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Schminken ist nichts für Männer

Leben

Schminken ist nichts für Männer

  • Text: Thomas Wernli

Schminken ist nichts für Männer. Dachte Thomas Wernli – bis vor kurzem. Eine Kolumne über Spa-Behandlungen, Männerkosmetik im Allgemeinen und Nasen-Foundation im Speziellen.

«Was hast du da?» Meine Chefin starrt mich mit grossen Augen an. Dann prustet sie los, hält sich die Hand vor den Mund, dreht sich von mir ab, schüttelt sich regelrecht vor Lachen. «Was hast du da auf der Nase, Thomas?»

Zwei Stunden vorher: Ich entdecke im Badezimmerspiegel, dass sich der Pickel auf der Nase über Nacht entschieden hat, gross und stark zu werden. Was jetzt? Regel Nummer eins bei Pickeln: nie ausdrücken! Nie! Das machts nur schlimmer.

Schlaftrunken wandern meine Zeigfinger an die Nasenspitze. Zack! Kontrollblick in den Spiegel. Was ist das? Oh Gott, ich habe eine Schweinchennase! Oder wie es meine Chefin später ausdrücken wird: eine hübsche kleine rote Schlaufe auf der Nasenspitze. Kleiner Bluterguss. Wohl zu stark gedrückt. Bevor ich mich ganz meiner Verzweiflung hingebe und mir kurz überlege, die Wohnung an diesem Tag nicht zu verlassen, kommt der rettende Gedanke: Vertraue auf die Möglichkeiten der Kosmetik! Make-up muss her.

Ich schminke mich normalerweise nicht. Höchstens, wenn ich beruflich mal vor die Fotokamera muss. Dann machen das allerdings die Profis. Als Zehnjähriger habe ich mich heimlich mit bunten Gratismüsterli ausgetobt, die ich selber bei Yves Rocher bestellt hatte. Doch mein Interesse für Schminksachen ist schnell erloschen. Erst als Jean Paul Gaultier in den Neunzigern als einer der Ersten Make-up für Männer auf den Markt gebracht hatte, musste ich das ausprobieren.

Da fällt mir ein, dass ich ja gerade neue Beautyprodukte für Männer teste für den annabelle Prix de Beauté, in dessen Jury ich bin. Doch in der Kiste mit den Sachen ist von Dekokosmetik keine Spur. Einzig der Brow Gelcomb von Tom Ford. Für Augenbrauen. Mr Ford sollte besser mal was für die Nase entwerfen!

Zum Glück arbeite ich bei einer Frauenzeitschrift mit Schönheitsabteilung. Diese steuere ich ohne Umweg an, als ich in der Redaktion eintreffe. Der Beautychef meines Vertrauens ist mal wieder ausser Haus, aber die allerliebste Praktikantin erkennt sofort den Ernst der Lage und präsentiert mir fünf Minuten später kichernd ein paar Produkte, die ich subito auf der Toilette ausprobiere: Concealer, Foundation und so weiter – leider alles in unpassenden Farbtönen, zu hell, zu dunkel.

Der Tag, an dem ich gefühlte hundertmal den Satz «Was hast du da an der Nase?» hören musste, ist längst vorbei, als ich ein paar Wochen später in Thailand in den Ferien bin. «Gentleman’s Facial» steht auf dem Menüplan des Spa unseres Hotels. Ein Blick in den Kosmetikspiegel im Badezimmer, ja, einer derjenigen mit x-facher Vergrösserung, der die Haut aussehen lässt wie eine Kraterlandschaft, verstärkt meine spontane Idee: vorbeugen statt schminken. «Gönn dir den Luxus», sagt mein Mann. Also nichts wie los auf die Kosmetik- statt auf die Strandliege.

Die Behandlung kostet ein kleines Vermögen, so viel wie zehn traditionelle Thaimassagen am Strand. Es wird gepeelt und gecrèmt, massiert und geklopft. Highlight: eiskalte Gurkenscheiben zum Schluss. Kurz vor der Rückreise habe ich in Bangkok das Make-up-Produkt für Männer entdeckt: AA Matte Powder Cushion von Cathy Doll. Es verspricht gleich neun verschiedene Effekte, darunter Feuchtigkeit und Auto Aura (was immer damit gemeint ist). Leider auch das in Asien beliebte Whitening. Und was ist mit meiner Sonnenbräune?

Okay, ich schminks mir ab.