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Meinung zur Ehe für alle: «Und die Liebe ist doch politisch!»

LGBTQIA+

Meinung zur Ehe für alle: «Und die Liebe ist doch politisch!»

Die annabelle Redaktion spricht sich offen für die Ehe für alle aus. Unsere Chefredaktorin Jacqueline Krause-Blouin gibt dazu ein Statement.

Ich hatte in den Neunzigern mal ein Poesiealbum mit dem Spruch «Liebe ist das Einzige, was sich vermehrt, wenn man es teilt». Oder so. Ihr wisst schon: Love is love. Liebe ist Liebe. Damals haben wir in der Schule bereits Regenbogenfahnen geschwenkt – die Liebe ist für alle da, das weiss doch jedes Kind. Gleichzeitig wurde unter uns Kindern das Wort «schwul» auch häufig als Schimpfwort verwendet, etwas, für das ich mich heute zutiefst schäme. Das ist 25 Jahre her, wir haben uns zum Glück als Gesellschaft weiterentwickelt. Haben wir? Worauf ich hinauswill: Ich kann kaum glauben, dass wir uns noch immer mit diesem Thema beschäftigen. Ein Skandal, dass gegen die zivile Ehe für alle tatsächlich das Referendum ergriffen wurde und wir überhaupt über den Parlamentsentscheid abstimmen müssen.

Wir sind eines der letzten Länder in Westeuropa, das die Ehe immer noch ausschliesslich als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau definiert. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen sich zwar «eintragen» lassen, aber sie sind immer noch Paare zweiter Klasse. Warum etwa soll eine Frau ihres Kinderwunsches beraubt werden, nur weil sie keinen Mann liebt?

Liebe ist erst Privatsache, wenn sie in allen Facetten akzeptiert ist

Ja, die Liebe ist Privatsache, aber erst, wenn sie in all ihren Facetten akzeptiert ist. Bis dahin ist sie (leider) auch politisch. Die Fotografin Liva Tresch (88), die wir kürzlich im Heft porträtiert haben, dachte etwa lange Zeit, dass etwas mit ihr nicht stimme, weil sie Frauen liebte. Noch mit 22 wollte sie «normal» sein, wie die anderen, ging zum Pfarrer und zum Psychiater. Das «Homosexuellen-Register» (!) schaffte die Schweiz übrigens erst 1978 ab.

Erzählungen wie diese tun mir im Herzen weh und wenn ich die niveaulose Plakatkampagne gewisser «Ehe für alle»-Gegner sehe, frage ich mich, wie so etwas möglich ist. Was für Menschen brüten da zusammen in einem Sitzungszimmer über ihrer Plakat-Idee und kommen auf das Sujet eines schreienden Kindes mit der Headline «Kinder auf Bestellung? Nein» (und wer gibt sein Kind dafür her)? Nicht einmal logisch ist die Sache übrigens – zumal heterosexuelle Paare ja durchaus jetzt schon «Kinder auf Bestellung» haben können. Noch was: Kinder von Heteros schreien imfall nie und sind immer quietschfidel!

Die annabelle-Redaktion spricht sich hiermit klar für die Ehe für alle aus. Ich persönlich hoffe, dass wir uns dann endlich wichtigeren Dingen widmen können und unsere Zeit nicht mit Selbstverständlichkeiten vergeuden. Und sonst hätte ich angesichts der aktuellen Scheidungsrate (40 Prozent) noch einen ganz anderen Diskussionsansatz: Wie wäre es mit der Ehe für niemanden? Kleiner Scherz. – Ihr wisst, was am 26. September zu tun ist. Im Namen der Liebe.

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Love is Love

Es gibt Zeiten, da ist es nötig, Farbe zu bekennen. Und wenn man sich wie annabelle seit über achtzig Jahren für Gleichberechtigung und Toleranz einsetzt, dann ist die Abstimmung vom 26. September ein solcher Moment: annabelle sagt Ja zur Ehe für alle!

Verlag und Redaktion annabelle (von links oben): Helene Aecherli, Dominique Graf, Barbara Loop, Ana Martínez, Monika Macartney, Nicole Gutschalk, Alica Wenger, Denise Alt, Dieter Roeschmann, Evelyne Emmisberger, Connie Hüsser, Bobi Bazooka, Claudia Senn, Alexandra Kruse, Kerstin Hasse, Brigit Langhart, Linda Peter, Leandra Nef, Constantin Schweiger, Katrin Wicki, Mathias Heybrock, Selina Slamanig, Vanja Kadic, Monique Henrich, Jacqueline Krause-Blouin, Mariella Ingrassia, Sophie Eggenberger, Nathalie De Geyter, Stephanie Hess, Sven Broder, Marcella Hasters, Niklaus Müller, Sara Keller, Valentin Kälin, Sarah Lau, Jürg Rykart, Marie Hettich.

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