sind sehr unspezifisch: Bauchweh, Blähungen, Völlegefühl nach dem Essen, ein aufgedunsener Bauch, Verdauungsprobleme. Dazu können extreme Müdigkeit kommen oder Durchfall. Wenn eine Frau drei Wochen lang anhaltende Schmerzen hat, die sie so nicht kennt und die erstmalig auftreten, soll sie ihren Hausarzt konsultieren. Wichtig ist, sich nicht vom Doktor beeindrucken oder einschüchtern zu lassen, sondern die Symptome genau zu beschreiben. Dazu gehört auch, über Krebs in der Familie zu informieren.

Und dann verschreibt der Hausarzt Medikamente gegen Durchfall?
In den meisten Fällen wird der Arzt eine Darmspiegelung machen und tatsächlich auf Durchfall behandeln. Danach geht es der Patientin oft kurzzeitig besser. Wenn die Schmerzen wieder stärker werden, bekommt sie vielleicht andere Medikamente. Es vergehen nicht selten drei bis sechs Monate, in denen sich der Krebs explosionsartig vermehrt, bevor der Hausarzt überhaupt an Eierstockkrebs denkt. Deshalb versuchen wir zusammen mit der Krebsliga die Hausärzte immer wieder zu sensibilisieren. Ein Eierstockkrebs, der sehr früh erkannt wird, ist zu 90 Prozent durch Operation und Chemotherapie heilbar.

Trotzdem sterben in der Schweiz von den rund 600 Frauen, die jährlich daran erkranken, mehr als die Hälfte innerhalb von fünf Jahren.
Für 90 Prozent aller Frauen gibt es keine typischen Auslöser – und damit keine Früherkennung. Ultraschall bei einer Vorsorgeuntersuchung oder sogar eine Computertomografie zeigen zwar Veränderungen im Gewebe. Zur endgültigen Diagnose muss jedoch operiert werden. Bei diesem Eingriff werden die Bauchorgane genau untersucht und Gewebeproben entnommen. Frauen mit der Genmutation BRCA sind gefährdet – das wissen wir. Mit einem Gentest ist BRCA leicht festzustellen. Diese Frauen sollten, wenn sie über vierzig Jahre alt sind, Eileiter und Eierstöcke entfernen lassen.

Das klingt hoffnungslos. Warum sind Sie dennoch optimistisch?
Weil es mehr Medikamente geben wird, die die kranken Zellen direkt ausschalten. Die Patientin wird also operiert und chemotherapiert. Danach lebt sie wahrscheinlich beschwerdefrei bis zum nächsten Ausbruch, auf den dann wieder OP und Chemo folgen. Eierstockkrebs wird wie eine chronische Krankheit behandelt werden können. In fünf bis zehn Jahren werden die Frauen deutlich länger überleben.

* Patrick Petignat ist Chefarzt der Gynäkologie am Universitätsspital Genf