
Ausgeblendet: Das Ende der superweissen Veneers-Lächeln naht
Inspiriert von Hollywood schien Neon-Weiss und einheitlich aufgereiht lange das Mass aller Dinge, wenn es ums perfekte Lächeln ging. Jetzt zeichnet sich eine Trendwende ab.
- Von: Sandra Brun
- Bild: Instagram / aimeelouwood
Während Kunsthandwerker:innen, die sich beim Film auf Zahnprothetik spezialisiert haben, früher mehrheitlich angsteinflössende Vampirzähne oder aufsehenerregende Freddie-Mercury-Gebisse fertigten, besteht heute ein Grossteil ihres Jobs darin, Hollywood-Glamour-Lächeln mittels falscher Zähne zu einem lebendigeren, authentischeren Aussehen runterzudimmen. Und Make-up Artists pinseln spezielle Farbe auf schneeweisse Zahnreihen, um diese zu vergilben. Damit Schauspieler:innen überhaupt noch normale Menschen spielen können.
Perfekte Zähne haben in der Filmbranche Tradition, schon Marilyn Monroe strahlte mit makellosen Beisserchen von der Leinwand. Diese Perfektion verdankte sie Hollywood-Zahnarzt Charles Pincus – dem Erfinder der Veneers. Doch während die damalige Version für Nahaufnahmen noch mit Haftpulver auf die Zähne geklebt wurde und nur wenige Stunden hielt, blieb das Ideal weisser Zahnreihen haften – bis jetzt.
"Massenhaft gesunde Zähne wurden irreversibel abgeschliffen, um mit übergrossen, überweissen Keramikplättchen überklebt zu werden"
Veneers erlebten lange einen regelrechten Boom. Madonnas ikonische Zahnlücke musste dran glauben, ebenso Morgan Freemans, und von Miley Cyrus bis Selena Gomez lächeln alle einheitlich superweiss und geradegerückt. Aber auch darüber hinaus wurde immer mehr ein Lächeln Standard, das stark an das von Ross Geller in der Zahnbleich-Episode der Serie «Friends» erinnert. Massenhaft gesunde Zähne wurden irreversibel abgeschliffen, um mit übergrossen, überweissen Keramikplättchen überklebt zu werden.
Speaking of White: Ein wunderbares Beispiel dafür, dass man es mit der Weissheit und mit Veneers übertreiben kann, ist «White Lotus»-Darsteller Walton Goggins. Seine Zähne sind so alles-überstrahlend, dass sich der Blick kaum davon abwenden lässt. Goggins spielt in der dritten Staffel der Erfolgsserie den Partner von niemand geringerem als Aimee Lou Wood, ihres Zeichens Postergirl schlechthin für natürliche Zähne: charmanter Überbiss, leichte Zahnlücke, definitiv keine Veneers.
Das verleitete die Veneers-huldigenden US-amerikanischen Comedians in der Late Night Show «Saturday Night Live» kürzlich zu einem verzweifelt schlechten Sketch über unperfekte Zähne, der aber nur umso klarer aufzeigte, dass es sich mit stramm aufgereihten Beisserchen immer mehr ausgelacht hat: Das Netz empörte sich heftig über «SNL».
Sie werde mit ihren Zähnen kaum als Amerikanerin gecastet, ihr Look sei wegen ihres Gebisses schlicht zu europäisch, sagt Aimee Lou Wood. Doch zusammen mit den wenigen Celebritys, die sich ihre natürlichen Zähne bewahrt haben – darunter auch «Wicked»-Star Cynthia Erivo und «The Bear»- Darstellerin Ayo Edebiri –, erinnert sie daran, dass man sein naturgegebenes Aussehen durchaus erfolgreich einsetzen kann.
Immer mehr Veneers-Träger: innen lassen ihre superperfekten Zähne gegen natürlich aussehende Exemplare austauschen. Denn das Statussymbol der weissest-möglichen Superzähne, es scheint gerade zu bröckeln wie schlecht gemachte Veneers.