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Postkarte aus Fläsch

Stil

Postkarte aus Fläsch

  • Text: Köbi Gantenbein (Chefredaktor der Architekturzeitschrift "Hochparterre"); Fotos: Ralph Feiner

Wandern, Wein und Architektur: Das malerische Bündnerdorf wurde mit dem Wakkerpreis 2010 ausgezeichnet.

Leben in den Reben – Ein Prosit auf das bündnerische Fläsch, das für seine besonnene Dorfplanung mit dem Wakkerpreis 2010 ausgezeichnet wurde.

Grün, gelb, rot, braun stehen die Weinberge in vollem Saft. Versteckt lugen zwischen den Blättern die blauen Burgundertrauben hervor. Das goldene Herbstlicht schimmert über Fläsch, dem nördlichsten Dorf der Bündner Herrschaft. Welch schöne Musse, kilometerweit durch die Rebberge zu spazieren, auf ein Bänkli zu sitzen und wieder zurück im Dorf im «Adler» oder auf der Terrasse des «Landhauses» einzukehren. Und von dort auf die idyllischen Wein- und Baumgärten zu schauen, die bis in den Dorfkern reichen. Einst waren sie Bauzone. In einem planerischen Kraftakt durch Landumlegungen haben die Fläscherinnen und Fläscher sie geschützt – ohne die Weiterentwicklung der Gemeinde zu verhindern. Das Dorf wird nun am Rand weitergebaut. In der architektonischen Qualität des alten Dorfkerns mit seinen dicht auf dicht an die Gassen gestellten Häusern, seinen Steinmauern und seinen Plätzen. Dafür hat der Schweizer Heimatschutz Fläsch mit dem Wakkerpreis 2010 ausgezeichnet. Denn das Dorf will nicht im Siedlungsbrei verschwinden, der am Alpenrhein zwischen Chur und dem Bodensee quillt. Es will seine Geschichte erhalten und neue Eigenart erfinden. Durch diese spazieren wir nun, trinken Wein im Weingut und fahren beschwingt heim mit dem Postauto, das im Halbstundentakt von Bad Ragaz oder Maienfeld ins Dorf kommt.

ESSEN & (WEIN) TRINKEN
Ein gutes Dutzend Weingüter pflanzt, keltert und verkauft heute in Fläsch Rot- und Weissweine. Die Güter haben Vitrinen und Reklametafeln an der Strasse und sind leicht zu finden. Eine Liste der lokalen Produzenten findet sich auf www.wein-flaesch.ch.

Ein kulinarischer Spaziergang

Einfädeln um 16 Uhr im Unterdorf in den Neuwaldweg, einen Panoramaweg durch die Halde – die gute Lage der Fläscher Trauben. Ist die Halde fertig, über den Waldweg bergab in die Ebene und dann rechts abzweigen, hinaus ins «Fläscher Bad» zum Aperitif um 17 Uhr. (nur auf telefonische Anmeldung: 081 302 40 85, www.torkel-flaescherbad.ch). Um 18 Uhr zum Rhein hinaus und alles schnurgerade dem Wuhr entlang über die Hauptstrasse und noch einmal einen halben Kilometer bis zur «Mühle» (Tel. 081 330 77 70, www.muehle-flaesch.ch), wo um 19 Uhr bei 15 Gault-Millau-Punkten gut tafeln ist.

Weingut Thomas Marugg
Ausserdorf 32
Tel. 081 302 14 43
www.marugg-weine.ch

In einem typischen Innenhof ist das Weingut von Thomas Marugg. Pinot noir und Chardonnay kann man hier bei einem Plättli im Degustationsraum probieren und kaufen.


Ernas Törkali

Unterdorf 25
Tel. 081 302 33 41

In ihrem Torkel (Kelterei) rüstet Erna Bardellini Plättli mit Fleisch und Käse, Suppen je nach Saison, dazu selbst gebackene Brote und Linzertorten. Und natürlich eine breite Kollektion Fläscher Wein.

À Table
Weingut Gantenbein
Im Feld
Tel. 079 719 41 74

Im Obergeschoss des architektonisch gerühmten Weinguts Gantenbein ist «À Table» untergebracht. Hier kochen und wirten Roland und Doris Kalberer auf höchstem Niveau. Essen und trinken kann nur, wer sich früh anmeldet. Serviert wird unter anderem der schwer erhältliche Rot- und Weisswein von Martha und Daniel Gantenbein.

Gasthaus Adler
Tel. 081 302 61 64,
www.adlerflaesch.ch

14 Gault-Millau-Punkte, edle Weine und Brände, bodenständig weltoffene Küche.

Bienenhonig
Fläsch ist umgeben von Baumgärten, Weinbergen, Wiesen und Wäldern. Regionalen Honig gibts direkt bei der Imkerin Marianne Kunz im Grosshaus unmittelbar neben dem Volg-Dorfladen oder bei Heinrich Joos, Präsident des Imkervereins, in Patschär (Tel. 081 302 36 67).
SCHLAFEN

Bed & Budget
Oberdorf 27
DZ mit Frühstück ab 140 Franken
Tel. 081 302 38 14

Sandra Hilton führt im Oberdorf ein Bed & Breakfast. Eine halbe Stunde zu Fuss entfernt ist der Weltkurort Bad Ragaz mit Hotels in allen Preisklassen.


Hotel Rössli

Freihofweg 3
Bad Ragaz
DZ mit Frühstück ab 220 Franken
Tel. 081 302 32 32
www.roessliragaz.ch

Vorbildlich renoviertes Hotel in Bad Ragaz, wo Ueli Kellenberger herausragend kocht.

ARCHITEKTUR

Grosshaus, Waffenplatz, Casascura, Haus Meuli

17 Perlen älterer und zeitgenössischer Architektur sind zu einem interessanten Dorfspaziergang gereiht. Ein kleiner Architekturführer steckt bei den zwei  Parkplätzen vor dem Dorf in der Informationsstele.
www.heimatschutz.ch.

Schulhaus
Das Schulhausareal konzentriert zeitgenössische Bündner Architektur. Die Turnhalle von Max Kasper (1976) vertritt die heitere Moderne der Sechziger. Das Schulhaus von Pablo Horvath (1999) tut das Gegenteil – entworfen mit Blick auf örtliche Bauweise entstand ein markanter Bau, der den Staat und die Bildung repräsentiert.

Ställe
Im Dorf stehen noch drei Dutzend ungenutzte Ställe in der Bauzone. Viel kann hier zerstört – oder sinnvoll zu Wohnraum umgenutzt werden. Der Architekt Kurt Hauenstein hat mit der Familie Süsstrunk gezeigt, wie das geht. An markanter Stelle, wo das Unter- und das Oberdorf sich treffen, steht in alten Mauern hinter aparter Holzfassade ihr Familienhaus.

Autbahnraststätte Heidiland
Jede halbe Stunde geht am Turm der Autobahnraststätte Heidiland an der A13 die Balkontür auf. Heidi und Peter als mechanische Puppen führen ein Alpendrama auf. Dazu meckert Bärli, die Ziege. Die Autobahnraststätte ist eine bittere Träne der Architektur, aber sie beschert der Gemeinde dennoch satte Steuereinnahmen und eine unvergessliche «Heidi»-Aufführung.

WANDERN
Eine Bergpartie gefällig? Wohlan: durchs Dorf zum Oberdorf, einfädeln in den Wanderweg Fläscher Berg. Hinauf auf den Vorderen Ochsenberg (1 Stunde) und dann auf den Regitzer Spitz (3 Stunden) – ein Aussichtsbalkon vom Appenzell bis ins Engadin. Weit unten Fläsch und die Bündner Herrschaft. Unterwegs trifft man auf malerische Hinterlassenschaften von 150 Jahre Schweizer Armee: alte Bunker, die aussehen wie Ferienvillen. Zurück: entweder nach Mäls-Balzers ins Fürstentum Liechtenstein (2 Stunden) oder über denselben Weg auf den Ochsenberg, rechts vom alten Bunker abzweigen in einen bezaubernden Wald hinunter auf die St. Luzisteig und wieder nach Fläsch (2 Stunden 30 Minuten).