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Fails im Designhotel

Stil

Fails im Designhotel

  • Text: Thomas Wernli; Foto: iStock/LiuNian

Alles so schön designt hier! Aber wo bitte hängt man die Badehose auf? Und was ist das für ein Rattern? Die Nerven liegen blank – in Thomas Wernlis Kolumne aus dem Traumhotel.

Ein Höhepunkt unserer sechswöchigen Südostasienreise sollte es sein. Das Hotel ist auf einer Liste der zehn besten Hotels Thailands. Die futuristische Architektur mit Beton, Glas und Holz hat mich sofort an James-Bond-Filme erinnert. Viele Palmen, direkt am Meer. Jedes Zimmer mit privatem Pool. Ein Designhotel wie aus einem Coffee Table Book. Man betrachtet die Fotos und denkt, wow, da möchte ich einmal im Leben sein, nur einmal, und einfach geniessen, staunen, die Augen verwöhnen.

Meine Augen sind rot. Ich blinzle ständig und kann sie kaum geöffnet halten. Ich liege auf dem Kingsize-Bett in einer so genannten Pool Suite. Der Grund für meine Augenentzündung rattert tapfer vor sich hin und versucht, die 35 Grad im Zimmer auf eine erträgliche Temperatur herunter zu kühlen. Notdürftig an der Wand hinter ein paar Brettern versteckt, bläst er mir voll ins Gesicht. Nichts mit gemütlich den Roman weiterlesen, nichts mit meiner neuen Lieblings-TV-Show «Asia’s Got Talent», immer donnerstags auf AXN. Der Fernseher ist direkt unter der Klimaanlage platziert.

An Designhotels mag ich den modernen Stil, die Einfachheit und Klarheit. Das Reduzierte. Das Schöne. Die Konzentration aufs Wesentliche. Wertiges. Auch Kontraste, die Spannung erzeugen.

Und ich mag praktische Lösungen. Die Form folgt der Funktion. Bitte, liebe Interior und Exterior Designer, denkt an diesen Grundsatz und an die Menschen, die in euren Entwürfen leben werden.

Die Klimaanlage hat sich dann als nur einer von vielen Design-Fehlschlägen herausgestellt. Der Spiegel am Lavabo hängt auf Brusthöhe, so dass man sich zum Rasieren auf den Boden knien muss. Die Dusche hat zwei (!) nebeneinander platzierte Regenduschen, die leise vor sich hin tröpfeln. Leider ist kein Platz vorgesehen für so banale Dinge wie Duschtücher oder nasse Badehosen. Die Badewanne bietet Platz für gefühlte zehn Personen, ist aber leider ebenso bodennah wie die Sonnenliegen draussen am privaten Pool. Wer da mal liegt, kommt kaum wieder hoch. Und wenn doch, schlägt er sich bestimmt aus Versehen den Kopf am Dachvorsprung direkt über dem Pooleinstieg an. Wer sich danach auf dem Dach erholen möchte, verbrennt sich die nackten Füsse entweder bereits beim Aufsteigen auf dem wackligen, schwarz gestrichenen Wendeltreppchen oder dann auf dem gut aufgeheizten Rasenteppich, wo äusserst dekorativ zwei unbequeme Stühle stehen, die in ihrem Leben niemals den kühlen Schatten sehen werden. Über den neckisch abgeschrägten Couchtisch sind wir drei Mal gestolpert. Der Wein-Kühlschrank war schnell ausgeschaltet. Zu laut, direkt neben meinem Kopfkissen.

Es ist das einzige Mal während unserer Reise, dass ich kurz vor dem Ausrasten bin. Ich gehe schimpfend durch den Raum, verärgert, dass sich der Höhepunkt der Reise als dysfunktionaler Tiefpunkt entpuppt.

Wir haben dann zwei praktische Lösungen gefunden. Zuerst hat mein Mann kurz entschlossen ein paar Hemden aus dem Schrank geholt und an die Klimaanlage gehängt. Die kalte Luft bauschte den Stoff. Die Temperatur sank. Das Design im Eimer.

Am nächsten Morgen haben wir unser Luxusproblem mit den Verantwortlichen besprochen. (Nein, nicht mit den Designern, sondern mit dem Management.) Wir konnten in die tadellose Präsidentensuite umziehen. Geht auch für Agenten. Nur der Raumduft wurde auf unseren Wunsch ausgetauscht.

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