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Maserati-Designerin Alga Zaharescu: «Ich musste als Frau doppelt so hart arbeiten»

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Maserati-Designerin Alga Zaharescu: «Ich musste als Frau doppelt so hart arbeiten»

Alga Zaharescu ist Lead Interior Designer bei Maserati. Im Interview erzählt sie, wie sie zum Autodesign kam, wie sie sich als Frau in der männerdominierten Auto-Industrie durchsetzte – und wie sich diese verändert hat.

Schnelle Autos sind für die meisten Menschen noch immer der Inbegriff von klischeehafter Männlichkeit. Männer, Muckis, dicke Karren – die Frauen, die sitzen eher auf dem Beifahrersitz oder, so hat es uns die Popkultur über Jahrzehnte beigebracht, räkeln sich lasziv auf der Motorhaube. Aber es hat sich etwas getan: Selbst in der Action-Filmreihe «Fast & Furious», die so vor Männlichkeit strotzt, dass man meint, den Schweiss unter Vin Diesels aufgepumpten Armen an den Filmplakaten riechen zu können, geben Frauen hinter dem Steuerrad Gas.

Alga Zaharescu kennt all diese Klischees. Sie ist mit ihnen aufgewachsen. Seit fast 20 Jahren arbeitet sie in der Auto-Industrie, nach Stationen bei Fiat und Bertone, begann sie 2018 als Lead Interior Designer bei Maserati, wo sie unter anderem dem kürzlich lancierten Sportwagen MC20 ein Innenleben verlieh. Wir reden von Flügeltüren, von 630 PS und von einem stolzen Preis, der – je nach Ausstattung – irgendwo um die 220’000 Franken beginnt.

annabelle: Alga Zaharescu, hatten Sie schon immer ein Faible für Autos?
Alga Zaharescu: Ja, ich habe Autos schon immer geliebt, aber nicht unbedingt als etwas, das ich designen möchte. Für mich war ein Auto jedoch immer Ingenieur-Arbeit, etwas sehr Technisches.

Wie sind Sie dann zum Autodesign gekommen?
Ich bin in Rumänien geboren und wollte mit 19 Jahren in Italien Product Design studieren. Dort angekommen, habe ich mich mit einigen Leuten angefreundet, die alle Transportation Design studierten. Sie zeigten mir ihre Arbeit und ihre Modelle und gaben mir Einblick in diese Welt, die ich sofort sehr faszinierend fand. Ich wusste: Okay, das will ich ausprobieren.

Gab es viele andere Frauen in Ihrem Studiengang?
Überhaupt nicht. Es gab ein anderes Mädchen, sie verliess den Studiengang aber wieder nach einem Jahr, weil sie das alles irgendwie zu furchteinflössend fand. Das war es auch. Ich musste kämpfen!

Inwiefern?
Ich war umgeben von Jungs, die sagten: Du kannst doch nicht in der Auto-Industrie arbeiten! Warum studierst du das überhaupt? Ich musste doppelt so hart arbeiten, um ihnen zu beweisen, dass ich weiss, was ich tue.

Was war es, das Sie am Transportation Design faszinierte?
Du siehst ein Objekt, das du designt hast, zum Leben erwachen. Es ist mit sehr vielen Emotionen verbunden, wenn du dein Baby auf der Strasse siehst. Du denkst: Wow: Daran habe ich gearbeitet und jetzt sitzt tatsächlich jemand in diesem Auto!

Sie haben den neuen MC20 von Maserati mitdesignt und verantworten als Lead Interior Designer das Innenleben dieses Sportwagens. Wo beginnt ein solcher Designprozess?
Wenn man startet, ist es wichtig, dass man sich vorstellt, wer in diesem Auto sitzen soll. Was diese Person begehrt, was ihr gefällt und was sie von einem Auto erwartet.

Und da denken Sie nicht nur an Männer?
Nein, wir wissen ja auch, dass immer mehr Frauen Sportwagen kaufen. Wir wollen weder Autos für Männer produzieren noch explizit für Frauen. Der MC20 ist ein Auto, bei dem das Fahrerlebnis im Vordergrund steht. Darauf habe ich mich auch im Interior Design konzentriert. Ich liess mich von Private Jets inspirieren. Die Cockpits in diesen Flugzeugen orientieren sich komplett an den Pilot:innen, rundherum soll nichts ablenken. Autos wie der MC20 sind von aussen so aufregend und cool. Wenn man damit fährt, fällt man auf, diese Stärke des Autos ist beeindruckend.

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Es gibt laut Maserati immer mehr Frauen, die sich für teure Sportwagen interessieren – rund ein Drittel der Maserati-Kundschaft sind Frauen. Wird hier eine Männerwelt langsam von Frauen erobert?
Ich denke schon. Wir merken, dass es viele Frauen gibt, die ein sehr sportliches Auto möchten, die sich das auch leisten wollen – und können. Sie möchten zeigen, dass sie sich das leisten können. Und auch in der Industrie hat sich etwas getan. Dass ich eine Frau bin, spielt mittlerweile keine Rolle mehr. Ich bin in meiner Karriere angekommen. Als ich anfing, war es für viele Männer unvorstellbar, dass eine Frau ein Auto designen kann. Denn wir gehörten nicht in diese Industrie. Die Jungs spielen mit den Autos, die Mädchen mit den Puppen, oder?

Hat sich das verändert? Oder wären Sie heute noch immer die einzige Studentin im Studiengang?
Doch, die Mentalität hat sich geändert. Wir wissen ja alle, dass es viele Mädchen gibt, die eben keine Puppen mögen. Bei uns in Turin gibt es zum Beispiel einige Frauen im Transportation Design, es sind immer noch viel mehr Männer, aber nicht mehr ausschliesslich.

Es gibt also mehr Frauen, die schnelle Autos wollen und mehr Frauen, die sie designen. Dennoch gelten sportliche Autos immer noch als Inbegriff von Männlichkeit.
Ich denke, auch das ändert sich gerade. Es gibt immer mehr Frauen, die nicht einfach ein Auto wollen, sondern ein schnelles Auto. Sie geniessen die Emotion, das Adrenalin. Das Bild, dass solche Autos nur für Männer gemacht sind, wird immer mehr verschwinden.

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