
Das bringen Taping oder Face Yoga: Was wirklich gegen die Nasolabialfalte hilft
Sie gräbt sich vom Nasenflügel zum Mundwinkel und ist heute etwas, das man schleunigst loswerden sollte: die Nasolabialfalte ist eine viel diskutierte Baustelle. Aber wie sinnlos sind Social-Media-Hacks wie Face Taping und was wirkt wirklich? Wir haben eine Expertin gefragt.
- Von: Linda Leitner
- Symbolbild: Stocksy
Wenn ich ins Gesicht meines Vaters schaue, weiss ich, was mir blüht: Irgendwann werden meine Backen hängen. Sagen wir: noch mehr – meine Reise ins Reich der welkenden Wangen hat bereits begonnen. Da ich die Gesichtszüge meines Erzeugers 1:1 geerbt habe, kann ich detailliert nachverfolgen, was sich wie tun wird.
Während ich vor ihm sitze und in meine Zukunft blicke, ärgere ich mich: Warum bin ich nicht stolz, ihm so ähnlich zu sein? Warum werte ich so stark? Warum macht mir diese "Weichteilvertiefung", die sich vom Nasenflügel zum Mundwinkel zieht, so Angst?
Der aalglatte Social-Media-Wahn
Unter anderem vermutlich, weil die Leute auf Social Media derzeit so weit gehen, dass sie sich wie die Irren Haargummis um die Ohren binden, um sich das Antlitz zu straffen. Wenn die Welt ernsthaft auf virale Absonderlichkeiten dieser Art schwört, dann weiss man: Die sogenannte Nasolabialfalte hat man nicht zu wollen, geschweige denn zu akzeptieren.
"Sie lässt einen häufig erschöpfter, älter und auch unfreundlicher wirken", weiss Saskia Rohrbach, erfahrene Ärztin und Mitgründerin von Everskin, dem neuen Skin Longevity Lab in Zürich. Fit und jung hat man heute zu sein – und so soll bitte auch die Haut aussehen. Bloss nicht hängen lassen!
"So werdet ihr die Lachfalte los!" – Instagram-Reels mit euphorischen Imperativen dieser Art sehe ich ständig. Ich bin desillusioniert: Sind wir in meiner Familie jetzt selbst schuld an unseren Hängebacken, weil wir Zeit unseres Lebens zu gut drauf waren? "Entgegen der häufigen Vermutung, dass die Nasolabialfalte durch viel Lachen entsteht, liegt die Hauptursache im natürlichen Absinken des Gewebes – vor allem in der oberen Gesichtshälfte. Zwar spielt auch die Mimik eine Rolle, sie ist aber eher zweitrangig", weiss Rohrbach. Immerhin.
Warum entstehen Nasolabialfalten wirklich?
"Manche Menschen haben von Natur aus tiefere Nasolabialfalten, einfach durch ihre Veranlagung. Unsere Eltern können uns da einen kleinen Vorgeschmack geben", so die Expertin. Die Gene also. Ich kann nichts dafür. Für die Tatsache, dass ich älter werde, natürlich auch nicht. Das Festigkeitsgewebe unserer Haut nimmt mit den Jahren ab, der Körper baut die unter der Haut liegenden Fettkörper ab, wodurch wir an knackiger Straffheit einbüssen.
Das Gewebe sinkt ab, Falten werden sichtbar – auch und vor allem an den Wangen. Tja, kann man nichts machen. Oder doch? "80% der Hautalterung sind das Resultat externer Einflussfaktoren. Diese 80% haben wir also selbst in der Hand – der grösste Hebel ist hier unser Lifestyle", sagt die Everskin-Gründerin.
Prävention: Kleine Veränderungen, grosse Wirkung
Das Effektivste, was wir also gegen die Nasolabialfalte machen, sind kleine Änderungen des Lebensstils. Auch vorbeugend. Dazu gehört der richtige Lichtschutzfaktor. Saskia Rohrbach empfiehlt Sonnenschutzfaktor 50 plus – mit einem guten UVA- und UVB-Filter. "Das ist wirklich die beste langfristige Prävention gegen Falten", sagt sie.
Gesunde Ernährung und die richtige Hautpflege mit Vitamin C und Retinol sowie exfolierende, säurehaltige Cleanser mit Glykolsäure und Salicylsäure wirken dem Verfall ebenfalls entgegen. Ausserdem nicht zu unterschätzen: die richtige Schlafposition.
Seitenlage sollte wenn möglich vermieden werden, die quetscht die Wangen ein. Man könnte sich dazu rechts und links vom Körper einen Wall aus Decken auftürmen, um sich ja nicht umzudrehen. "Man muss aber einräumen, dass guter Schlaf für unsere Haut wichtiger ist als der manische Versuch, Falten zu verhindern", so Rohrbach. Sie fügt an: "Surprise, surprise: Man sollte auch nicht rauchen, wenn man straffe Haut will!" Dabei entstehen nämlich vom ständigen Nuckeln an der Zigarette zusätzlich Knitterfältchen um den Mund. Alkohol ist ebenfalls kontraproduktiv, man hat es bereits geahnt.
Was wirklich gegen die Nasolabialfalte hilft
Aber was tun, wenn akzeptieren keine Option ist? Auf Social Media geistern diverse Hacks durchs strenge Netz, die die Wangen ruckzuck anheben sollen. "Die Leute halten sich sehr schnell für sehr gut informiert durch ein Insta-Reel, das keine Minute dauert", so Rohrbach. Man sollte also nicht alles glauben, was man sieht.
Ein Beispiel: Auf TikTok wickeln sich Influencer:innen derzeit ganz eng Haargummis um die Ohren, um die Haut zurückzuziehen, Schwellungen zu reduzieren und einen kurzen Lifting-Effekt zu erzeugen. Spoiler: "Dieser Hack funktioniert nicht, da der Effekt sofort nach Entfernen des Gummis verschwindet. Der Vorgang kann die Hautelastizität langfristig schädigen und es kann zu Durchblutungsstörungen kommen", erklärt der Profi.
Face Yoga sieht die Expertin kritisch
Saskia Rohrbach rät ebenso vom sogenannten Face Taping ab, einer Technik, bei der Kinesio-Tape auf bestimmte Stellen des Gesichts geklebt wird, um die Haut dort zu entspannen und temporär stillzulegen. Es könne die Haut langfristig ausleiern und zu neuen Falten führen. Auch extremes Gesichtstraining wie Face Yoga, bei dem die Nasolabialfalte einfach wegtrainiert werden soll, sieht sie kritisch. Gezielte Übungen für die Wangenpartie können sanft straffen, aber extreme Mimik kann die Faltenbildung verstärken, bei falscher Anwendung kann der Muskeltonus sogar ungleichmässig werden.
Alles Humbug also? Ein klein bisschen kann tatsächlich im Schlaf erledigt werden: Auf einem Seidenkissen zu schlummern, verhindert mechanische Falten durch Druck, weil das Gesicht geschmeidig drüberrutscht. Auch spezielle Anti-Falten-Silikon-Pads können zumindest kurz Abhilfe schaffen. Diese werden nachts auf den Nasolabialbereich geklebt, um Feuchtigkeit einzuschliessen. Laut Rohrbach ist die Anti-Aging-Wirkung allerdings von kurzer Dauer: Sobald die Haut wieder Feuchtigkeit verliert, erscheinen die Falten wieder.
Zudem haben sie keine Wirkung auf Volumenverlust oder Hauterschlaffung, da sie nicht in tiefere Hautschichten eindringen. Auch gegen eine Gesichtsmassage mit Gua Sha oder Jaderollern sei nichts einzuwenden, weiss die Everskin-Gründerin. Diese Art der Lymphdrainage fördert die Durchblutung und kann leichte Flüssigkeitseinlagerungen reduzieren. Auf tiefe Falten habe sie jedoch keinen Effekt, da das Gewebe nicht wirklich gestrafft oder aufgefüllt wird.
Wenn gar nichts mehr hilft
Dafür muss man tatsächlich unter die Haut gehen: Vorbeugend und um erste Fältchen zu reduzieren, empfiehlt Saskia Rohrbach Medical Needling mit Radiofrequenz, das die körpereigene Kollagenproduktion zur Straffung der gesamten Gesichtshaut anregt.
Bei einer stärker sichtbaren Nasolabialfalte rät sie zu Biostimulation, einer Behandlung, die die Kollagenproduktion noch ein bisschen gezielter ankurbelt. "Hier steht uns ein wissenschaftlich fundierter Werkzeugkoffer zur Verfügung – dieser reicht von aus dem eigenen Blut zentrifugierten Wachstumsfaktoren bis hin zur Verwendung von Nukleotiden, also kleinen Eiweisspartikeln", so Rohrbach.
Ist die Wange schon zu sehr ins Wanken geraten, bleibt oft nur noch der Volumenaufbau mit Hyaluronsäure-Fillern. Richtig und vor allem behutsam angewendet, können sie die Haut gezielt straffen. Saskia Rohrbach warnt: "Allerdings besteht immer das Risiko, dass diese wandern und/oder zu viel Volumen aufbauen. Konkret bei der Nasolabialfalte wird häufig der Fehler gemacht, diese direkt zu behandeln, also die Falte selbst aufzufüllen. Hier gilt es eher, die Dynamik des Gesichts individuell zu betrachten und leicht an den Wangen oder dem Haaransatz aufzufüllen."
Ganz weg geht die Nasolabialfalte also wohl nie, wenn sie einem in die Wiege gelegt wurde. Und das ist vielleicht auch gut so. Möchte ich mir mein Erbe aus dem Gesicht massieren, kleben oder spritzen? Nein. Es abschwächen? Dagegen spricht nichts, finde ich.