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Urban Camping: Auch das ist New York!

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Urban Camping: Auch das ist New York!

  • Text: Jeff Wilkins

Von wegen campieren kann man nur auf dem Zeltplatz! Die Blachen erobern die Grossstädte: Urban Camping.

Als ich durch die Dachluke meines Zelts den Mond anstarrte und die Grillen zirpten, fühlte ich mich eine Million Kilometer vom Chaos der Stadt entfernt. Bis die Laterne, die ich an den Ast eines Baums gehängt hatte, zu Boden fiel, weil ein tief fliegender Jumbo gerade über uns hinwegdonnerte – was mich schlagartig daran erinnerte, dass ich noch immer in New York war.

Okay, man muss Floyd Bennett Field mögen, den einzigen offiziellen Campingplatz in Brooklyn, umgeben von Marschland, zwanzig Quadratkilometer Wasser, kleinen Buchten, Kanälen, Inseln – und in Hörweite vom Flughafen JFK entfernt, einem der grössten der Welt.

Am nächsten Morgen an der Feuerstelle unserer Zeltnachbarin Cecilia Davis. «Man erwartet so etwas nicht in einer Stadt wie New York», sagt sie bei einer Tasse Kaffee. Sie hat es sich seit einer Woche mit Ehemann John und zwei Albino-Wasserfröschen in Floyd Bennett Field gemütlich gemacht. «Das hier ist eine Oase mitten in der Stadt», sagt Cecilia. «Und wenn du keine Lust mehr auf Camping hast, steigst du in die Subway und fährst zurück nachhause oder ins Kino oder ins Museum.»

1931 wurde Floyd Bennet Field im Stadtteil Brooklyn als erster Flughafen von New York eröffnet. Anfang 1972 wurde er zum Natur- und Naherholungspark erklärt, Mitte der Achtzigerjahre auf einer ehemaligen Landebahn der Campingplatz eingerichtet. Die wenigsten New Yorker wissen davon, weniger als tausend Camper nutzen das Angebot pro Jahr. «Es ist unser kleines Geheimnis», sagt Nicole Possin, die ihre Wochenenden im Sommer gern zusammen mit Freunden hier verbringt. Am Nachmittag macht sie eine Velotour zur Dead Horse Bay, wo man mit etwas Glück und Geduld hundertjährige Glasflaschen im Sand finden soll.

Parkranger John Daskalakis sagt, dass die Nachfrage nach Übernachtungen ständig steigt. «Manchen Leuten fehlt das Geld für weite Reisen und teure Hotels. Im Juni war fast jedes Wochenende ausgebucht.» Zeltplätze inklusive Feuerstellen und Holz – aber ohne Trinkwasser! – kosten zwischen 20 und 40 Franken pro Nacht und müssen reserviert werden. Der Parkservice offeriert Touren ins angrenzende Jamaica-Bay-Wildlife-Reservat, ein bedeutendes Vogelschutzgebiet mit mehr als 300 Arten. Über den Baumkronen am Ende des Campingplatzes erhebt sich gerade ein besonders grosser Vogel – und donnert mit mächtigem Grollen über unsere Köpfe hinweg.

Floyd Bennett Field, 50 Aviator Road, Brooklyn, www.nyharborparks.org/visit/flbe.html Auch andere Städte, darunter Berlin, Frankfurt, Zürich oder Genf, bieten Campingplätze auf Stadtgebiet an

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