Werbung
Wie ist es eigentlich, wenn Betrüger einem das Konto leerräumen?

Wie ist es eigentlich, wenn Betrüger einem das Konto leerräumen?

Unsere Autorin verlor mit einem Klick ihr ganzes Geld. Warum sie auf diesen Scam reinfiel und wie man sich vor hinterlistigen Internet-Gaunern schützen kann, erzählt sie hier.

Alles begann mit einem Paar Ballerinas, die ich auf der Kleinanzeigen-Plattform Tutti zum Verkauf stellte. Ich nutzte Tutti damals häufig. Eine Nutzerin namens Elisa fragte, ob ich ihr ein Video der Schuhe per Whatsapp schicken könnte. Das ist nicht ungewöhnlich, also schickte ich ihr das Video. Elisa sagte, dass sie die Schuhe kaufen wolle.

Normalerweise schickt man sich dann das Geld fürs Produkt und den Versand per Twint oder überweist es auf ein Konto. Elisa jedoch gab mir einen QR-Code und schrieb: «Wenn du den scannst, erhältst du das Geld inklusive Post-Frankierung für den Versand.»

Neben dem QR-Code war das Logo der Post zu sehen, es sah offiziell aus. Im Nachhinein denke ich: Wenn du einen Code scannst, heisst das, dass du Geld verschickst, und nicht, dass du es empfängst – warum habe ich mir das nicht überlegt?

Werbung

"Bei der Polizei war niemand überrascht. Solche Vorfälle passieren offenbar täglich"

Die Seite von Twint öffnete sich, ich loggte mich ein. Dann kam ein Feld, auf dem stand: «Ich will die Zahlung erhalten.» Ich klickte «bestätigen» und wurde weitergeleitet auf eine Seite mit dem Symbol der Uhr, die lädt. Als Nächstes erschien eine Fehlermeldung. Ich dachte: Was auch immer das war, es hat nicht funktioniert. Ich schrieb Elisa, sie solle mir das Geld überweisen.

Schock, Tränen, Anzeige

Am selben Abend loggte ich mich in mein E-Banking ein und erschrak: Ich war im Minus. Jemand hatte Geld vom Spar- aufs Privatkonto überwiesen, so viel, wie es meine Tageslimite zugelassen hatte: 2500 Franken. Mit dem sich bereits auf dem Konto befindenden Betrag ging schliesslich eine Zahlung von insgesamt 3500 Franken an ein Krypto-Unternehmen raus. Für mich eine Menge: Ich bin in Ausbildung und verdiene mit Jobs als Stylistin etwas dazu.

Im Schockzustand rief ich meine beste Freundin an. Sie kam und übernahm, liess meine Bankkarte und E-Banking sperren. Es war Ostern, nur Notfall-Hotlines waren erreichbar. Ich weinte die ganze Zeit, telefonierte mit meiner Mutter, die mir bis zum nächsten Lohn Geld lieh.

Dass ich ein Umfeld hatte, das mir in dieser Situation helfen konnte, ist nicht selbstverständlich – andere hätte es schlimmer getroffen. Am Dienstag erstattete ich Anzeige gegen unbekannt bei der Polizei und ging zu meiner Bank. Dort war niemand überrascht. Solche Vorfälle passieren offenbar täglich.

Werbung

"Das Geld ist weg"

Ein paar Tage später teilte mir die Bank mit, sie erstatte den Betrag nicht: Indem ich den QR-Code gescannt, mich bei Twint angemeldet und «bestätigen» geklickt habe, habe ich Elisa selbst Zugang zu meinem Konto gegeben. Als die Rechtsschutzversicherung, bei der ich auch einen Antrag gestellt hatte, ebenfalls ablehnte, war mir klar – das Geld ist weg.

Wie kann man sich schützen?

Wie konnte mir das bloss passieren? Ich weiss doch, was ein Scam ist – alle paar Tage bekomme ich SMS, die vermeintlich von der Post oder meiner Bank sind. In den Wochen nach dem Vorfall habe ich viel darüber geredet. Mir war es wichtig, offen damit umzugehen. Es kann alle treffen.

Ich bin vorsichtig geworden: Ich habe all meine Passwörter geändert. Spar- und Privatkonto befinden sich nicht mehr im selben E-Banking-Account. Ausserdem habe ich jetzt eine Cyber-Versicherung – die einzige, die das Geld in einem Fall wie meinem erstattet hätte.

Abonniere
Benachrichtigung über
guest
0 Comments
Älteste
Neuste Meistgewählt
Inline Feedbacks
View all comments