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Interview mit Newcomer-Designer Arthur Arbesser

Stil

Interview mit Newcomer-Designer Arthur Arbesser

  • Interview: Barbara Loop; Fotos: Matthias Aschauer

Arthur Arbesser ist die Entdeckung der Saison. Wer ist der junge Österreicher, der mit seiner Mode Mailand entzückt?

Er ist wird heiss gehandelt: «Arthur Arbesser. Ein toller Designer aus Österreich. Erst 32 Jahre alt», wurde an der Mailänder Fashion Week geflüstert. Man muss sagen, dass in Mailand, der Stadt der Traditionslabels, selbst 45-jährige Modedesigner noch als Jungtalente durchgehen. Hier mit dreissig ein Label zu gründen, das ist ungewöhnlich.

Arthur Arbesser hat ein Gespür für den Zeitgeist, seine Entwürfe sprechen eine eigene Sprache. Sie sind minimalistisch, frisch und ein wenig arty. Urbane Looks mit spannenden Materialexperimenten, beispielsweise das zu einem zarten Stoff gestrickte Nylon oder das Kleid aus jenem hautfarbenen Polyester, den man nur von Omas Unterwäsche kennt.

annabelle: Arthur Arbesser, Sie arbeiteten lange für Giorgio Armani, bevor Sie 2012 Ihr eigenes Label gegründet haben. Ihre Arbeit hat aber nichts mit Armanis italienischer Eleganz gemein.
ARTHUR ARBESSER: Als ich damals bei Armani angefangen habe, sagte man mir: «In ein paar Monaten wirst du auch in Navy und Samt rumlaufen.» Auch nach sieben Jahren bin ich noch in Jeans, Sneakers und T-Shirt bei der Arbeit erschienen. Ich habe einen naiven Zugang zu Kleidung bewahrt und mag simple Sachen wie Uniformen, Jacken oder Poloshirts.

Für Ihre Sommerkollektion liessen Sie sich von den deutschen Künstlern Isa Genzken und Blinky Palermo inspirieren.
Mich haben Isa Genzkens Experimente mit Materialien interessiert und Blinky Palermos Farben, die stark und positiv sind. Ein Widerspruch zu seinem tragisch kurzen Leben. Ich bin anfällig für alles Melancholische und Dramatische.

Zur aktuellen Kollektion haben Sie ein Video mit der ehemaligen Helmut-Lang-Muse Cordula Reyer gedreht, einer Frau um die fünfzig. Ein Statement?
Für mich ist es schön, meine Kleider an einer älteren Dame zu sehen. Cordula Reyer ist eine ganz coole Frau, ich war schon als Kind ein Fan. Und sie hat eine tolle Stimme, tief und rauchig.

Welche Frau trägt Ihre Mode?
Die Sachen wirken sehr jugendlich. Aber die Frau, für die ich entwerfe, hat kein bestimmtes Alter. Es geht mir um eine Frau, die mit sich im Reinen ist. Jemand, der viel herumkommt und gleichzeitig mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Ach ja, Sinn für Humor sollte sie haben!

Die grosse Modekritikerin Suzy Menkes lobte Ihre Entwürfe in der «New York Times». Ihr Label war da gerade ein Jahr alt.
Ich zeigte diese Kollektion an Büsten in der Wohnung eines Freundes. Meine Mittel waren beschränkt, ich musste mir etwas einfallen lassen, um die teilweise sehr verwöhnten Journalisten auf mich aufmerksam zu machen. Es war alles improvisiert, aber vielleicht hat gerade das den Reiz ausgemacht.

Und Suzy Menkes ist da einfach aufgetaucht?
Sie sass bereits in der Jury des Talentwettbewerbs «Who Is On Next?», den ich 2013 gewonnen habe. Ich habe sie bei der Gelegenheit zu meiner Show eingeladen und sie dann in Mailand nochmals daran erinnert. «Ich schaue, was ich tun kann», hat sie mürrisch geantwortet. Am nächsten Tag war sie da, und sie blieb lange.

Der einzige international bekannte Designer aus Österreich ist Helmut Lang. Wie kamen Sie darauf, Designer zu werden?
Ich war immer sehr an Kleidung interessiert, an den Kostümen im Theater und in der Oper. Meine Eltern haben mir alles Schöne gezeigt, sie haben mit uns Kindern Museen und Theater besucht und unsere Kreativität gefördert. Sie hätten natürlich lieber gesehen, dass ich Anwalt geworden wäre. Für mich gab es aber keine Alternative zur Mode, da war ich sehr überzeugend.

Das heisst aber auch, dass Sie sich eine neue Heimat suchen mussten. Schliesslich ist Wien keine Modemetropole.
Ich bin nicht geflüchtet, ich trage Wien immer im Herzen. Ich liebe die Oper, die Museen. Das kulturelle Erbe inspiriert mich. Ich mag Dinge, die lange überdauert haben, weil sie von guter Qualität sind. Das Schöne an Wien ist ja, dass es in der Vergangenheit lebt. Aber das kann auch lähmend sein, wenn man jung ist und loswill. Für das, was ich vorhatte, musste ich weg.

Sie sind mit 18 nach London gegangen, um am renommierten Central Saint Martins Modedesign zu studieren.
London ist die perfekte Stadt für junge Menschen voller Energie. Ich habe mir damals den Kopf rasiert, dann die Haare gefärbt, ein Piercing stechen lassen – all die Fehler gemacht, die man mit 18 in London machen muss. London war eine gute Schule für das Leben.

Nach dem Abschluss nahmen Sie eine Stelle bei Giorgio Armani in Mailand an. Ein krasser Gegensatz zur Londoner Modeszene.
Nach vier wilden Jahren in London wollte ich es etwas seriöser an- gehen. Mailand war zuerst einmal ein Schock. In London fühlt man die Energie in den Strassen, in Mailand ist das alles etwas versteckter. Aber Armani hat mich sehr weit gebracht.

Was ist das Wichtigste, was Sie von Giorgio Armani gelernt haben?
Den eisernen Willen, alles zu kontrollieren. Das kleinste Detail, vom Kragen bis zum Hosenstoss, das Knopfloch, das Futter. Und: Nicht lockerlassen. Sie haben mit dreissig Ihr eigenes Label gegründet. War es der richtige Zeitpunkt? Ich wusste: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann werde ich es nie mehr machen. Man muss für die Selbstständigkeit noch fähig sein, seine Bedürfnisse runterzuschrauben. Ich war im Kopf reif genug, aber ich bin es auch etwas leichtsinnig angegangen. Hätte ich damals gewusst, wie schrecklich und hart es sein kann, hätte ich es mir vielleicht nochmals überlegt.

Was ist hart und schrecklich?
Mailand ist nicht der leichteste Ort für einen jungen Designer, weil es kaum Unterstützung gibt. In London und New York gibt es den Fashion Council, der einen mit Knowhow und Stipendien unterstützt. Dass es in Mailand kaum junge Designer gibt, ist aber auch ein Vorteil. Man bekommt viel Aufmerksamkeit. Trotzdem, je besser es läuft, desto härter wird es. Offene Rechnungen, Stoffe, die nicht geliefert werden. Man muss ein Fanatiker sein, um das zu ertragen. Und das ist bei mir zum Glück der Fall.

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