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Das müsst ihr über zyklusbasiertes Training wissen

Gesundheit

Das müsst ihr über zyklusbasiertes Training wissen

Wenn wir den monatlichen Zyklus als Wegweiser nutzen, kann er uns helfen, unsere Energieressourcen besser einzuteilen. Wie man im Einklang mit den eigenen Hormonen trainieren kann, erklärt unsere Autorin Janine Friedrich.

Hormone beeinflussen unsere Leistungsfähigkeit. Das ist zunächst erst mal eines: Ganz normal! Es gibt Tage, an denen wir genug Energie haben, um uns so richtig auszupowern. An anderen Tagen wiederum fällt uns selbst unser Lieblings-Workout extrem schwer und wir haben kaum Kraft. Das liegt an den Hormonen Östrogen und Progesteron (wichtig: bei einem natürlichen Zyklus, der nicht durch hormonelle Verhütungsmittel beeinflusst wird).

Sie regeln den Menstruationszyklus, wirken sich auf unsere Stimmung aus und sind verantwortlich für die ganz normalen Leistungsschwankungen beim Sport. Wenn wir dieses Wissen nun sinnvoll nutzen, können wir unseren Zyklus unterstützen, indem wir unsere Sporteinheiten auf unsere hormonelle Situation anpassen und somit effektiver trainieren. Schluss also mit der Quälerei an leistungsschwächeren Tagen! Dafür ist es wichtig zu verstehen, was in den jeweiligen Zyklusphasen im Körper passiert.

Erster Teil der Follikelphase: Menstruation – der Zyklus-Winter (≈ Tag 1-5)

Der Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Periode. Sie findet im ersten Teil der Follikelphase statt. Die Hormone Progesteron und Östrogen sind jetzt am Tiefpunkt. Unser Körper wendet sehr viel Energie auf, um die abgestossene Gebärmutterschleimhaut auszuscheiden. Die Blutung kann daher mit Unterleibsschmerzen einhergehen. Der Zyklus-Winter lädt uns deshalb ein, uns genügend Ruhe und Entspannung zum Krafttanken zu gönnen.

Auch leichte Bewegung, zum Beispiel durch Yoga, Qigong, spazieren gehen und Stretching ist empfehlenswert und förderlich. Intuitives Tanzen ist ebenfalls eine super Idee, dadurch gelingt es, besser ins Spüren zu kommen. Auf intensives Krafttraining sollte hingegen unbedingt verzichtet werden, denn das bringt nicht nur den gesamten Hormonhaushalt durcheinander, sondern kann uns sogar nachhaltig schaden. Von Bauchtraining und Umkehrhaltungen ist ebenfalls abzuraten, da sie den natürlichen Fluss eher hindern.

Ernährungstechnisch können wir unseren Körper unterstützen, indem wir leicht verdaulich (gedünstetes Gemüse) und vor allem eisen-, kalzium- und magnesiumreich essen. Am besten schon einige Tage vor der Periode. Auch Vitamine und gesunde Fette (z. B. in Fisch, Avocado, Nüssen) sind in dieser Phase sehr wichtig. Bananen und dunkle Bitterschokolade (über 80 Prozent) beeinflussen durch die angestossene Serotoninproduktion zudem unsere Laune positiv.

Auch sogenanntes Seed-Cycling unterstützt den Zyklus zusätzlich: Durch das Essen bestimmter Samen wird der Hormonhaushalt auf natürliche Weise reguliert, hormonbedingte Beschwerden können gelindert und ein unregelmässiger Zyklus kann harmonisiert werden. Dafür einfach vom ersten Tag der Periode bis zu ≈ Tag 14 im Zyklus täglich einen Esslöffel Leinsamen und einen Esslöffel Kürbiskerne in ein beliebiges Gericht mischen.

Um die Bioverfügbarkeit der Inhaltsstoffe zu erhöhen und eine gute Aufnahme der enthaltenen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zu gewährleisten, sollten die Ölsaaten zerkleinert werden. Der hohe Lignangehalt in Leinsamen kann zudem schützend vor hormonabhängigen Brustkrebs wirken. In Studien wurde zudem nachgewiesen, dass die krebshemmenden Phytoöstrogene (Lignane) das Risiko verringert, Metastasen zu bilden.

Zweiter Teil der Follikelphase – der Zyklus-Frühling (≈ Tag 5-14)

Im Zyklusfrühling bereitet sich unser Körper wieder auf die mögliche Befruchtung vor und lässt an einem der Eierstöcke Follikel (Eibläschen) mit Eizellen heranreifen. Das follikelstimulierende Hormon (FSH) regt die Follikel dazu an, Östrogen zu produzieren. Parallel zum ansteigenden Östrogenspiegel hebt sich unsere Laune und unser Energielevel. Auch sind wir kreativer, kontaktfreudiger und selbstbewusster. Intensives Krafttraining, HIT-Workouts oder Spinning lohnen sich jetzt besonders, da die Muskulatur durch das ebenfalls ansteigende Estradiol (die wirksamste Form des Östrogens) besser auf Trainingsreize reagiert.

Drei bis vier Sporteinheiten pro Woche sind daher optimal. Diese energiereiche und leistungsstarke Phase hält etwa sieben bis zehn Tage, also bis zum Eisprung, an. Um unseren Körper beim Auspowern und Muskelaufbau zu helfen, braucht es ausreichend komplexe Kohlenhydrate und eine sehr proteinreiche Kost. Probiotische Lebensmittel (z. B. Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Kimchi) unterstützen zudem den starken Östrogenanstieg. Auch entgiftende Gemüsesorten sind eine super Wahl (z. B. Spargel, Artischocken, Brokkoli). Für Seed-Cycling: Leinsamen und Kürbiskerne.

Ovulation – der Zyklus-Sommer (≈ Tag 14-15)

Der Eisprung ist da! Estradiol, FSH und LH (luteinisierendes Hormon) erreichen nun ihren Peak. Infolgedessen reisst das Follikel. Die darin gereifte Eizelle wird dann über den Eileiter in Richtung Gebärmutter transportiert und ist maximal 24 Stunden befruchtungsfähig. Jetzt ist es am besten, nach Gefühl zu trainieren und genau auf unseren Körper zu hören. Die Workout-Intensität sollten wir daher wieder senken und auf leichteres Kraftausdauer- und Grundlagentraining setzen.

Wie essen? Eine zu zuckerreiche Ernährung kann zu einer Östrogendominanz führen. Daher rund um den Eisprung lieber auf Ballaststoffe (Artischocken, Pastinaken, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Vollkornbrot), viele Antioxidantien (Beeren) und kalziumreiches Gemüse wie Grünkohl, Lauch und Fenchel setzen. Anstatt rotem Fleisch lieber zu Omega-3-reichen Fischsorten wie Lachs und Nüssen für den Proteinbedarf greifen.

Für Seed-Cycling: Ab dem Eisprung bis zum letzten Tag vor der nächsten Periode werden täglich je ein Esslöffel Sesam und Sonnenblumenkerne gegessen. Auch hier gilt es, diese wieder gut zu zerkleinern und zum Beispiel in den Porridge oder in die Gemüsepfanne mischen. Für maximal positive Effekte sollte Seed-Cycling langfristig in die Ernährung mit eingebunden werden.

Lutealphase – der Zyklus-Herbst (≈ Tag 15-30)

Im Zyklus-Herbst befinden wir uns in der Lutealphase. Diese letzte Phase beginnt direkt nach dem Eisprung und endet, falls keine Befruchtung erfolgt ist, unmittelbar vor dem Einsetzen der nächsten Periode. Nach dem Eisprung bildet der nun leere Follikel einen Gelbkörper, welcher das Hormon Progesteron erzeugt. Das steigende Progesteron führt bei uns zu einem sinkenden Energielevel und dient vor allem dazu, die Gebärmutter auf das potenzielle Einnisten eines Embryos vorzubereiten. Auch der Östrogenspiegel steigt wieder etwas an, wodurch sich die Gebärmutterschleimhaut verdickt.

Im Falle der Nichtbefruchtung kommt es nach circa 14 Tagen zu einer Rückbildung des Gelbkörpers. Der Östrogen- und Progesteronspiegel sinkt stark und mit dem erneuten Zyklusbeginn werden die oberen Schichten der Gebärmutterschleimhaut abgestossen. In den Tagen vor «den Tagen» fühlen wir uns durch den Hormonabfall oft gereizt und erschöpft, einige kämpfen mit PMS. Jetzt sollten wir auch die Workout-Intensität wieder reduzieren und auf weniger und leichtere Trainingseinheiten setzen.

Anstrengendes Kraft- und Ausdauertraining ist bei der sowieso leicht erhöhten Körpertemperatur keine gute Idee und kann auch wieder dem Hormonhaushalt schaden. Lockere Bewegung hingegen kann PMS sogar vorbeugen und hilft bei Stimmungsschwankungen. Auch ein angepasster Ernährungsplan kann unterstützen: Komplexe Kohlenhydrate, wie zum Beispiel in Vollkornprodukten und Süsskartoffeln sättigen und geben uns die Energie, ohne dabei unseren Blutzuckerspiegel negativ zu beeinflussen.

Wichtig in dieser Phase: Keine Kalorienmängel entstehen lassen. Zur Unterstützung der Hormone – her mit den B-, C-, und E-Vitaminen (Weizenkeimöl) und allem, was die Aminosäure L-Arginin enthält! Letztere ist besonders in Erdnüssen, Mandeln, Sojabohnen sowie in Meeresfrüchten enthalten. Zucker, Alkohol und Koffein besser bleiben lassen und auch Stress vermeiden, da Cortisol die Progesteron-Produktion hemmt. Für Seed-Cycling: Sesam und Sonnenblumenkerne. Im Endeffekt ist es gar nicht so schwer, mit dem Zyklus zu trainieren. Unser Körper sagt uns schon, was er wann braucht und wann etwas leichter bzw. schwerer fällt. Wir müssen nur (wieder) lernen, darauf zu hören.

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Tipps für Einsteiger:innen

1.

1.

Beobachte dein Energielevel

Nimm beim nächsten Zyklus mal ganz bewusst deine verschiedenen Energielevel in den unterschiedlichen Phasen wahr. Aufschreiben hilft! An welchen Tagen war das Workout anstrengender? Wann hattest du weniger Ausdauer und Muskelkraft, wann mehr? Haben dabei noch andere Faktoren als deine hormonbedingte Leistungsfähigkeit eine Rolle gespielt? Zwingst du dich auch im Leistungstief so zu trainieren wie während deiner Hochphase und wenn ja, warum?

2.

2.

Probiere Sportarten aus

Frage dich, welche lockeren Sportarten dir zum Beispiel während deiner Tage guttun würden. Probiere sie aus und binde sie mit in deinen Trainingsplan ein. Es geht darum, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, eventuell sogar ungesunde Muster zu entdecken und entsprechend darauf zu reagieren.

3.

3.

Lass dir Zeit

Gehe Schritt für Schritt vor und gib deinem Körper Zeit, sich anzupassen und einen neuen, natürlicheren Flow zu finden. Mache dir bewusst, dass du deinen Körper am besten unterstützt, indem du auf ihn hörst – so erzielst du auch die besten Trainingseffekte. Der Menstruationszyklus wie auch die sportliche Leistungsfähigkeit unterscheidet sich ausserdem von Person zu Person und kann auch von Monat zu Monat etwas variieren – unsere Körper sind schliesslich keine Maschinen. Wichtig: Wer hormonell verhütet und somit keinen natürlichen Zyklus hat, sollte ebenso auf die eigenen Bedürfnisse, Hoch- und Tiefphasen und eine ausgewogene Ernährung achten.

4.

4.

Achte auf Signale deines Körpers

Ernährungstechnisch kannst du erst mal ein, zwei neue Lebensmittel oder Gerichte in die jeweilige Zyklusphase integrieren. Direkt alles von heute auf morgen umzustellen, macht nur wenig Sinn und kann sehr schnell überfordern. Achte auch hier immer wieder auf die Signale deines Körpers. Wie fühlst du dich nach dem Essen? Welche Lebensmittel tun dir gut, welche geben dir Energie? Je mehr du die Bedürfnisse deines Körpers wahrzunehmen lernst, desto leichter wird es dir auch mit der Zeit fallen, darauf zu hören.

Janine Friedrich beschäftigt sich mit Themen rund um Sexualität, Zyklus und Körperwahrnehmung. Sie entschied sich vor zwei Jahren bewusst gegen eine weitere Hormonspirale und für die natürliche Verhütung. Seither kann sie ihren Körper in den unterschiedlichen Phasen optimal unterstützen.

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