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Cloudy Zakrocki:

Cloudy Zakrocki: "Manifestieren ist kein Quick-Fix"

Manifestieren als Mindset: Cloudy Zakrocki über ihr Burnout, Neurowissenschaft, toxische Positivität – und weshalb Spiritualität nicht gleich Esoterik ist.

Cloudy Zakrocki hat schon einige Kapitel hinter sich: Karrieren in der Medienbranche, als Influencerin und Start-up Gründerin. Mit 30 fiel sie in eine tiefe Sinnkrise und entschied sich dafür, radikal umzudenken. Nun hat die 39-Jährige ein Buch zum Thema Manifestieren geschrieben: «You manifest You». Ein Gespräch über Vorurteile gegenüber Spiritualität, wann Positivität «toxisch» wird und was ausgerechnet die Quantenphysik damit zu tun haben soll.

annabelle: Cloudy Zakrocki, haben Sie heute schon manifestiert?
Cloudy Zakrocki: Ich manifestiere jeden Tag. Heute habe ich meine Gesundheit manifestiert. Ich bin etwas krank und deshalb habe ich versucht, herauszufinden, was mein Körper gerade braucht und warum es mir nicht so gut geht. Krankheit gehört zum Leben, aber man muss sich nicht wahllos einem negativen Gedankenstrudel hingeben.

Sie sagen, dass wir alle jeden Tag manifestieren, bewusst oder unbewusst. Wie ist das gemeint?
Manifestieren basiert auf unseren Gedanken und Gefühlen und auf Erfahrungen, die wir bereits gemacht haben. Unser System sucht jeweils Beweise für das, was wir ihm erzählen. Wenn man morgens also denkt «Das wird ein furchtbarer Tag» filtert unser Gehirn aus Millionen von Reizen genau die, die dieses negative Bild bestätigen. Sagt man hingegen: «Der Tag wird mir schon zeigen, dass er schön werden kann», fokussiert man sich auf Erlebnisse, die die Stimmung heben.

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"Den Verkehr kann ich nicht wegmanifestieren, aber meine Haltung dazu"

Aber das Leben passiert trotzdem, und plötzlich steht man im Stau und ist genervt.
Im Idealfall nimmt man solche vermeintlich negativen Momente gar nicht mehr als negativ wahr – selbst den Stau. Den Verkehr kann ich nicht wegmanifestieren, aber meine Haltung dazu sehr wohl. Ich kann etwa die Zeit nutzen: Statt mich zu ärgern, höre ich einen Podcast, rufe vielleicht endlich mal wieder meine Mutter an, atme durch und betrachte das Ganze als geschenkte Zeit. Es wird meinen Tag nicht besser machen, wenn ich in Selbstmitleid versinke.

Viele verbinden Manifestieren mit Räucherstäbchen, Mondritualen oder brennenden Wunschzetteln. Wie reagieren Sie auf Vorurteile?
Manifestieren wurde letztes Jahr zum Wort des Jahres. Das zeigt, wie viele Menschen sich gerade dafür öffnen. Im Kontext von Künstlicher Intelligenz macht es durchaus Sinn, dass man sich auf den eigenen Geist zurückbesinnt. Wir stehen gesellschaftlich an einem Punkt, an dem wir uns selbst besser verstehen wollen. Das ist an sich etwas Schönes und, wie ich finde, auch notwendig. Aber wo ein Hype ist, ist oft auch ein Haken – das Problem ist, die Desinformation, die über Social Media verbreitet wird: Manifestieren wird als eine Art Wunschkonzert verkauft – «wünsch dir was und dann wird es schon wahr».

Sie beziehen sich in Ihrem Buch auf diverse Studien der Neurowissenschaften und sogar der Quantenphysik. Möchten Sie Manifestieren aus der Esoterik-Ecke herausholen?
Ja, für mich ist Manifestieren eine Praxis, die tief in Neurowissenschaften, Psychologie und Quantenphysik verankert ist. Eine Methode, mit der wir verstehen, wie wir selbst funktionieren – und wie wir selbst Realität kreieren. Wenn man das einmal verstanden hat, lebt man automatisch authentischer und selbstbestimmter, weil man weiss: Ich kenne meine Mechanismen, ich weiss, warum ich fühle, wie ich fühle – und ich kann es beeinflussen.

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"Unser Fokus bestimmt, was für uns real wird"

Wenn man Ausdrücke wie «Realität kreieren» hört, bekommt man es im heutigen Klima als Journalistin mit der Angst zu tun. Wie meinen Sie das?
Ich meine damit ja nicht alternative Fakten. Aber aus der Quantenphysik wie aus den Neurowissenschaften wissen wir, dass es eine objektive Realität so nicht gibt. Unser Fokus bestimmt, was für uns real wird. Richte ich meinen Fokus aufs Positive, filtert mein Gehirn Beweise für das Gute. In diesem Sinn «kreieren» wir unsere Realität bis zu einem gewissen Punkt: nicht, weil alles plötzlich perfekt läuft, sondern weil wir lernen, unser inneres System zu steuern. Das allein verändert die erlebte Realität radikal. Dann merkt man, dass es unsere Aufgabe ist, jeden Tag unsere Realität so zu kreieren, wie wir sie uns wünschen. Natürlich gibt es da Grenzen, aber es ist enorm, was unser Mindset beeinflussen kann. Man hat eine glücklichere Basis und geht mit weniger Widerstand durch den Tag.

Spiritualität und Wissenschaft – wie geht das für Sie zusammen?
Für viele klingt das wie ein Widerspruch, für mich überhaupt nicht. Ich bin damit aufgewachsen: Meine Eltern kommen beide aus dem wissenschaftlich-medizinischen Bereich, gleichzeitig sind sie unglaublich kreativ und haben immer auch etwas Spirituelles in sich getragen. Diese Mischung hat mich geprägt. Wissenschaft erklärt das Wie wie unser Gehirn funktioniert, wie Synapsen feuern, wie Fokus Realität filtert. Spiritualität beantwortet das Warumwarum ich etwas will, warum mich etwas triggert, warum mich ein Ziel emotional überhaupt anzieht. Ich glaube nicht an Magie im Märchen-Sinn, sondern an Mechanismen, die wir vielleicht noch nicht vollständig verstanden haben. Ich muss verstehen, was in mir passiert – und warum. Und genau in dieser Kombination beginnt, Manifestieren zu wirken.

Und wo verläuft die Grenze zur viel zitierten «Toxic Positivity»?
Ich freue mich grundsätzlich, dass wieder über Positivität gesprochen wird. Eine Zeit lang galt auf Social Media alles Positive automatisch als fake und unauthentisch. Dabei ist es doch nicht tiefgründiger, immer alles schwarz zu sehen. Toxisch oder unauthentisch wird Positivität dann, wenn man an der Oberfläche bleibt, positiv tut, um andere zu beeindrucken, es aber gar nicht fühlt. Und einfach nur ein paar gute Gedanken zu denken und zu hoffen, dass dann schon alles gut wird, reicht leider nicht. So funktioniert der Mensch nicht. Beim Manifestieren geht es nicht darum, etwas schönzureden, sondern den emotionalen Zustand wirklich zu verändern. Gedankengänge sind massiv davon beeinflusst, welche Erfahrungen wir in der Vergangenheit gemacht haben. Und da fängt die Selbstarbeit an – das zu reflektieren und sich von seinen negativen Glaubenssätzen zu befreien, ist verdammt hart. Und Manifestieren ist kein Quick-Fix.

Was hat Ihr Interesse für das Manifestieren geweckt?
Ich bin mit 30 in ein Burnout geschlittert. Von aussen war alles perfekt: Traumjob in der Medienbranche, gutes Gehalt, Penthouse, super Netzwerk, Freund – aber ich war total unglücklich.

"Ich dachte, ich hätte mein Glück aufgebraucht"

Wie fühlte sich diese Leere an?
So, als würde nichts mehr zu einem passen – egal, was man tut. Man sitzt da, wie ein kleines Alien auf dieser Welt und denkt sich: «Ich habe doch alles, warum geht es mir nicht gut? Wieso wissen alle anderen scheinbar, was sie wollen – nur ich nicht?» Man fühlt sich wie ein Loser im eigenen Leben. Bei mir kam dazu: Ich hatte früh sehr viel erreicht. Also kam mir der Gedanke, dass ich womöglich mein Glück aufgebraucht hatte. Irgendwann war ich so lange so unglücklich, dass ich wusste: Niemand wird kommen und mich da herausziehen. Kein Engel, keine Beziehung, niemand. Also habe ich mir ein Limit gesetzt. Ich war 30 und habe gesagt: Mit 35 will ich wieder auf einem guten Weg sein. Am Anfang dachte ich, das dauere fünf Wochen – am Ende waren es Jahre. Aber dieser Moment von Klarheit war entscheidend: Mir wurde bewusst, wie privilegiert ich bin. Und dann habe ich mich mit meiner Opferhaltung nur noch selbst genervt. Ich habe angefangen, konsequent an mir zu arbeiten.

Jetzt haben Sie ein Buch über Manifestieren geschrieben, aus der Krise also wieder etwas Produktives gemacht. Wird das heute erwartet?

Ich habe das Buch nicht geschrieben, weil ich glaubte, ich müsste aus einer Krise zwingend etwas «Produktives» machen. Ich war so lange so unglücklich, bis mir irgendwann klar war: Ich muss mich da selbst herausarbeiten. Der Impuls war nicht: Ich muss aus dem Tief etwas liefern, sondern: Ich will nicht in diesem Zustand bleiben.

Sie sagen, man soll bereits dankbar sein für Dinge, die man noch nicht hat.
Ja, man kann schon für Ziele dankbar sein und für das, was man hofft, zu werden.

Sehen Sie Manifestieren auch kritisch? Geht das nicht auch ein wenig in eine gefährliche Richtung – wir müssen uns ständig selbst optimieren, jeden Tag besser, schöner, erfolgreicher werden…
Ja, da muss man aufpassen. Aber ich hoffe, dass man meinem Buch anmerkt, dass es mir nicht darum geht, immer mehr zu sein und mehr zu haben. Man manifestiert nicht das Leben, man manifestiert sich selbst. Ja, ich möchte optimieren, aber nur, damit man glücklicher und authentischer durchs Leben gehen kann. Mehr von sich selbst hat.

"Manchmal ist Selbstentwicklung schmerzhaft"

Wie begegnen Sie der Kritik, dass Manifestation ein Privilegienthema ist und impliziert, Menschen in Not seien selbst schuld an ihrer Lage, weil sie sich nicht gut genug «herausmanifestieren»?
Diese Kritik ist absolut berechtigt, und genau deshalb war es mir wichtig, Manifestieren wissenschaftlich, nicht esoterisch zu erklären. Manifestation ist kein moralisches Bewertungssystem und schon gar kein Schuldprinzip. Niemand manifestiert freiwillig Trauma, Krieg oder Gewalt. Diese Realität existiert ausserhalb individueller Kontrolle. Was Manifestation aber tun kann, ist, Menschen dabei zu helfen, in ihrem Einflussbereich bewusster zu denken, zu fühlen und zu handeln – selbst unter schwierigen Umständen. Es geht um Selbstwirksamkeit, nicht um Schuldzuweisung. Manifestieren ist kein Privileg, sondern ein Werkzeug, aber der Zugang dazu ist privilegiert. Nicht jeder Mensch hat dieselben Voraussetzungen oder Sicherheiten, um sich frei zu entfalten. Genau deshalb sehe ich es als Verantwortung, das Thema aus der Wohlfühlblase zu holen.

Spirituelles Wachstum kann einsam machen. Haben Sie das auch erlebt?
Leider ja. Ich habe zum Beispiel vor einigen Jahren aufgehört, über andere Leute zu lästern. Das hat einige abgestossen und mir wurde vorgeworfen, mich für etwas Besseres zu halten. Dabei wollte ich mich einfach von der Negativität befreien. Manchmal ist Selbstentwicklung schmerzhaft und man muss Menschen zurücklassen, mit denen man nicht mehr auf einer Wellenlänge ist.

Wie gehen Sie mit anhaltenden negativen Nachrichtenlage um?
Ich kann und will mich nicht vor der Welt verschliessen, aber ich konsumiere bewusst. Es ist niemandem geholfen, wenn ich alle drei Sekunden an mein Handy gehe und in Panik durch negative Nachrichten scrolle. Ich setze mich hin und konsumiere News bewusst und am Stück und lasse es dann auch wieder sein. Man fühlt sich manchmal machtlos. Aber gerade, wenn die Welt auf dem Kopf steht, ist es umso wichtiger, dass man seine eigene kleine Welt aktiv angeht. Dass man in kleine Gesten investiert – einer Oma über die Strasse hilft oder jemand Fremdem freundlich ins Gesicht lächelt.

"Ich konsumiere News bewusst am Stück und lasse es dann auch wieder sein"

Sie schreiben in Ihrem Buch, dass das Gehirn kaum unterscheiden könne, ob etwas real passiert oder etwa in einem Film, den Nachrichten oder auf Social Media. Sollten wir uns in der Konsequenz bewusster mit glücklichem Content umgeben?
Natürlich möchte niemand ignorant sein, denn viele können nicht einfach auf Happy-Modus schalten, aber ja – für unser Wohlbefinden wäre es tatsächlich besser, wenn wir positive Inhalte konsumieren würden. Ob das realistisch ist, muss jede:r selbst entscheiden.

Wer sind Sie gerade dabei, zu werden?
Die authentischste Version von mir, die ich je war. Ich bin in ein neues Land gezogen, habe mir neue Träume ausgemalt und setzte sie jetzt in die Realität um. Karriereziele im klassischen Sinn sind mir nicht mehr wichtig. Mein Traum dreht sich um Leidenschaften, Alltag, Menschen, Lachen. Den Druck von aussen, immer etwas «Grosses» liefern zu müssen, habe ich weitgehend abgelegt. Ich darf mich selbst glücklich machen. Träume dürfen sich ändern. Und wir uns auch.

Cloudy Zakrocki: You manifest you. Wie du selbstbestimmt und authentisch dein bestes Leben manifestierst. Irisiana, München., 2025, 224 Seiten, ca. 35 Fr.

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