
Amélie (33): "Mit meiner Inkontinenz fühle ich mich oft allein"
In unserer Rubrik "Bodybuilding" zeigt sich eine Frau nackt und spricht über ihr Verhältnis zu ihrem Körper. Diesmal teilt Amélie (33) ihre Erfahrungen mit uns.
- Von: Linda Leitner
- Bild: Sara Merz
«Ich bin im sechsten Monat schwanger. Was man sieht und kommentiert, ist, dass ich fit bin, nach der ersten Schwangerschaft keine Dehnungsstreifen hatte und der Bauch superschnell weg war. Was man nicht sieht: Mir fällt es schwer, meinen Harndrang zu kontrollieren.
Joggen? Habe ich aufgegeben. Vor Lachen in die Hose machen? Kommt vor. Zum Husten oder Niesen drehe ich den Oberkörper zur Seite, weil das die Belastung vom Beckenboden nimmt – ein Tipp meines Physiotherapeuten. Wenn Frauen bei einem Lachanfall die Beine überkreuzen, weiss ich inzwischen: Die haben das gleiche Problem.
Trotzdem fühle ich mich oft allein. Inkontinenz wird mit alten Menschen assoziiert und peinlich berührt weggeschwiegen. Wie bringe ich es meinem Umfeld bei, wenn der Harndrang plötzlich akut wird? Ich bin ehrlich. Auf Irritation folgt oft Interesse.
"Ich schicke Stossgebete gen Himmel, kein grosses Kind gebären zu müssen"
Mein Körper hat immer funktioniert. Aber Schwangerschaft und Geburt sind eine Herausforderung für den Beckenboden. Nach der ersten Entbindung wurde die Inkontinenz kontinuierlich wieder besser, ich gehe zur Physio, mache Übungen im Alltag, aber den Optimalzustand erreichte ich nie wieder. Ich schicke Stossgebete gen Himmel, aus Gründen der Schadensbegrenzung kein grosses Kind gebären zu müssen. Denn je grösser der Säugling, desto höher unter Umständen die Belastung während der Wehen.
Ich bin dankbar, dass es uns sonst gut geht. Manchmal denke ich: Dann geht halt was daneben – wenn es weiter nichts ist.» – Amélie