Werbung
Katey Sagal – Von Peg Bundy zur Matriarchin einer Motorradgang

Kultur

Katey Sagal – Von Peg Bundy zur Matriarchin einer Motorradgang

  • Interview: Marlène von ArxFoto: Frank Ockenfels/FX

Als Peg Bundy in «Eine schrecklich nette Familie» wurde Katey Sagal Kult. In «Sons of Anarchy» spielt sie die Matriarchin einer Motorradgang – eine Paraderolle für die 58-Jährige.

Katey Sagal verbrachte die Neunzigerjahre auf dem Sitcom-Sofa von «Eine schrecklich nette Familie». Elf Jahre lang spielte sie die in enge Spandex-Leggins gequetschte Kultfigur Peg Bundy, eine notorisch faule Hausfrau und Mutter, die mit ihrer hochtoupierten Pompadourfrisur bald zur Trash-Ikone wurde. Putzen, kochen oder waschen? Aber doch nicht bei den Bundys! Mit politisch inkorrekter Leichtigkeit machte sich die Serie über propere Familienwerte lustig, die während der Ära von Reagan und Bush senior in den USA Hochkonjunktur hatten. Peg Bundy schmarotzte sich durchs Leben, und es war ihr auch egal, wenn ihr Mann, der Versager Al Bundy, nach fremden Brüsten schielte, wusste sie doch genau: Seine Ausdauer reicht nicht einmal für die eigene Gattin.

Nach Ende der legendären Serie schien Katey Sagals Karriere in einer Sackgasse festzustecken. Ab und zu trat sie in einer Gastrolle bei anderen Sitcoms auf, hin und wieder lieh sie einer Figur in einer Animationsserie ihre Stimme. Doch erst die Heirat mit dem eigenwilligen TV-Autor Kurt Sutter («The Shield») im Jahr 2004 befreite sie aus dem Karrieretief. Er schrieb ihr, die bisher fast ausschliesslich lustige Parts gespielt hatte, die erste grosse dramatische Rolle auf den Leib: Gemma Teller, die Matriarchin der Bikerbande Sons of Anarchy.

Gemma ist die Witwe des legendären Clubgründers, die Frau des jetzigen Anführers und die Mutter des nächsten Anwärters auf den obersten Harley-Thron. Und sie versteht es meisterhaft, die Chauvi-Biker nach ihrem Gusto zu manipulieren.

In dieser grossen Serienrolle kann Katey Sagal endlich ihr wahres schauspielerisches Potenzial entfalten. Zum Interview im Peninsula Hotel in Beverly Hills erscheint sie stilecht in Lederjacke und Boots.

Katey Sagal, kennen Sie sich in der Bikerszene aus?
Ein bisschen. Ich mag die Loyalität, die in solchen Clubs gelebt wird. Den Willen, um jeden Preis zu beschützen, was einem lieb ist.

Würden Sie manchmal auch gern ausserhalb der Norm leben, so wie Ihre Figur Gemma?
Diese Vorstellung ist doch für jeden attraktiv. Einmal ganz frei über sein Leben bestimmen zu können und sich einfach zu nehmen, was man haben will.

Wie oft werden Sie eigentlich mit den Figuren verwechselt, die Sie spielen?
Leider sehr oft. Viele Frauengruppen und -organisationen fanden «Eine schrecklich nette Familie» beleidigend und unterstellten mir, ich würde die Welt genau so sehen wie Peg Bundy – was ich natürlich nicht tat. Ich spielte ja bloss meine Rolle. Manche Leute können das offenbar schlecht auseinanderhalten. Auch «Sons of Anarchy» wird polarisieren. Unterhaltend ist es trotzdem. Und wer es nicht mag, kann ja umschalten. Das nennt man Meinungsfreiheit.

Wie locker Sie die Kritik vom Tisch wischen! Ist Ihr Selbstbewusstsein wirklich so unerschütterlich?
Schön wärs. In Wahrheit ist es genau umgekehrt: Mein Selbstvertrauen ist keineswegs stabil. Ich habe ewig nicht an meinen Erfolg geglaubt. Ich habe früher ja lange als Sängerin gearbeitet und behielt meinen Nebenjob in der Band sogar dann noch, als ich bereits zwei Jahre bei «Eine schrecklich nette Familie» dabei war, so sehr war ich überzeugt davon, die Produzenten würden mich schon bald los sein wollen.

Für Ihre Rolle in «Sons of Anarchy» haben Sie einen Golden Globe gewonnen, den Oscar der Fernseh-Industrie. Glauben Sie seither mehr an Ihr Können?
Wenn man nicht nominiert ist, tut man so, als ob es einem egal wäre. Aber in Wahrheit ist es natürlich nicht egal. Ich jedenfalls werde gern gelobt. Trotzdem konnte ich es kaum fassen, als ich auf die Bühne gerufen wurde. Ich kam mir wie die totale Aussenseiterin vor. Ausserdem war ich an einem Tisch ganz hinten platziert. Hier sitzen keine Sieger, dachte ich.

Ist das Gefühl, eine Aussenseiterin zu sein, bei Ihnen ein Dauerzustand?
Ja, das war schon immer so. In meinen Anfangsjahren als Schauspielerin sagte mir einmal ein Casting Director, ich würde nie einen Job beim Fernsehen finden, weil ich zu kantig sei und nicht
der Norm entspreche. Damals waren Hochglanzserien wie «Dallas» Trumpf, in die ich tatsächlich nicht hineinpasste. Ich bin stolz, dass ich mich trotzdem durchsetzen konnte – mit einer Figur, die ganz bestimmt nicht der Norm entsprach.

Was liegt Ihnen mehr: Komödie oder Drama?
Erst mal muss ich ein Missverständnis ausräumen: Auch wenn ich oft lustige Rollen gespielt habe, ich selbst gar nicht lustig. Ich fand mich nie lustig. Wenn Sie meine Familie fragen, wird man Ihnen bestätigen, dass ich viel weniger Humor habe als meine Kinder und mein Mann. Gibt man mir jedoch ein lustiges Drehbuch, so kann ich es umsetzen, das ist schliesslich mein Job. Allerdings war es höchste Zeit für etwas Neues. Hätte ich nach all den Komödienjahren nicht endlich die Chance bekommen, mit «Sons of Anarchy» eine andere Richtung einzuschlagen, wäre mir die Schauspielerei wohl verleidet. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Das Drama ziehe ich in jeder Hinsicht vor.

Harley-Mama

Catherine Louise «Katey» Sagal wurde 1954 in eine L.-A.-Showbiz-Familie hineingeboren: Der Vater war Regisseur, die Mutter Autorin und Produzentin, drei der vier Geschwister wurden Schauspieler. In den Siebzigerjahren spielte Sagal kleine TV-Rollen und trat als Backgroundsängerin von Bob Dylan, Tanya Tucker und als eine der legendären Harlettes von Bette Midler auf. Der internationale Durchbruch gelang ihr 1987 mit der Sitcom «Eine schrecklich nette Familie». Mit ihrem zweiten Mann, Country-Schlagzeuger Jack White, bekam sie zwei Kinder und mit ihrem dritten Mann Kurt Sutter ein weiteres Kind. Der TV-Autor und -Produzent Sutter schrieb Katey Sagal die Rolle der Gemma Teller in der Motorradserie «Sons of Anarchy» auf den Leib.

Die TV-Serie «Sons of Anarchy» wird demnächst auf Pro Sieben ausgestrahlt.