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Fasten, Zellen-Booster und Power-Food: Diese Methoden versprechen ein längeres Leben

Gesundheit

Fasten, Zellen-Booster und Power-Food: Diese Methoden versprechen ein längeres Leben

Die Forschung gibt ihn nicht auf, den alten Traum vom ewigen Leben. Was sind die neusten Methoden und Forschungsansätze in Sachen Ernährung und Wellbeing – und was kann man sich von ihnen erhoffen?

F-d-H

Ja, mit FdH ist hier tatsächlich «Friss die Hälfte» gemeint. Eine der ältesten bekannten Methoden, die Lebensspanne von Tieren zu verlängern, besteht darin, diese hungern zu lassen. Etliche Versuche zeigen: Ein deutliches Minus an Kalorien – bei Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen – erhöht die Lebensdauer, aber auch die gesunden Lebensjahre von Hefen, Fruchtfliegen, Fischen, Ratten, Mäusen, Hamster und wahrscheinlich auch Hunden. Denn regelmässiges Fasten fördert die sogenannte Autophagie. Erhalten sie keinen Treibstoff von aussen, beginnen die Zellen ein Recyclingprogramm: Sie bauen beschädigte Zellstrukturen ab, um diese zu verwerten. Dieses Grossreinemachen beugt Alterskrankheiten vor. Nun haben Labortiere jedoch keine Wahl, wie viel Futter sie zu sich nehmen. Menschen hingegen schon. Aus diesem Grund ist die Studienlage bei Menschen noch nicht so gut, wie sie sein könnte. Dennoch ist diese Methode aus wissenschaftlicher Sicht bislang die sicherste Bank, das Altern auszubremsen – wenn auch wenig lustvoll.

Plazebo-Hungern

Manche Menschen lassen sich nur schwer fürs Fasten begeistern. Forschende suchen deshalb nach Wegen, den Zellen das verjüngende Hungern vorzugaukeln. Ein Wirkstoff, der das kann, ist Rapamycin. Er wurde 1964 auf der namensgebenden Osterinsel Rapa Nui entdeckt und entpuppte sich als echte Wunderdroge: Unter anderem drosselt Rapamycin das Immunsystem und verhindert so zum Beispiel, dass der Körper nach einer Transplantation das fremde Organ abstösst. Es interagiert aber auch mit dem Proteinkomplex Mtor. Wenn wir essen, wird dieser aktiviert und signalisiert der Zelle, dass sie wachsen und sich teilen soll. Fasten wir, schaltet dies Mtor ab. Die schützende Autophagie beginnt. Hemmt man Mtor in Würmern oder Mäusen, steigert das ihre Lebensspanne. Beim Menschen zeigt Rapamycin leider Nebenwirkungen wie Aphthen im Mund, Durchfall oder Ödeme. Da es zudem das Immunsystem unterdrückt, besteht langfristig immer die Gefahr schwerer Infektionen. Als Anti-Aging-Hoffnung gelten deshalb neuere Wirkstoffe, welche die positiven Effekte von Rapamycin kopieren, aber besser verträglich sind.

Zellen-Booster

Dreissig Sekunden – so lang könnte ein Mensch Schätzungen zufolge ohne Nicotinamidadenindinukleotid überleben. Also ungefähr so lang, wie man braucht, den Namen des Enzymbestandteils zu entziffern, weshalb sich die Abkürzung Nad (auch: Nad+) durchgesetzt hat. Nad ist an etlichen zellulären Prozessen beteiligt, darunter auch Reparaturarbeiten der Zellen. Diese werden von den sogenannten Sirtuinen überwacht – beim Menschen, aber auch in schlichter gestrickten Lebensformen wie beispielsweise Hefe. Forschende stellten in den Neunzigern fest, dass diese umso länger lebt, je aktiver ihr Sirtuin ist. Bisher liess sich diese Erkenntnis auf Würmer, Taufliegen und in einigen Versuchen auch auf Nagetiere übertragen. Die Aktivität der Sirtuine ist abhängig davon, wie viel Nad ihnen zur Verfügung steht. Beim Menschen nimmt dessen Level in den Zellen mit fortschreitendem Alter ab. Wer es boosten möchte, kann Nad und seine Vorstufen als Anti-Aging-Wirkstoff kaufen. Wie sinnvoll das ist, ist wegen der potenziell krebsfördernden Eigenschaften noch umstritten. Zumindest Nikotinamid-Ribosid (NR) scheint jedoch unbedenklich, wenn man es nicht länger als acht Wochen am Stück einnimmt.

Diabetes-Medi

Manchmal erleben auch Wirkstoffe eine zweite Jugend. So wie Metformin. Das Diabetesmedikament ist seit sechzig Jahren auf dem Markt, kein anderes wird weltweit häufiger verschrieben. Erstaunlicherweise zeigte sich in Langzeitstudien, dass Diabetiker:innen, die Metformin nehmen, länger leben als Nichtdiabetiker:innen, die es nicht nehmen. Es scheint vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und kognitiven Erkrankungen zu schützen. Weil es schon so lang auf dem Markt ist, ist das Patent des Medikaments abgelaufen. Das macht es einerseits günstig – aber andererseits für Pharmaunternehmen uninteressant, was die Finanzierung von Studien erschwert. Bekannte Altersforscher wie Nir Barzilai oder David Sinclair glauben jedoch fest an seine Wirkung. So fest, dass sie es nach eigenen Aussagen selbst einnehmen.

Hormon-Mix

Sie haben mehr Bauchfett und weniger Muskelmasse. Ihre Knochen sind fragiler. Oft ist ihr Cholesterinspiegel erhöht. Viele der Symptome, die bei Menschen mit einem Wachstumshormonmangel auftreten, assoziieren wir mit dem Altwerden. Das machte Somatropin schon früh zum vielversprechenden Kandidaten in der Anti-Aging-Medizin. Das Wachstumshormon wird von der Hirnanhangsdrüse gebildet. Ab dem dreissigsten Lebensjahr sinkt die Produktion deutlich ab. Versuche, mit Somatropin-Injektionen das Altern aufzuhalten, gelten als riskant: Zu viel des Hormons fördert Diabetes und möglicherweise auch Krebs. 2019 präsentierte der US-Altersforscher Greg Fahy jedoch eine erstaunliche Studie: Mit einem Mix aus Somatropin, dem Hormon Dhea und dem Diabetes-Medikament Metformin habe er bei neun Männern den Thymus regeneriert, was deren Körper im Schnitt um 2.5 Jahre verjüngte. Der Thymus ist ein Organ, das für die Ausbildung des Immunsystems zuständig ist, im Alter aber verfettet. Die kleine Studie fand weltweit grosse Beachtung. Nun will Fahy sie mit 85 Probanden wiederholen, darunter auch Frauen. Freiwillige werden noch gesucht.

Gen-Schere

Altern ist ein komplexer Prozess, an dem viele Gene beteiligt sind. Manche jedoch mehr als andere. Mit der sogenannten Crispr/Cas9-Methode, einer Art Gen-Schere, können solche altersregulierenden Gene im Erbgut gezielt angesteuert und abgeschaltet werden. Bei Fischen und Mäusen liessen sich Alterungsprozesse damit bereits erfolgreich manipulieren. Noch gilt Crispr aber nicht als sicher genug, um damit an menschlicher DNA herumzuschnibbeln.

Power-Food

Unsere Zellen haben einen Selbstzerstörungsmechanismus. Sind sie irreparabel geschädigt oder zu alt, um sich weiter zu teilen, lösen sie ihn aus und schaffen so Platz. Oder sie senden ein Signal an das Immunsystem, das sie dann entfernt. Sogenannte seneszente Zellen tun weder noch. Sie verharren und verursachen dadurch Entzündungen, die Alterskrankheiten begünstigen. Man nennt sie deshalb auch Zombie-Zellen. Ein Wirkstoff, der diese Zellen gezielt abtötet, ist das Krebsmedikament Dasatinib. In der Altersforschung wird es in Kombination mit Quercetin erprobt, einem Stoff, der zum Beispiel in Apfelschalen, Zwiebeln oder Broccoli vorkommt. Auch Fisetin, das in zahlreichen Früchten, vor allem aber in Erdbeeren zu finden ist, gilt als wirksames Senolytikum. Von Krebsmedikamenten lässt man als gesunder Mensch besser die Finger. An der Salat- und Obsttheke kann man sich aber bedenkenlos bedienen.

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