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Klassikstar Julia Fischer – Klare Töne, klare Worte

Kultur

Klassikstar Julia Fischer – Klare Töne, klare Worte

  • Text: Susanne KüblerFoto: Decca/Uwe Artens

Dass es ihm nur um die Musik gehe, sagt jeder Klassikstar. Der Geigerin Julia Fischer aber glaubt mans.

An ihren Konzerten staunt man immer wieder. Über die unerschütterliche Klarheit ihres Geigenspiels. Über ihre Hingabe, ohne ins Schwelgen zu geraten. Über ihr Zusammenspiel mit dem Orchester, aber auch die raren Momente, in denen es ihr zu entgleiten droht: Wie rasch sie reagiert, sich wieder fängt, ohne den Anflug einer Unsicherheit.

Auf ähnliche Weise präsent wirkt Julia Fischer im Gespräch. Die Antworten kommen blitzschnell und druckreif durchs Telefon geschossen. Ernst im Tonfall, herzlich in der Sache. Etwa, wenn es um die beiden Zürcher Konzerte im April geht. Das Tonhalle-Orchester? «Eines meiner Lieblingsorchester.» Warum? «Weil die Musikerinnen und Musiker auf der Bühne so aufmerksam kommunizieren.» Und deren Chefdirigent David Zinman? «Den liebe ich sowieso.» Julia Fischer lobt, ohne schwärmerisch zu klingen. Auch deshalb bleibt das Geigengirlie-Etikett, das den Violinistinnen ihrer Generation so gern angeheftet wird, bei ihr nicht kleben. Es steht ihr nicht. Dafür ist die 28-jährige Münchnerin zu ernst und zu klug, als dass die Masche funktionieren könnte. Julia Fischer hat es trotzdem geschafft. Heute gehört sie zu den Besten ihres Fachs.

Eigentlich wäre für die Tochter einer Pianistin das Klavier die naheliegende Instrumentenwahl gewesen. Ihren ersten Unterricht erhielt sie dennoch auf der Geige. Der Grund klingt lapidar, aber einleuchtend: «Weil es eben einen grandiosen Geigenlehrer im Nachbarort gab.» Drei Jahre alt war sie da, und beim selben Lehrer hatten mit Andreas Janke (damals ebenfalls drei) und Cathrin Kudelka (damals fünf) auch zwei heutige Tonhalle-Violinisten Unterricht.

Mit dem Klavierunterricht begann Fischer trotzdem noch. Nur sechs Wochen nach dem Start mit der Violine. Und es sei kein Zufall, sagt sie, dass sie sich lange nicht entscheiden konnte zwischen den beiden Instrumenten: «Es gibt ja Musiker, die so richtig verwachsen sind mit ihrem Instrument; bei mir ist das nicht so.» Wäre sie Posaunistin geworden, hätte es einen guten Posaunenlehrer in der Nachbarschaft gegeben? «Vielleicht. Damals ging es mir immer nur um die Musik. Und es spielte gar keine Rolle, mit welchem Instrument ich dieser Liebe Ausdruck gab.» Was das heisst, zeigt sie gelegentlich an Konzerten, wenn sie sich als Zugabe mal noch so nebenbei an den Flügel setzt. Nicht, um sich als Wunderkind zu profilieren (sie würde diesen Begriff entschieden ablehnen), sondern einfach, «weil es mir Spass macht».

Spass. Das Wort klingt seltsam, wenn Julia Fischer es auf sich bezieht. Es entspricht nicht ihrem Naturell. Man müsse ja nicht immer alles gern machen im Leben, sagt sie. Zähne putzen zum Beispiel.

Und regelrecht allergisch reagiert sie auf alle möglichen Wohlfühl- und Spass-Strategien, mit denen Veranstalter ihr Publikum für klassische Konzerte rekrutieren: Zwar müsse man die Leute zur Klassik erziehen, zwar verstehe sie die Bemühungen der Branche um eine jüngere Generation. «Aber wenn ich ein Schostakowitsch-Konzert spiele, dann ist das nicht wohlig und auch nicht leicht, und es ist nicht der Sinn der Sache, dass sich das Publikum dabei amüsiert.» Nichts gegen Unterhaltung, sagt sie zum Thema Popmusik, «aber Comics ersetzen nun mal keinen Shakespeare.»

Julia Fischer erklärt die komplexen Dinge lieber detailliert, als dass sie sie für leicht verkauft. Unter anderem deshalb doziert sie an der Münchner Musikhochschule, unter anderem deshalb besucht sie regelmässig Primarschulen, um Kinder für die klassische Musik zu begeistern. «Natürlich fange ich da nicht gleich mit Schostakowitsch an.» Auch breitenwirksame Kanäle der Vermarktung scheut sie nicht: Kürzlich stellte sie bei Harald Schmidt ihre neue CD «Poème» vor. Musik von Chausson, Respighi, Suk und Vaughan Williams gibt es darauf: selten gespielte, aber zugängliche Stücke von Komponisten, die kaum bekannt sind. «Juwelen» seien das, sagt Julia Fischer. Es war ihre letzte Zusammenarbeit mit dem US-Dirigenten Yakov Kreizberg, der kurz vor der Veröffentlichung des Albums mit 51 Jahren starb. «Er war ein Seelenverwandter – wir wussten immer, was der andere erwartete.»

Künstlerische Partnerschaften seien ihr sehr wichtig, sagt sie. Und sie gehöre nicht zu jenen Solistinnen, die neben möglichst glamourösen Namen auf dem Plakat stehen wollen. Was zähle, sei die musikalische Wellenlänge, die Chemie und die Kontinuität der Zusammenarbeit: «Auch wenn ich mich mit einem Dirigenten gut verstehe, kann ein erstes Konzert mit ihm nie so gut sein wie mit einem Dirigenten, mit dem ich schon oft gespielt habe.»

Ihr Debüt in der Tonhalle Zürich gab Julia Fischer übrigens 2001. Als 17-jährige Siegerin gleich mehrerer Wettbewerbe. Virtuos, glasklar und blitzsauber war ihr Auftritt. Schon damals lag in ihrem Spiel dieser dunkle, ernste Ton, der selbst irrwitzig schnelle Passage geradezu gelassen klingen liess. Ein violinistisches Feuerwerk, das nach Konzertende nicht verpuffte. Der Applaus war anhaltend, der Erfolg ist es auch.

Julia Fischer: Poème (Decca). Mit dem Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo unter Yakov Kreizberg. Werke von Chausson, Respighi, Suk u. a.

Gewinnen Sie Tickets!

Julia Fischer spielt am 18. April 2012 gemeinsam mit dem Tonhalle-Orchester in Zürich. Wir verlosen 3x zwei Karten im Wert von je 100 Franken für diesen Event.

Mittwoch, 18. April 2012, 19:30 Uhr
Grosser Saal, Tonhalle Zürich
www.tonhalle-orchester.ch

Teilnahmeschluss ist am 15. April 2012. Die GewinnerInnen werden schriftlich benachrichtigt. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Die Mitarbeitenden der Tamedia sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.