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Editorial von Lisa Feldmann: Kreta statt Kaiserstuhl

Editorial von Lisa Feldmann: Kreta statt Kaiserstuhl

  • Text: Lisa FeldmannBild: Brigitte Lacombe

Das Nachdenken über den sogenannten Lebensabend hat eine andere Qualität bekommen, seit es meine Generation betrifft. Wir Babyboomer sind nämlich so viele, dass
wir die Gesellschaft schon immer verändert haben.

Für uns mussten Kindergärten gebaut werden, danach Schulen. Als wir erwachsen wurden, brauchten wir grössere Universitäten, mehr Lehrstellen, ganz neue Ausbildungswege. Dabei setzten wir unsere Bedürfnisse stets urdemokratisch durch, ohne viel Tamtam –, einfach weil wir die Mehrheit waren.

Und nun werden wir also langsam alt. Wir sind zwar noch fit, nicht selten auf dem Höhepunkt unserer Karriere, planen aber bereits akribisch an der nicht allzu fernen Zukunft herum. Schliesslich – wir sind ja so viele – werden wir auch die Altersheime wieder aufmischen: Alternativen erzwingen, neue Lösungen erforderlich machen. Mir würde noch gefallen, wenn man Griechenland davon überzeugen könnte, ein riesiges Resort für alte Menschen zu werden. Aus den offenbar unrentablen Hotels würden lukrative Alterswohnstätten; Restaurants und Verkehrsmittel würden unseren Gehhilfen angepasst, die Speisezettel den empfindlichen Mägen. Das Land könnte sich kontinuierlich aus seiner Schuld herauswirtschaften, besonders grosszügige Partner aus der europäischen Gemeinschaft bekämen Freundschaftsrabatt. Und wir sässen in der Sonne Kretas statt im nebligen Kaiserstuhl. Sie denken, das ist ein Hirngespinst? Mag sein, vielleicht finden die Griechen ja einen besseren Weg aus ihrer Misere. Was unser Alter angeht, haben wir jedenfalls noch ganz andere Ideen …