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Go Martina Hingis!

Leben

Go Martina Hingis!

  • Text: Silvia Binggeli; Foto: Flavio Leone

annabelle-Chefredaktorin Silvia Binggeli hofft, dass Martina Hingis endlich auch hierzulande gefeiert wird.

Ganz schön schroff könne sie sein, diese Martina Hingis, berichtete meine Kollegin Stephanie Hess, als sie von einer dreitägigen Begegnung mit dem Schweizer Tennisstar in Rom zurückkehrte. Passt ihr eine Frage nicht, geht sie einfach davon, ungehobelt, direkt – unbestechlich.

Martina Hingis ist zurück. Seit Anfang Jahr führt sie mit der Inderin Sania Mirza die Weltrangliste im Doppel an. An den Olympischen Spielen in Rio wird sie mit Roger Federer im Mixed antreten – und hoffentlich auch hierzulande endlich gefeiert werden.

Vor Jahren, damals Jungjournalistin bei der «Schweizer Illustrierten», erlebte ich die Entstehung einer Geschichte mit Martina am Australian Open: Eine Kollegin hatte sie nach Down Under begleitet und ihr Handy in ihrer Nähe liegen lassen. Als wir die Kollegin anriefen, ging Martina, damals schon ein Star, locker und selbstverständlich ran: Hallo, hier spricht Martina Hingis, die Kollegin ist gleich zurück.

Wer mit zwei das erste Racket in der Hand hält, mit 13, Zahnspange und Sondergenehmigung sein Debüt auf der Profitour gibt und mit 15 die damalige Weltranglistenerste Steffi Graf schlägt, hat gelernt, sich nicht von der öffentlichen Meinung umtreiben zu lassen. Im Wissen darum, dass nach Komplimenten schnell Schelte folgt, insbesondere wenn man als Frau ehrgeizig nach vorn drängt. Die junge Martina Hingis nannte ihre Gegnerinnen übermütig Salatköpfe und kündigte vor Spielen gegen gestandene Tenniscracks selbstbewusst an, es sei Zeit für einen Generationenwechsel. In den USA sass sie beim legendären Talkmaster David Letterman auf der Couch, hier belegte sie in der Sympathie-Rangliste eines Nachrichtenmagazins nur Platz 13.

2007 gesteht Martina Hingis an einer Pressekonferenz geknickt, sie sei positiv auf Kokain getestet worden. Nein, gefällig ist sie nicht, die heute 35-jährige Rheintalerin, angepasst schon gar nicht. Aber sie geht unbeirrt den Weg ihrer Leidenschaft. «Ich bin eine Fachfrau Tennis», sagt sie. Und schiebt nach: «Diejenigen, die vorausgehen, ebnen den Weg. Die Ehre erhalten dann die, die nachkommen.» Allein für dieses kühne Selbstbewusstsein gebührt ihr Lob und Anerkennung.

Ich drücke ihr für Rio fest die Daumen und Zehen. Go Martina!