Werbung
5 Büchertipps fürs neue Jahr

Literatur & Musik

5 Büchertipps fürs neue Jahr

  • Text: Helene Aecherli

Ein Thriller einer Zürcher Autorin, Porträts aus dem Kanton Uri, Skizzen muslimischer Lebensentwürfe in der Schweiz und Beiträge zur Diskussion um Islamismus und Menschenrechte: Diese fünf Bücher sind annabelle-Redaktorin Helene Aecherli besonders aufgefallen.

Ich liebe Bücher. Stapelweise beschriftetes Papier mit Einband, ja nichts Elektronisches, denn das ist für mich zu sehr mit Arbeit und Stress assoziiert. Ein Buch anzufassen, darin zu blättern, Stellen mit meinem Bleistift anzustreichen, es mit in den Zug, ins Tram oder ins Bett zu nehmen, beruhigt meinen Geist, holt mich runter, es erdet mich. Und irgendwie sind Bücher für mich auch ein bisschen wie Menschen: Sie begegnen mir, ich begegne ihnen.

Ob ein nachhaltiger Kontakt, vielleicht sogar Freundschaft daraus entsteht, hängt dann natürlich von der Chemie ab und von unseren gemeinsamen Interessen, aber auch davon, wie sehr sie mich überraschen, herausfordern und mir neue Einblicke verschaffen. Die folgenden fünf Bücher haben sich zu meinem Freundeskreis hinzugesellt.

Werbung

1.

«Nora liebt ihre Tochter wie nichts und niemanden sonst. Darum versteckt sie Meret in einem alten Motel vor der bösen Welt da draussen und hält ihre Existenz streng geheim.» Das verrät der Klappentext, und mehr will auch ich nicht verraten. Nur noch so viel: «Motel Terminal» ist ein Drama, ein Thriller, der stark an Henrik Ibsens «Nora» erinnert, die ihr Leben im «Puppenheim» auf einer Lüge aufbaut und am Ende daran zerbricht. Die Wucht und Eindringlichkeit der Handlung, die sich über ein Netz von Erzählsträngen entwickelt, berührt ebenso, wie sie verstört. Die Sprache und die detailversessene Beschreibung von Szenen und Emotionen überraschen, sind fast schon atemberaubend. Kurz, ich habe jeder Seite entgegengefiebert. «Motel Terminal» ist das erste Buch der Zürcher Geschichtenerzählerin und Journalistin Andrea Fischer Schulthess. Eine grandiose Premiere.

«Motel Terminal» von Andrea Fischer Schulthess, Salis-Verlag 2016, 338 Seiten, 34.95 Franken

2.

Jasmin El Sonbati ist zusammen mit Elham Manea (siehe Buchtipp unten) schweiz-, aber auch europaweit eine der mutigsten muslimischen Kritikerinnen des religiösen Fundamentalismus. «Genau hinschauen, Dogmen hinterfragen, aufklären, für Gleichberechtigung und demokratische Werte einstehen», lautet ihr Credo. Denn es brauche, wie sie sagt, eine neue Sichtweise auf ihren Glauben. In diesem Sinn liest sich auch ihr Buch «Gehört der Islam zur Schweiz?». Es ist weniger ein Sachbuch als eine sehr persönliche (Jasmin El Sonbati ist als Tochter einer österreichischen Mutter und eines ägyptischen Vaters in Wien geboren und in Kairo aufgewachsen, seit 1971 lebt sie in der Schweiz), facettenreiche und besonnene Auseinandersetzung mit der ganzen Bandbreite islamischer Lebensentwürfe in der Schweiz. Ein Buch für alle, die sich für eine kritische und unpolemische Debatte über Islam, Islamismus und die Grenzen der Toleranz interessieren.

«Gehört der Islam zur Schweiz? Persönliche Standortbestimmung einer Muslimin» von Jasmin El Sonbati, Zytglogge-Verlag 2016, 256 Seiten, 29 Franken

3.

Herausgegeben von Susanne Perren und Eva Holz, mit Fotografien von Franca Pedrazzetti und Texten von 12 Schweizer Autorinnen und Autoren.

«Diese Urner: 16 Porträts vom Gotthard», Limmat-Verlag 2016, 232 Seiten, 38 Franken

4.

Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die Uno-Generalversammlung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Gerade in Zeiten wie heute, in denen die Menschenrechte mit Füssen getreten, verniedlicht oder selbst in demokratischen Staaten infrage gestellt werden, gilt es sich bewusst zu sein, was die Präambel und die dreissig Artikel der Erklärung beinhalten. Klar, dies liesse sich mit einer kurzen Google-Recherche abhandeln. Sehr viel hübscher als Dokumente auf dem Bildschirm ist jedoch das Büchlein «Universal Declaration of Human Rights» mit einem Vorwort des scheidenden Uno-Generalsekretärs Ban Ki-moon und Illustrationen des französischen Künstlers Yacine Ait Kaci.

«Universal Declaration of Human Rights. Yak Edition», United Nations 2015, 63 Seiten, erhältlich auf amazon.de, ca. 18 Franken

5.

Die jemenitisch-schweizerische Politologin und Menschenrechtsaktivistin Elham Manea erforscht in diesem Buch die Auswirkungen islamischer Parallelgesellschaften auf das Individuum, allem voran auf Frauen. Im Mittelpunkt ihrer Recherchen stehen Parallelgesellschaften in Grossbritannien, die sich auf der Basis eines tief verankerten Kulturrelativismus – Elham Manea bezeichnet ihn als «white man’s burden», die Last des weissen Mannes – entwickeln konnten. «Women and Shari’a Law» ist ein hervorragend geschriebener, gut verständlicher und konstruktiver Beitrag zu den aktuellen Diskussionen in Europa und der Schweiz und ein leidenschaftliches Plädoyer für die bedingungslose Einhaltung der universalen Menschenrechte. Elham Manea schreibt aus der Ich-Perspektive und ergänzt ihre Forschungen mit eigenen, anekdotischen Begebenheiten, die dem Buch zusätzliche Dringlichkeit verleihen.

«Women and Shari’a Law: The Impact of Legal Pluralism in the UK» von Elham Manea, Tauris-Verlag 2016, 256 Seiten, 27.90 Franken