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Zweimaleins – Wie gleich sind eineiige Zwillinge wirklich?

Body & Soul

Zweimaleins – Wie gleich sind eineiige Zwillinge wirklich?

  • Fotos: Elisabeth RealInterviews: Stefanie Rigutto

Was unterscheidet eineiige Zwillinge voneinander? Wir haben sieben Paare fotografiert und getrennt befragt.

Wir haben sieben Paare fotografiert und getrennt befragt.

Einst betrachtete man sie als Teufelswerk, heute gelten Zwillinge als etwas Spezielles. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie verachtet, nicht selten gar getötet, heute verdanken wir der Zwillingsforschung essenzielle Rückschlüsse auf unser Erbgut und die Bedeutung der Sozialisierung. Während des Zweiten Weltkrieges missbrauchte man sie für grausame Experimente, heute verehren wir Zwillinge, sind von ihnen fasziniert. «Das doppelte Lottchen» zum Beispiel, das Kinderbuch von Erich Kästner, wurde bereits zehn Mal verfilmt – welcher Roman kann das schon von sich behaupten?

Weltweit ist im Schnitt jede 40. Geburt eine Zwillingsgeburt, wobei man enorme regionale Unterschiede beobachtet: In Japan ist nur jede 100. Geburt eine Zwillingsgeburt, bei den Yoruba hingegen – eine Ethnie, die vorwiegend in Nigeria lebt – ist es jede 6. Geburt, die höchste Rate. In der Schweiz kommen jährlich rund 1200 Zwillinge zur Welt, etwa jede 65. Geburt ist damit eine Zwillingsgeburt. Tendenz steigend: Während jedes Jahr gleich viele eineiige Zwillinge geboren werden, nehmen die zweieiigen Doppelgeburten in den westlichen Industrieländern massiv zu. Grund ist die künstliche Befruchtung: Wird mit der In-vitro-Fertilisation – im Volksmund als Reagenzglas-Befruchtung bezeichnet – nachgeholfen, liegt die Wahrscheinlichkeit, zwei Babys auf einmal zu bekommen, bei etwa 30 Prozent. Denn um die Erfolgschancen zu erhöhen, wird häufig mehr als eine Eizelle befruchtet und in die Gebärmutter eingesetzt.

Die Zürcher Fotografin Elisabeth Real – selber kein Zwilling – fokussiert auf eineiige Zwillinge, und das schon seit sieben Jahren. Sie nahm an Zwillingstreffen teil und besuchte  Zwillingsvereine; viele Zwillinge sind mittlerweile ihre Freunde geworden. In annabelle zeigt sie jetzt erstmals ihre Arbeit. Fragen über Bruder/Schwester wollten die hier porträtierten Zwillinge nicht beantworten, zu oft wurden sie ihnen bereits gestellt. Wir haben daher jedem Zwillingspaar dieselben Fragen über Gott und die Welt vorgelegt – und so vielleicht fast mehr über ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten erfahren.

Andri (36) Leiter Marketing Kommunikation, Zürich, zwei Töchter (3 Jahre und 10 Monate) und Cristian (36) Leiter Personalentwicklung, Zürich, ein Sohn (1 Jahr)

Wie ist Ihr aktueller Gemütszustand?
Andri: Ich bin glücklich.
Cristian: Neugierig und erstaunt über die Art dieser Fragen.

Wie sieht es in Ihrem Wohnzimmer aus?
Andri: Ein Spielzeugparadies.
Cristian: Die farbige Kinder-Krabbeldecke sticht aus dem weissen Möbeldesign hervor.

Wie möchten Sie sterben?
Andri: Glücklich und alle Cumulus-Punkte aufgebraucht.
Cristian: Persönlich erfüllt und als Weltverbesserer geliebt.

Glauben Sie an Seelenverwandtschaft?
Andri: Absolut.
Cristian: Ganz sicher.

Was bedeutet Patriotismus für Sie?

Andri:
Ein umstrittener Begriff, der oft falsch interpretiert wird.
Cristian: Definitiv mehr als Olympiagold und Siege der Schweizer Nationalmannschaft.

Beschreiben Sie Ihren Zwillingsbruder in einem Wort.

Andri: Wir.
Cristian: Twin Power.
Nadine (20) in Ausbildung zur Kauffrau, Zürich und Jenny (20) in Ausbildung zur Kauffrau, Zürich, ein Sohn (2.5 Jahre)

Wann haben Sie das letzte Mal geweint?
Nadine: Als ich erfahren habe, dass ich Tante werde. Ich war zuerst schockiert, aber zugleich freute ich mich für meine Schwester.
Jenny: Genau kann ich das nicht sagen. Ich glaube, das war, als mein Sohn einen kleinen Unfall hatte.

Welchen anderen Beruf würden Sie gern ausüben?
Nadine: Am liebsten Tänzerin. Anwältin würde mir aber auch gefallen.
Jenny: Tänzerin, Akrobatin, Automechanikerin oder Anwältin.

Mit welchem Tier identifizieren Sie sich am meisten?
Nadine: Mit einem Tiger. Weil er alles macht für seine Familie, was nötig ist. So wie ich.
Jenny: Tiger. Bevor sie angreifen, beobachten sie ihre Opfer ganz genau – das finde ich eine starke Eigenschaft.

Beschreiben Sie Ihre Zwillingsschwester in einem Wort.
Nadine: Einmalig.
Jenny: Liebenswert.

Corina (34) Studentin in Art Education, Zürich und Seraina (34) Kommunikationsverantwortliche, Zürich

Welche Beziehung haben Sie zu Ihrer Grossmutter?
Corina: Ich liebe sie, sie ist Teil meiner Kindheit, der Berge und meiner Herkunft.
Seraina: Eine innige. An sie sind prägende Erlebnisse meiner Kindheit geknüpft. Ich freue mich sehr, dass wir sie noch haben. Sie wird dieses Jahr 90 und lebt in den Bündner Bergen.

Welche menschliche Eigenschaft ärgert Sie am meisten?
Corina: Banalität und Geschmacklosigkeit. Schlimmer ist nur noch Unmenschlichkeit.
Seraina: Unversöhnlichkeit.

Woran denken Sie beim Zähneputzen?
Corina:
Meistens an nichts. Zähneputzen hat so etwas Selbstverständliches, dass ich wunderbar abschalten kann.
Seraina: An das, was mir sowieso gerade durch den Kopf geht.

Beschreiben Sie Ihre Zwillingsschwester in einem Wort.
Corina: Wir kamen zusammen auf die Welt und machten die ersten Atemzüge miteinander. Das schafft eine lebenslange Komplizenschaft und ein Vertrauen ohne Zweifel.
Seraina: Eines der grössten Geschenke in meinem Leben, für das ich sehr dankbar bin.
Tamaki (34) Visuelle Gestalterin, Zürich und Miki (34) Modedesignerin, Zürich

Welches ist Ihre Lieblingsfarbe?
Tamaki: Tiefes dunkles Blau.
Miki: Gelb, schon seit dem Kindergarten.

Ihre Vorstellung von Glück?
Tamaki: Glück ist, wenn ich mich lebendig fühle.
Miki: Glück ist, wenn ich einmal nichts bereuen muss.

Welches ist Ihr Hauptcharakterzug?
Tamaki: Keine Ahnung.
Miki: Gwundrig.

Ist Monogamie eine Illusion?
Tamaki: Bei den Schwänen ist sie keine Illusion.
Miki: Ich hoffe nicht, denn die Alternative stelle ich mir ziemlich anstrengend vor.

Wen bewundern Sie?
Tamaki: Meinen Grossvater, der kürzlich 94 Jahre alt wurde und sich immer noch täglich liebevoll um seinen Garten kümmert.
Miki: Jemanden, der mit wenig zufrieden und glücklich sein kann.

Mit welchem Talent wären Sie gern beschenkt worden?
Tamaki: So beweglich und leicht wie Yogalehrer Iyengar zu sein.
Miki: Ich hätte mir mehr musikalische Begabung gewünscht. Ich würde gern in einer Band spielen, am liebsten Elektrogitarre.

Welches ist Ihre grösste Angst?
Tamaki: Meine Fantasie zu verlieren.
Miki: Als Letzte allein zu sterben.

Beschreiben Sie Ihre Zwillingsschwester in einem Wort.
Tamaki: Total unberechenbar!
Miki: Ein lieber kleiner Plagegeist.
Ludovic (32) Grafiker, Zürich und Gaetan Innocent (32) Student, Berlin

Was tragen Sie im Bett?
Ludovic: Chanel Platinum Égoïste, of course.
Gaetan: Oben ohne. Jogginghose unten.

Trauen Sie sich zu, einen Menschen zu töten?
Ludovic: Nur über meine Leiche.
Gaetan: Töten traue ich mir allgemein nicht zu.

Wofür sind Sie Ihren Freunden dankbar?
Ludovic: Dass sie mich nicht ständig auf meinem Handy anrufen.
Gaetan: Claudio – Treue, Philipp – Spass, Marina – Liebe.

Wofür geben Sie unvernünftig viel Geld aus?
Ludovic: Velo.
Gaetan: Geschenke.

Wie gut können Sie Geheimnisse für sich behalten?
Ludovic: Sehr gut.
Gaetan: Nicht wirklich gut.

Sind Sie eher ein spontaner oder eher ein zögerlicher Mensch?
Ludovic: Zuerst zögerlich, dann spontan. Oder umgekehrt.
Gaetan: Eher spontan.

Beschreiben Sie Ihren Zwillingsbruder in einem Wort.
Ludovic: Einzigartig.
Gaetan: Familie.

Lilian (21) Kauffrau, Zürich und Maryline (21) Kauffrau, Zürich

Welches ist Ihr Lieblingsbuch?
Lilian: «Der kälteste Winter aller Zeiten» von Sister Souljah.
Maryline: «Wüstenblume» von Waris Dirie.

Was wäre Ihre erste Amtshandlung als Bundesrätin?
Lilian: Ich würde dafür sorgen, dass Frauen in Sachen Lohn den Männern gleichgestellt werden.
Maryline: Aus dem Amt aussteigen.

Wann waren Sie das letzte Mal richtig betrunken?
Lilian: Neujahr.
Maryline: Neujahr.

Wovon kriegen Sie schlechte Laune?
Lilian: Wenn Abmachungen nicht eingehalten werden.
Maryline: Vom Wetter und von Menschen, die mich aufregen.

Welches historische Ereignis würden Sie gern ungeschehen machen?
Lilian: Die Sklaverei.
Maryline: 9/11.

Beschreiben Sie Ihre Zwillingsschwester in einem Wort.
Lilian: Individuell.
Maryline: Sweetness.

Nicolas (30) Architekt, Zürich und Oliver (30) Ideen-Architekt/Brand-Planner, New York

Welche Schweizer Stadt ist Ihnen unsympathisch?
Nicolas: So leid es mir tut: Chur.
Oliver: Olten, ein liebloses, urbanes Zwischending im Herzen der Schweiz.

Was hassen Sie am meisten?
Nicolas: Ignoranz.
Oliver: Hass ist ein starkes Wort, vor dessen Gebrauch ich mich hüte. Was ich jedoch nicht mag, ist Intoleranz.

Wann haben Sie sich das letzte Mal glücklich gefühlt?
Nicolas: Im Herbst 2008.
Oliver: Erst vor kurzem. Ich habe nach langer Ungewissheit eine neue Berufung in New York gefunden.

Wie möchten Sie begraben werden?
Nicolas: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.
Oliver: Entweder werde ich als Windhund wiedergeboren, oder ich bevorzuge einen Ort mit frischer Luft und einer schönen Aussicht.

Wie haben Sie die letzten Ferien verbracht?
Nicolas: Trinkend (oder entschärft: bei Freunden).
Oliver: Mit meiner Familie und Freunden, mit Reden und Essen, mit Bier, Kaffee und Zigaretten.

Wofür sind Sie Ihren Eltern dankbar?
Nicolas: Die viele Zeit, die sie mit uns verbracht haben.
Oliver: Dass sie uns zu toleranten, kritisch denkenden und ehrlichen Menschen erzogen haben, die sich zwischen verschiedenen Kulturen und Menschen gut bewegen können, ohne sich untreu zu sein.

Beschreiben Sie Ihren Zwillingsbruder in einem Wort.
Nicolas: Gefühlsbetont.
Oliver: Liebe.

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