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Keusch in die Ehe: Der Dok-Film «Virgin Tales» erzählt vom Warten auf den besten Sex der Welt

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Keusch in die Ehe: Der Dok-Film «Virgin Tales» erzählt vom Warten auf den besten Sex der Welt

  • Interview: Barbara LoopFoto: Peter Hauser

Den besten Sex der Welt gibts erst in der Ehe – als Lohn für eiserne Keuschheit zuvor. In ihrem Dokfilm berichtet Mirjam von Arx vom Jungfrauenkult, dem evangelikale Christen in den USA neuerdings huldigen.

Als Jungfrau in die Ehe gehen: Das wollen immer mehr Mädchen in den USA. An sogenannten Purity Balls tun sie diesen Willen feierlich kund. Erfunden haben diese Zeremonien weiblicher Unbeflecktheit Lisa und Randy Wilson aus Colorado Springs. Die Zürcher Filmemacherin Mirjam von Arx hat die Wilsons und ihre sieben Kinder während zweier Jahre immer wieder besucht. Mit «Virgin Tales» kommt ein eindrücklicher Dokumentarfilm über das Leben und Weltbild einer streng gläubigen Familie in die Schweizer Kinos.

Mirjam von Arx, die Wilsons glauben, dass Gott für jeden einen Ehepartner bestimmt und dass selbst Küsse nur in der Ehe erlaubt sind. Sind das nicht einfach religiöse Eiferer?
Das ist eine extreme Vorstellung von Keuschheit. Aber es geht dabei um mehr: Keuschheit ist kein rein körperliches, sondern auch ein geistiges und politisches Phänomen. Der Einfluss der religiösen Rechten in Amerika darf nicht unterschätzt werden. Das zeigt sich auch im Wahlkampf um die Präsidentschaft. Ein Viertel der Amerikaner gehört einer Kirche mit evangelikalen Wurzeln an. Viele von ihnen sind gegen Abtreibung, gegen Homosexuelle und für den Krieg. Auch in der Schweiz gibt es evangelikale Christen. Es sind zwar nicht so viele, aber im Vergleich zu den Mitgliedern der Landeskirchen sind sie viel aktiver.

Die evangelikalen Freikirchen wachsen in der Schweiz stärker als andere Glaubensgemeinschaften. Grund dafür ist unter anderem ihr Missionierungseifer. Hatten Sie nie Angst, dass auch die Wilsons Ihren Film zu diesem Zweck einsetzen?
Sicher. Die Wilsons wissen genau, dass ihre Ansichten auf viel Widerstand stossen. Aber wenn nur ein Zuschauer in der Art, wie sie leben, etwas Gutes für sich selbst findet, hat es sich für sie schon gelohnt. Das ist Teil von Gottes Auftrag.

Ihr Film ist Gottes Auftrag?
Ja, wie die meisten Evangelikalen verstehen auch die Wilsons die Bibel wörtlich. Sie finden für alles Mögliche Bibelstellen mit praktischem Rat. So stand es in der Bibel, dass sie diesen Film machen müssen, und auch, dass sie die Purity Balls ins Leben rufen sollen.

Die Purity Balls werden bereits in 48 US-Bundesstaaten regelmässig durchgeführt. Bald soll es sie auch in Australien geben. Warum schwören schon kleine Mädchen, dass sie als Jungfrau in die Ehe gehen werden?
Die pompösen Bälle sind Teil einer Märchenwelt, in der Mädchen Prinzessinnen und Buben Krieger sind. Das hat etwas extrem Verführerisches. Da gibt es einen Ball, du kriegst ein schönes weisses Kleid, der Papi begleitet dich, du stehst im Mittelpunkt. Welches Mädchen fände das nicht toll? Wenn du zehn Jahre alt bist, ist das doch super.

Aber wenn du wie die drittälteste Tochter Jordyn Wilson 23 Jahre alt, ungeküsst und Jungfrau bist, dann wird es schwierig.
Ja, dann beginnt die Prüfung. Dank dem Videotagebuch, das Jordyn für uns geführt hat, wird klar, wie schwierig die Situation für sie ist. Aber das Warten wird ja belohnt

Womit denn?
Mit einem von Gott auserwählten Mann und mit tollem Sex. Die Wilsons sind nicht prüde. Sex finden sie super. Die evangelikalen Bewegungen haben viel gelernt aus der ersten sexuellen Revolution. Die Purity-Bewegung ist Teil einer zweiten sexuellen Revolution.

Wie meinen Sie das?
Die sexuelle Revolution der Sechzigerjahre propagierte freie Liebe und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die evangelikale Bewegung hat gemerkt, dass Sex zu wichtig ist, um ihn zu verbieten. Diese zweite sexuelle Revolution fordert Keuschheit und verspricht gleichzeitig den besten Sex der Welt.

Das haben uns die Achtundsechziger auch versprochen.
Ja, aber inzwischen leben wir in einer übersexualisierten Welt, in der Pornografie allgegenwärtig ist. Selbst Waschmittel wird mit Sex beworben. Heute muss man gut aussehen, sich gut kleiden und gut im Bett sein. Die Purity- Bewegung versucht, etwas Druck wegzunehmen.

Ist die Purity-Bewegung in dieser Hinsicht eine Emanzipationsbewegung?
Das kann man diskutieren. Die Wilsons behaupten von sich, dass sie die Frauen sehr achten. Sie sagen Dinge wie: «Wir erziehen unsere Töchter zu selbstbewussten Frauen, die wissen, dass sie nicht die Beine breit machen müssen, um geliebt und geachtet zu werden.» Der Satz könnte auch von einer Feministin stammen.

Aber selbstbestimmt ist das auch nicht.
Ja, da liegt für mich genau das Problem. Wenn sich eine Sechzehnjährige bewusst entscheidet, dass sie keusch leben will, dann habe ich damit kein Problem. Aber religiöse Fundamentalisten lassen ihren Kindern diese Wahl nicht. Die Wilsons leben abgeschottet, die Kinder werden zuhause unterrichtet, Freunde haben sie nur innerhalb der Kirche. Alles, was sie über andere Lebensweisen wissen, ist negativ gefärbt. Ihre Eltern erzählen ihnen, dass nur Keuschheit zuverlässig vor Aids schütze und auf Kondome kein Verlass wäre. Das ist unverantwortbar. Man soll den Kindern das Wissen und die richtigen Fakten geben, damit sie selber entscheiden können.

Es gibt auch bei uns Stimmen, die sich gegen den Aufklärungsunterricht in Schulen wehren. Das Initiativkomitee zum «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» sammelt derzeit Unterschriften.
Das ist erschreckend. Sollte diese Initiative Erfolg haben, dann dürfen Lehrer bald nur noch mit Schülern ab dem zwölften Lebensjahr über Sexualität sprechen. Und selbst dann nur im streng biologischen Sinn. Wenn Kindergärtner schon Handys haben und zwangsläufig über Pornografie stolpern werden, dann ist es doch ihr Recht, darüber informiert zu werden. Das ist ein Grund, warum die Wilsons auch uns in der Schweiz etwas angehen.

Gibt es Neuigkeiten von den Wilsons?
Jordyn, die drittälteste der Wilson-Töchter, hat kürzlich geheiratet.

Wo hat sie ihren Ehemann gefunden?
Sie hat ihn nicht gefunden. Da Gott ihren Ehepartner für sie aussucht, blieb ihr nur das Warten.

Stimmt. Wie kams?
Sie trafen sich in der Kirche. Natürlich.

Ab 7. 6.: «Virgin Tales» von Mirjam von Arx
www.virgintales.com

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