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Reise-Tipps: Postkarte vom Säntis

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Reise-Tipps: Postkarte vom Säntis

  • Text: Sven Broder; Fotos: Goran Basic

Wo sich urchiges Appenzellerland und heimeliges Toggenburg treffen, tut sich ein naturgewaltiger Graben auf. Ein Augenschein im Ofenloch.

Sönd willkomm!

Die Nacht verbringen wir am Seealpsee, umgeben von den Gipfeln des Altmanns und des Säntis, im heimeligen Gasthaus Forelle. Man könnte nach dem Aufstehen gleich kopfstehen, so herrlich spiegelt sich der Alpstein im See. In die Ströme von Wanderern, die das Appenzeller Hochland an sonnigen Tagen überfallen, wollen wir uns nicht einreihen. Wir bevorzugen es etwas einsamer. Deshalb ist unser Ziel ein Ort, den sie hier breitspurig Grand Canyon der Schweiz nennen oder bodenständiger: Ofenloch.

Ofenloch? Genau, das kennt niemand. Wir auch nicht. Also zunächst einmal von oben inspizieren. Dafür ziehen wir vom Seealpsee wieder talwärts, umkurven das Alpsteinmassiv mit dem Auto und bespringen es schon fast von Toggenburger Seite her; per Seilbahn ab Schwägalp direkt auf den Säntis, 2502 Meter über Meer. Doch ums Ofenloch machen nicht nur viele Einheimische ein Geheimnis («Is Ofeloch chonnsch nöd ahi» oder so, meint die «Rössli»-Wirtin), sondern auch der Säntis; er hüllt sein Auge, das sonst schier grenzenlos ins Weite blickt, in dichten Nebel. Nichts ist zu sehen von diesem mystischen Ort.

Also per Bahn runter und ab Schwägalp losmarschieren. Der Weg führt über farbige Matten, durch märchenhafte Wälder, bis rechter Hand ein weissrotweisses Schild den Wanderer ins Bodenlose weist. Ab hier ist Trittsicherheit gefragt – und Schwindelfreiheit. Hinter einem grünen Vorhang aus Baum und Busch fallen karge Nagelfluhwände 150 Meter senkrecht lochab. Ists hier nass, belässt man es besser bei einem staunenden Blick. Ist es trocken, lohnt es sich, das Herz in die Hand zu nehmen – immer geradeaus schauen, nicht  hinunter.

Unten im Loch siehts dann aus wie vor Urzeiten: ein imposanter Kessel, angefüllt mit Kiesel, Farn und Moos, ringsum über Felsen fallende Rinnsale, die sich hier zum Necker sammeln, der dem Tal seinen Namen gab. Ein Tal, zwar auf der sonnigen Seite des Alpsteins gelegen, aber – weder urchiges Appenzell noch richtig typisch Toggenburg – doch immer auch irgendwie in seinem Schatten. Zu Unrecht, wie ich finde.
www.saentisbahn.ch
Infos zum Ofenloch, Wanderkarten und -routen auf www.hemberg-tourismus.ch

Lachs-Märchen

Räucherlachs aus der Ostschweiz, das klingt wie Pralinés aus dem Südkongo. Und doch steht in Ebersol bei Mogelsberg, 800 Kilometer entfernt vom Meer, ein alter Bauernhof, aus dessen Räucherkammern eine königliche Delikatesse kommt: der Balik-Lachs, geräuchert nach Originalrezept des russischen Zarenhofs. Wie es dazu gekommen ist, ist eine lange, märchenhafte Geschichte. Sie erzählt von Hans Gerd Kübel und seiner Begegnung mit einem Enkel des zaristischen Räuchermeisters, von norwegischem Zuchtlachs, Toggenburger Holz und viel Handarbeit. «Die einzigen Maschinen sind die Waage und das Vakuumiergerät », sagt Peter G. Rebeiz, CEO von Caviar House & Prunier, dem die Räucherei gehört.
Balik Räucherei, Im Moos, Ebersol-Mogelsberg, www.balik.ch

Auf der nächsten Seite finden Sie weitere Informationen.

So schöwüescht!

Im Appenzeller Brauchtumsmuseum gibts viel zu bestaunen: etwa Silvesterchläuse, wüeschti, schöni und schöwüeschti, so, wie sie einst und heute noch zum Alten Silvester am 13. Januar durchs ausserrhodische Hinterland ziehen. Nicht minder imposant sind die Zeugen altehrwürdiger Handwerkskunst: Trachten, silberbeschlagene Sennentabakpfeifen oder der kunstvoll bemalte, sprechende Hungerkasten.
Appenzeller Brauchtumsmuseum, Dorfplatz, Urnäsch, www.museum-urnaesch.ch

Hier spielt die Musik

Vor bald 130 Jahre haben zwei Brüder aus dem appenzellischen Urnäsch die Streichmusik Alder gegründet. Unterdessen spielt und jodelt die dritte, vierte und fünfte Alder-Generation in   verschiedenen Formationen. Immer wieder erstaunt den Laien, was Männer mit Schwingerpostur und Fingern dick wie Siedwürste für filigrane Klänge und sensible Melodien aus Geige,  Handorgel, Cello und Hackbrett zaubern.
www.streichmusikalder.ch
www.alderbuebe.ch
www.walteralder.ch
www.noldialder.ch

Kein Käse

Baden in Milch: Kleopatras Hautpflegeritual gilt als exzentrisch. Nicht jedoch auf der Alp bei Daniela und Hans Gmünder, beim «Spitzig Stein», hinter dem Seealpsee. Die beiden lassen ihren Gästen Molke ins Bad, 40 Grad, frisch und unverdünnt direkt aus der Käserei.
Wanne für 3 Pers. inkl. Getränk und Käse 100 Fr., www.seealpchaes.ch

Buch-Tipp

Barbara Anderegg, Katharina Rutz, Marcel Steiner: Neckertal. Ein Wander- und Lesebuch. Toggenburger-Verlag, 2010, 271 S., 42 Fr.

Petri-Heil!

Am Seealpsee kann man Forellen fangen. Das angrenzende Gasthaus Forelle bereitet sie zu oder vakuumiert sie fangfrisch.
Tagespatente können für 43 Franken bei der Verwaltungspolizei an der Marktgasse 2 in Appenzell bestellt werden, Tel. 071 788 95 24

«Ja, liebe Youtube-Freunde, was passiert heute in der Frohwies?»: Dieser Satz, mit dem Bauer und Wirt Christian Müller seine Internetvideos eröffnet, hat im Neckertal Kultcharakter. Ob Weizenfeld güllen oder Leberwürste binden, der Chrigel erklärt, wies geht. Man kann die «Frohwies » auch real besuchen und bei einer Stubete ein feines Znacht geniessen. Danach übernachtet man in einem der gemütlichen Gästezimmer. 
Gasthaus und Pension Frohwies, Bächli-Hemberg, Tel. 071 377 11 43, www.frohwies.ch.
Übernachtung mit Frühstück 52  Franken/Person
News von der Frohwies: www.youtube.com/user/chrigel79 

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Per Bahn runter und ab Schwägalp losmarschieren

2.

Was für ein Panorama! Der Seealpsee, umgeben von den Gipfeln des Alpsteins.

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Sich nur nicht einschüchtern lassen: Das imposante Ofenloch im Neckertal.

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