
Reformer-Pilates oder Running Club: 5 Trendsportarten im Selbsttest
Weil Wrestling mit dem inneren Schweinehund nicht zählt: Die Redaktion hat in Zürich gehypte Sportarten getestet – von Fitnessboxen über Indoor Cycling bis zum Running Club.
- Von: Sandra Brun, Niklaus Müller (Redaktion)
- Bild: Marcel Rickli
Fitnessboxen bei Lucky Punch
So war mein erstes Mal: Es tönt nach Nachtclub im «Lucky Punch» in der Zürcher Europaallee und das sagt mir schon mal zu. Dunkler Raum, wummernder Bass. Man sei mit sich selbst beschäftigt und nicht mit den anderen Boxer:innen, das wurde mir versprochen. Gruppentraining vor dem Spiegel und damit einhergehende Vergleiche mag ich nämlich überhaupt nicht. Und tatsächlich, mir ist schnell egal, wer da neben mir einen letzten Schluck Wasser trinkt und Handschuhe montiert, bevor es losgeht. Alle tragen Kopfhörer, darin nur die Stimme der Instruktorin und eben laute Musik. Anfangs muss ich dann doch noch rasch rechts und links schauen, welche Punches es gibt, wie man richtig steht, welche Abfolge jetzt gerade dran ist. Nach einigen Minuten komme ich aber in meinen eigenen Flow und platziere immer sicherer meine Schläge. Als ich gerade richtig Gefallen gefunden habe, wird gewechselt: Die Trainierenden an den Boxsäcken gehen rüber zu den Hanteln, Kettlebells und Bodybändern. Eine Runde Krafttraining, bevor es wieder an den Boxsack und nochmals auf den Boden geht, wo ich dann nur noch die Hälfte der Übungen und auch die nur noch halbwegs schaffe: Es ist anstrengend, aber auf eine gute Art. Am Schluss fühle ich mich ausgepowert – und leichter, befreiter. – Sandra Brun (39), Beauty-Redaktorin
Was ist es? Eine Mischung aus Box- und Krafttraining
Für wen ist es geeignet? Tatsächlich für alle – man kann gut Pausen machen, entsprechend seiner Kondition mittrainieren und es macht Spass, alles am Boxsack rauszulassen.
Anfänger:innentipp: Zuerst eine Technikstunde besuchen, da werden die Abfolgen ausführlich erklärt
Ausrüstung: Sportbekleidung – Handschuhe und Tücher werden zur Verfügung gestellt
Kosten: 38 Fr. pro Stunde, Monatsabo ab 128 Fr.
Reformer-Pilates bei A23
So war mein erstes Mal: Wirklich sportlich war ich noch nie. Schon als Kind hasste ich Turnstunden und fand auch als Jugendlicher keine Sportart, die ich ausüben mochte. Jetzt, mit Sechzig plus, merke ich ein gewisses Manko sowohl bei der Ausdauer als auch beim Muskelerhalt. Daher kam die Möglichkeit, Reformer-Pilates zu testen, gerade richtig. Im hellen, geräumigen Studio A23 mitten in Zürich empfängt mich Besitzerin Ambra Dalla Mora und zeigt mir das Gerät, auf dem ich gleich die Übungen machen werde: Der Reformer ist eine Art eisernes Bettgestell mit einer beweglichen Fläche in der Mitte. Diese und das eigene Gewicht bewegt man bei den Übungen. Zuerst liege ich auf dem Rücken und schiebe mich mit den Beinen weg. Später, liegend, sitzend und kniend, ziehe ich mich mit meinen Armen oder Beinen hin und her. Es ist eine ruhige, sanfte, gleitende, aber auch fordernde Abfolge von Übungen, die fast alle Muskelgruppen beansprucht. Unter genauer Anleitung wird der ganze Körper unaufgeregt und langsam, aber durchaus intensiv und gründlich bewegt. Die Muskeln, bei mir vor allem die Bauchmuskeln, kommen an ihre Grenzen und bedanken sich am nächsten Tag mit einem heftigen Muskelkater. – Niklaus Müller (64), Beauty-Chef
Was ist es? Ein Ganzkörpertraining auf einem Reformer genannten Gerät
Für wen ist es geeignet? Für alle, die Kraft, Beweglichkeit und Koordination trainieren wollen. Am besten in Einzelstunden oder kleinen Gruppen
Ausrüstung: Lockere Sportbekleidung und rutschfeste Socken
Kosten: Gruppenklassen (mit maximal sechs Teilnehmenden) 43 Fr. pro Lektion, Einzelunterricht 145 Fr.
Ballett-Workout bei Ballett Body Sculpture
So war mein erstes Mal: Als Kind wollte ich Ballerina werden, scheiterte aber an der Hand-Fuss-Koordination und an mangelnder Grundsportlichkeit. Ich wage mich darum gleichermassen angst-wie sehnsuchtsvoll zum Ballett-Workout bei Ballett Body Sculpture und rolle neben den anderen Teilnehmerinnen meine Matte aus. Wir müssen Arme und Beine gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen bewegen, dehnen, beugen und strecken. Da ich mich schüchtern in der hintersten Reihe positioniert habe, kann ich die Bewegungen der Lehrerin nicht sehen. Folglich fragt sie mich vor jeder Übung besorgt: «Ist für dich alles klar?» Ich unterdrücke einen Fluchtimpuls, während aus der Boombox ein Piano-Cover von Ed Sheerans «Perfect» schallt. Es folgen Übungen an der Ballettstange. Nach einer Weile verstehe ich die Abläufe, erste Position, zweite Position, dritte Position, Plié. Am Schluss gibt es eine Choreografie im Raum, einen Moment lang fühle ich mich leicht und beschwingt. Danach habe ich einen Krampf in beiden Beinen bis in die Zehenspitzen. – Darja Keller (30), Volontärin
Was ist es? Ballet Body Sculpture (andernorts auch Barre Workout oder Ballett-Fitness genannt) ist eine Mischung aus Ballettübungen sowie Kraft- und Dehneinheiten
Für wen ist die Sportart geeignet? Der besuchte Kurs Ballett-Workout ist vor allem für Leute geeignet, für die «plié, relevé, jeté» keine Fremdwörter sind. Für absolute Anfänger:innen gibt es Ballett-Basics sowie Stretching & Body Conditioning
Ausrüstung: Normale Sportbekleidung reicht aus. Ballettschläppchen sind ein Plus, Socken gehen auch
Kosten: Ca. 35 Fr. pro Stunde, Monatsabo ca. 200 Fr.
Indoor Cycling bei Open Ride
So war mein erstes Mal: In meinem früheren Leben hatte ich die Kondition einer Schaufel und konnte mit Sport nichts anfangen. Mittlerweile bin ich fit, trainiere regelmässig und probiere gern neue Sportarten aus. Jetzt also Indoor Cycling bei Open Ride. Bei Club-Beleuchtung trainiert man hier auf einem Indoor-Bike den gesamten Körper. Was soll da schiefgehen? Ein Mitarbeiter eilt mir freundlich zu Hilfe, als ich an den Hebeln schraube, um vor der Lektion mein Bike einzustellen. Guter Dinge schnalle ich mir Gewichte an die Handgelenke, ehe die 45 Minuten Training beginnen. Das Versprechen der «Climax»-Lektion: Spass und Ekstase. Der Raum wird dunkel, die Beleuchtung setzt ein. Wir erheben uns vom Sattel, radeln in anspruchsvollem Tempo zum Techno-Beat. Wie anstrengend das Workout ist, überrascht mich dann doch: Ich reisse mir bereits nach etwa neunzig Sekunden die Gewichte von den Handgelenken. Mein Herzrhythmus beginnt, mir Sorgen zu machen, der Schweiss fliesst in Strömen – und wir sind gerade mal mit der Aufwärmphase fertig. Hilfe! Ich versuche, den Anweisungen zu folgen, begreife sie erst mit der Zeit. Als ich endlich das Gefühl habe, gut im Sattel zu sitzen, ist die Lektion vorbei. Zugegeben, Ekstase verspürte ich keine. Dafür war ich zu sehr mit Überleben beschäftigt. Aber es tat richtig gut, so ins Schwitzen zu kommen. – Vanja Kadic (34), Co-Leiterin Digital
Was ist es? Indoor Cycling with a twist – in zwei Varianten: das von mir besuchte Climax, bei dem man zum Rhythmus der Musik fährt, und Commit, bei dem man sich mit anderen Teilnehmer:innen misst
Für wen ist es geeignet? Fitness-Begeisterte, die eine solide Ausdauer und Lust haben, sich auszupowern – und keine absoluten Sportanfänger:innen sind
Ausrüstung: Sportbekleidung. Für Veloschuhe und Handtuch ist gesorgt
Kosten: 39 Fr. pro Lektion
Running Club bei She Runs
So war mein erstes Mal: Angeblich sind Running Clubs die besseren Dating-Plattformen. Das probieren wir aus, überrede ich meinen inneren Schweinehund, und lasse den mehrfach verworfenen Vorsatz, eine Jogging-Routine zu etablieren, wieder auferstehen. Bevor ich aber ernsthafte Dating-Ziele verfolge, gebe ich mein Jogging-Comeback in der All-Girls-Laufgruppe She Runs. Ich zähle etwa dreissig junge Frauen, die draussen einen unförmigen Kreis bilden, und quetsche mich für die Aufwärmübungen dazwischen. Dann gehts los, eine nach der anderen joggen wir Gründerin Romy Hansen für den fünf Kilometer langen «Social Run» hinterher. Meine Arme schwingen im Rhythmus meiner rennenden Beine. Ich fühle mich sicher wie ein Tier inmitten seiner Herde. Während ich das plauder-freundliche Tempo der Joggerin vor mir übernehme, halten mich jene hinter mir davon ab, dem Reiz einer Verschnaufpause zu verfallen. Nicht mal, als die Hügel-Steigung Puls und Hitze im Körper erhöht, ist an Abbruch zu denken. Gut dreissig Minuten später – frisch ausgedehnt und ohne Seitenstechen – sitze ich verschwitzt, aber entspannt beim letzten Programmpunkt: Kaffeetrinken. – Vanessa Vodermayer (28), Social Media Editor
Was ist es? Ein geführter Running Club
Für wen ist es geeignet? Der «Social Run» richtet sich an Frauen aller Ausdauer-Levels, es gibt verschiedene Streckenlängen, das Lauftempo liegt bei rund sieben Minuten pro Kilometer
Ausrüstung: Laufschuhe und wetterkonforme Joggingbekleidung. Wer es professioneller angehen will, besorgt zusätzlich Trailweste und Smartwatch, um das eigene Tempo zu tracken
Kosten: Keine, die Anmeldung läuft über die Social-Media-App Strava