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Postkarte aus Rodez

Stil

Postkarte aus Rodez

  • Text: Gero Günther, Fotos: M. Henessy/Tourisme Aveyron, D. Viet/CRTMP, Getty Images, iStockphoto

Die französische Provinzstadt Rodez ist hübsch, keine Frage. Richtig spannend aber machen sie ein Kunstmaler und ein Kochkünstler.

Bis vor drei Jahren war Rodez (ausgesprochen mit stimmhaftem S) eine hübsche Provinzstadt wie viele andere in der französischen Pampa. Kathedrale aus rosa Sandstein, Altstadtgassen, deftige Metzgereien. Der 70 000-Seelen Ort im landwirtschaftlich geprägten Département Aveyron lebte von der Vergangenheit.

Dann schenkte der Künstler Pierre Soulages (96), Meister der abstrakten Malerei, seiner Geburtsstadt eine gigantische Sammlung seiner bedeutendsten Werke. Für die 500 Gemälde, Lithografien, Drucke und Ätzungen wurde unter der Leitung des katalanischen Architekturbüros RCR ein Museum aus stählernen Kuben gebaut. Minimalistisch, archaisch und alles andere als provinziell. Man wandert durch dieses Museum wie durch einen dunklen Wald, ein wenig eingeschüchtert, aber auch betört von den rauen, meist schwarzen Bürstenstrichen des Künstlers.

«Kein Mensch hat mit einer solchen Begeisterung für diesen eher sperrigen Künstler gerechnet», sagt Eve, die in der örtlichen Touristeninformation an der Empfangstheke steht und sich freut, wie viele Menschen aus halb Europa inzwischen bei ihr landen.

Zwei Jahre nach seiner Eröffnung ist das Musée Soulages ein voller Erfolg. Der einst verlassene Park, in dem das rostüberzogene Ensemble steht, ist heute belebt von Reisenden, Schülern und Müttern mit ihren Kindern. Rundherum entstanden neue Gebäude, der Altstadtkern wurde restauriert, der Verkehr beruhigt. Rodez hat sich neu erfunden, und nun lohnt sich der Abstecher von der Autobahn auch für Kunstsinnige und Gourmets. Zumal das Museumscafé von Michel Bras betrieben wird, einer Legende der französischen Kochkunst. «Je begrenzter die Mittel, desto stärker der Ausdruck», zitiert der Purist seinen Künstlerfreund Pierre Soulages. Bei Bras gibt es dementsprechend kein Chichi, sondern Bekenntnisse zur bäuerlichen Region.

«Die Präsenz von Pierre Soulages und Michel Bras hat diese Stadt verändert», sagt auch die Köchin Isabelle Auguy, die mit ihrem Restaurant vor drei Jahren nach Rodez zog und sich über das veränderte Qualitätsbewusstsein freut. «Heute ist hier Platz für Bewährtes und für Neues.»

Tipps

SEHEN

Alle Schaffensperioden des grossen Abstrakten der französischen Kunst sind in diesem Haus abgedeckt. Die groben Gesten von Pierre Soulages überzeugen sogar noch als Kühlschrankmagnet. Bis September wird die Sammlung mit Werken von Pablo Picasso ergänzt.
Musée Soulages, Jardin du Foirail, musee-soulages.rodezagglo.fr

An die 5000 Jahre alt sind die 17 monumentalen Menhir-Statuen, die im Aveyron gefunden wurden und hier ausgestellt sind. Hochkarätige Wechselausstellungen ergänzen das Angebot des sympathischen Stadtmuseums.
Musée Fenaille, 14, place Eugène Raynaldy

Die historische Innenstadt: Im Office de Tourisme (Place de la Cité) gibt es Pläne für einen Rundgang. Auf keinen Fall verpassen sollte man die neuen Kirchenfenster von Stéphane Belzère in der Kathedrale.

ESSEN & SCHLAFEN

Die Fenster aus gelochtem Metall, einfaches Besteck, schlichte Teller und Schüsseln, das Tischset aus dickem Leder. Der Besuch bei Michel Bras und seinem Küchenchef Christophe Chaillou ist ein Erlebnis für alle Sinne.
Café Bras, Jardin du Foirail

Bodenständig-raffiniert: Für ihre ausgezeichnete Küche verwendet Meisterköchin Isabelle Auguy nur erstklassige Produkte.
Restaurant Isabelle Auguy, 154, rue Pierre Carrère

Das Hotel ist in einem ehemaligen Gutshof untergebracht. Von historischem Charme ist wenig zu spüren. Dafür ist es geräumig, hell und geschmackvoll eingerichtet.
La Ferme de Bourran, Rue de Berlin, Tel. 0033 565 73 62 62, fermedebourran.com, DZ ab ca. 95 Franken

AUSFLUG

Gekürt zu einem der «plus beaux villages de France», liegt Belcastel 25 Kilometer westlich von Rodez. Hoteltipp: Hôtel Restaurant du Vieux Pont, Belcastel

INFOS

tourisme-aveyron.com

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