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Postkarte aus Deauville: Im Reich der 600 Sonnenschirme

Stil

Postkarte aus Deauville: Im Reich der 600 Sonnenschirme

  • Text: Stefanie Rigutto, Fotos: Ornella Cacace

Der französische Küstenort Deauville ist das Saint-Tropez des Nordens. Er sonnt sich im Glanz vergangener Zeiten – très sympa.

Die Hauptbeschäftigung in Deauville? Simpel: Tagträumen am Strand unter einem der 600 Sonnenschirme. Unterbrochen einzig durch den Gang in die Bar du Soleil, wo man ein Monaco trinkt – ein Bier mit Cassissirup – und auf den wilden Ärmelkanal blickt. Die Luft schmeckt salzig. Kinder buddeln im Sand, Hunde rennen kläffend den Möwen hinterher, ältere Damen suchen nach Muscheln. Der Wind peitscht die Wolken über den Horizont. Hach, so lässt es sich leben.

In Deauville ging es immer nur um eines: Ferien. Das Dorf entstand auf dem Reissbrett. Charles de Morny, ein Pferdenarr und Halbbruder Napoleons III., träumte von einem netten Ort am Meer, wo er sich entspannen konnte. Das morastige Kaff zwischen Le Havre und Caen hatte es ihm angetan – er verwandelte es in nur vier Jahren in ein mondänes Resort, das bald die ganze Aristokratie Europas anziehen sollte. Daswar 1858. Heute, sagen die Leute, hat Deauville zwei Gesichter: Das eine sieht man von Juli bis September, wenn tout Paris in das normannische Dorf einfällt. 21. Arrondissement nennt man Deauville in diesen Monaten. 30 000 Leute bevölkern den Strand. Den Rest des Jahres erholt sich Deauville. Die Fensterläden vieler Häuser sind dicht, die Einheimischen – 4000 an der Zahl – wieder unter sich.

Dabei war Deauville mal so richtig gross! Das Resort hat die Kunst eines Jahrhunderts beeinflusst. Gustave Flaubert war hier, Coco Chanel, Françoise Sagan … Deauville heisst zwar immer noch Saint- Tropez des Nordens, doch der Vergleich hinkt: Das Dorf mit den Hexenhäuschen lebt vom Glanz vergangener Tage. Man findet ihn noch im Luxushotel Royal Barrière, einem stolzen Palast mit Sicht aufs Meer. Hier sitzt man in purpurroten Sofas, unter filigranen Kronleuchtern, und nippt an einem Cocktail für 26 Franken. Fast hat man das Gefühl, dass Josephine Baker mit ihrem Gepard in die Lobby tritt. Aber eben: nur fast.

Hauptstadt der Pferde

Deauville und Pferde sind wie Deauville und das Meer: untrennbar. Capitale du Cheval nennt sich die Stadt. Die Basse-Normandie ist Frankreichs wichtigste Zuchtregion. Doch die Pferdewelt ist verschlossen. Jean-Luc Bara ist einer der wenigen Züchter, der Touristen empfängt. Sein gepflegtes Gestüt liegt unweit von Deauville.

— Gestüt von Jean-Luc Bara: www.harasdecajeul.wordpress.com; Infos zu den Pferdeauktionen in Deauville: www.deauville.org

Coco Chanel & das Marineshirt

Deauville war der Geburtsort von Coco Chanels Karriere als Modeschöpferin. Der Film «Coco avant Chanel» dreht sich um ihre Zeit in Deauville, wo sie Anfang des 20. Jahrhunderts ihren ersten Shop eröffnete. Inspiriert vom rauen Meer, den schwitzenden Jockeys und den muskulösen Matrosen, lancierte die junge Designerin hier die Kampagne La mode à la garçonne. Die Idee für ihre blauweiss- gestreiften Marineshirts hatte sie von den Fischern.

Krebsgang

Man knackt Hummer und Krabben, schlürft an einem Gläschen Calvados und flirtet mit den Kellnern: Das Restaurant Le Drakkar ist ein Klassiker, auch für die Einheimischen. Nicht ganz billig, aber dafür schmeckts.

— 77, rue Eugène Colas, www.restaurant-le-drakkar.com

Vive l’Amérique

 

Wenn sich die Kellner Krawatten in den US-Farben umbinden, dann zücken Sie die Kamera: Nirgends flanieren die Schauspieler so entspannt wie am Deauville American Film Festival. Machen Sie es wie die Einheimischen – kaufen Sie sich ein Livre d’or für die Autogramme und jagen Sie den Stars nach. Nett sind auch die Nuits américaines: Die ganze Nacht werden Filme gezeigt.

— 31. August bis 9. September, www.festival-deauville.com

Promi-Galerie

Im Café des Fotografen Hervé Corak wird klar: In Deauville waren sie schon alle, vom jungen John Travolta bis Prince Charles. Coraks Star Café ist von der Decke bis zum Boden zugekleistert mit Schwarzweissfotos. Falls man unterwegs Pech hat mit den Promis – hier sieht man sie garantiert.

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1.

Flanieren, parlieren und den rauen Charme der Normandie geniessen.

2.

Im Nachbarort Trouville werden frische Fische verladen.

3.

643 Meter lang ist die Strandpromenade Les Planches. Die kleinen nach Hollywoodstars benannten Hütten bieten Stühlen und Strandutensilien Platz.