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Kolumne «Single Way»: Was mache ich mit all den Zahnbürsten?

Liebe & Sex 

Kolumne «Single Way»: Was mache ich mit all den Zahnbürsten?

Unsere Autorin Rebekka Bräm sinniert in ihrer Single-Kolumne «Single Way» in loser Folge über das Singleleben Anfang dreissig. Dieses Mal: Was Zahnbürsten mit Promiskuität zu tun haben.

Man sollte seine Partner nicht öfter wechseln als seine Zahnbürsteli, meine kommen nämlich in Paaren und ich bin immer grün. Mehrere Zahnbürsten aufs Mal zu kaufen war ein grosser Schritt für mich. Es markierte den Wechsel von der passiven, unterschwellig überraschten Beischläferin zur Promiskuitäterin, die auf alle Eventualitäten vorbereitet ist. Um die Tragweite des Augenblicks zu unterstreichen, belud ich das Förderband zusätzlich mit ein paar Packungen Kondomen und blickte der Verkäuferin wohl etwas zu herausfordernd ins Gesicht.

Jemandem eine Zahnbürste zu überreichen und diese im ernüchternden Licht des nächsten Morgens nicht direkt wegzuwerfen, hat etwas äusserst Hoffnungsvolles. Wenn ich abends arbeitsmüde oder frühmorgens zerknittert meine Zähne putze, werde ich von nun an lächelnd an dich denken. Du bist mein Komplize, das Blau zu meinem Grün – vielleicht für eine Woche, vielleicht für einen Monat, vielleicht für immer.

Und nach dieser Woche, diesem Monat, kommt die kathartische Handlung des Entsorgens. Erst bleibt die Zahnbürste ein paar Tage stehen, als äussere Manifestation meines Innenlebens. Wer weiss, vielleicht kratzen wir die Kurve ja doch noch. Dann aber macht sie einer neuen Platz. Dieser Turnus beschränkt sich nicht aufs Badezimmer, sondern befällt die gesamte Wohnung. Man trinkt Weine von Verflossenen mit Aktuellen, deren Weine man mit Zukünftigen geniessen wird. Man bezieht Betten neu. Man löffelt Joghurt, welches man nicht für sich selbst gekauft hat und besitzt einen Grundstock an Kaffee, obwohl man Kaffee nicht einmal mag. Habe ich dir diese Geschichte schon erzählt? Ich ertappe mich dabei, wie ich Witze wiederverwerte, und muss mich konzentrieren, die Männer auseinanderzuhalten. Warst das du mit der Mutter, die Psychologin ist?

Ich trage aber auch bei jeder noch so flüchtigen Begegnung Informationen zusammen. Informationen darüber, wen ich an meiner Seite sehe und wen nicht. Informationen über den endgültigen Besitzer des blauen Zahnbürstelis.

Rebekka Bräm ist Sängerin und Kulturmanagerin. An dieser Stelle sinniert sie in loser Folge über das Singleleben Anfang dreissig.

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