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Eine Liebeserklärung an das E-Bike

Leben

Eine Liebeserklärung an das E-Bike

  • Text: Michèle Roten; Redaktion: Sven Broder, Stephanie Hess; Fotos: Joan Minder

Man kann für so manches im Leben zu cool sein – aber nicht fürs Elektrovelo, findet Autorin Michèle Roten.

Es gibt ja gar keine andere Möglichkeit, sich in der Stadt Zürich fortzubewegen, als per Velo. Zu Fuss ist zu langsam, ÖV nervt zu oft, Auto geht überhaupt nicht, und für so ein Trottinett ist doch noch zu viel Selbstachtung da. Und Fahrradfahren macht ja auch grossen Spass. Man ist schnell, unabhängig und flexibel. Zudem bewegt man sich, und das sei gesund, sagt man.

Ich bin täglich mit grosser Freude Velo gefahren, bis ich umgezogen bin. Davor lebte ich downtown, da, wo alles flach ist, und jetzt wohne ich, wenn man so will, uptown. Am Berg. Es hat eine lange, fiese Steigung. Man kommt ins Schwitzen und ins Schnaufen. Und das ist das Problem: Ich will ja keinen Sport machen, wenn ich mich in der Stadt fortbewege. Ich will mich bloss in der Stadt fortbewegen. Wenn ich Sport machen will (was nie vorkommt, aber theoretisch …), ziehe ich atmungsaktive Kleidung an, schminke mich ab, trage bestimmt keine schwere Tasche und auch keine Highheels, und dann mach ich Sport.

Ich begann es wirklich zu hassen, Velo zu fahren.

Und dann hab ich mir ein Elektrovelo gekauft. Es war keine langwierige Entscheidungsfindung – ich hab einfach mal kurz recherchiert, ob es tatsächlich nur diese hässlichen Dinger gibt, auf denen damals, vor etwa drei Jahren, alle herumfuhren. Es stellte sich heraus: Nein! Es gibt Elektrovelos, die aussehen wie ganz normale, sogar hübsche Velos. Etwa zehn Minuten lang überlegte ich mir noch, ob ich mich für zu cool halte für ein Elektrovelo. Damals hatte das nämlich noch etwas ganz entschieden Spiessiges. Elektrovelo fuhren Menschen mit Funktionskleidung, die ins Einzugsgebiet gezogen sind, weil sie da ein kleines Häuschen mit Gärtchen gefunden haben, wo es nicht so laut ist wie in der Stadt und wo die Kinder auf der Strasse spielen können, und jetzt kommen sie mit dem Velo in die Stadt zum Arbeiten, weil das auf Dauer billiger ist als ein Zugbillett, sie haben das durchgerechnet.

Ein pinkes E-Bike

Jedenfalls entschied ich, dass ich nicht zu cool bin. Und definitiv faul genug. Und kaufte mir eins. In Rosa. Weil: warum nicht. Ich werde nie meine erste Fahrt damit vergessen. Es machte so verdammt viel Spass! Ich überholte Velokuriere, beschleunigte am Lichtsignal gleich schnell wie das Auto neben mir und rauschte mit minimalem Kraftaufwand und maximalem Grinsen durch die Strassen. Die lange, fiese Steigung nahm ich mit links und malte mir dabei aus, wie ich einer Freundin erzählen würde, wie unendlich toll es sei, die lange, fiese Steigung mit 22 km/h zu nehmen und dabei kein bisschen ausser Atem zu kommen. Ich kam oben an und war überzeugt, noch nie in meinem Leben etwas Besseres gekauft zu haben.

Der Knüller: Heute, drei Jahre später, bin ich immer noch dieser Meinung. Ich fahre mit meinem Sohn hintendrauf und den Einkäufen im Korb vorn (denn ich bin wirklich für nichts zu cool, hab ich gemerkt) mal eben nach Küsnacht. Oder zum Zoo hinauf. Kein Problem. Ich kann wählen zwischen easy-schnell (Kraftaufwand gleich null) oder schnell-schnell (Herzschlag ein bisschen erhöht). Die Geschwindigkeit, musste ich merken, macht es für mich aus: Es stört mich nicht, mich ein bisschen anzustrengen, wenn es bedeutet, dass ich dafür schnell bin. Was mich stört, ist, mich anzustrengen und doch nur so langsam den Berg hinaufzukommen wie die Frau mit dem Rollator.

Das E-Bike ist der perfekte Kompromiss: Ich fahre immer noch Velo und bewege mich (denn es ist trotz allem kein Töff), aber ich kann entscheiden, wie sehr ich mich anstrengen will. Es bietet ein bisschen Hilfe an, die man annehmen kann oder nicht. Ich bin sehr pro.

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