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Reisetipps aus Hamburg – Shoppen im Viertel-Takt

Stil

Reisetipps aus Hamburg – Shoppen im Viertel-Takt

  • Text: Olaf Tarmas; Fotos: Odile Hain

Das kleine, struppige Hamburger Karoviertel behauptet sich tapfer gegen alle Sanierungsversuche. Nirgends in der Hansestadt kann man origineller einkaufen.

Musik! Lady Gadja setzt sich mit ihrem Saxofon auf einen leeren Getränkeharass, ihre Kompagnons an Akkordeon und Perkussion quetschen sich auf ein Fenstersims – und los gehts. Das Spontankonzert vor der Boutique Pussy Deluxe von Suzana Ruhland zieht im Nu eine kleine Zuschauertraube an – Nachbarn und Nachmittagsshopper klatschen und wippen im Takt, die Gäste des Café Panther nebenan rühren rhythmisch in ihren Milchkaffees. Ruhland, selbst Musikerin, ist begeistert, dass ihre drei befreundeten Nachbarn auf dem Rückweg von einer Hochzeit bei ihr eine Pause einlegen. «So etwas passiert hier dauernd», sagt sie. «Das macht dieses Viertel so einmalig.» Dann muss sie zurück in den Laden, eine Kundin bedienen – es ist die Wirtin des italienischen Restaurants 100 Lire am Ende der Strasse, die ihr den wöchentlichen Routinebesuch abstattet. «Sie kauft etwas bei mir, ich gehe in ihr Lokal – so bleibt das Geld in der Familie», meint Ruhland.

Zusammenhalt wird grossgeschrieben im Karoviertel, der kleinen Szenemeile, deren winzige Läden und Boutiquen seit Jahr und Tag immer wieder von Sanierung und Szene-Burnout bedroht sind. Doch das Quartier hat sich seine Renitenz  bewahrt und noch immer wieder neu erfunden. «Anfang des Jahres standen hier in der Marktstrasse drei Läden leer, da haben wir mal wieder gedacht, jetzt gehts endgültig bergab», erzählt Christina Schellhorn von Redesign. Ihr Geschäft bietet verblüffende Mode aus recycelten Materialien an – Halsketten aus alten Veloschläuchen zum Beispiel. «Aber dann haben hier drei neue Läden aufgemacht», erzählt Schellhorn. Alle mit dem typischen Karo-Kennzeichen: Bei ihnen ist das Ladengeschäft zugleich Atelier oder Werkstatt, man kauft direkt bei den Künstlern/Designern/Schneiderinnen. Individueller und persönlicher kann man wohl kaum shoppen.

Musik hat das Karoviertel zu jeder Tageszeit – im PAL legen Tonkünstler aus aller Welt auf, gleich nebenan im Musikhaus Karostar kann man Kurse in Deutschlands einziger DJ-Schule belegen (www.yoyosonic.com), und auf der kleinen Bühne des Knust (www.knusthamburg.de) geben sich international angesagte Bands die Ehre.

Läden, Bars & Cafés:
www.karolinenviertel.de

U-Bahn:
U2 Messehallen, U3 Feldstrasse

Druckfrisch


Es gibt nichts, was Nele Maack und Rolf Schade in ihrer Siebdruckwerkstatt nicht bedrucken: Beutel und Hosen mit dezent hamburgischen Motiven, Jupes, Shirts, Kapuzenjacken. Man kann sogar seine eigenen Motive mitbringen, alles, was aus Punkt, Strich und Fläche besteht, lässt sich drucktechnisch umsetzen. Der Platz an den Wänden ist internationalen Grafikkünstlern vorbehalten – oft erstaunlich erschwinglich.

Marktstrasse 102
www.druckdealer-onlineshop.de

 

Schlafen


Näher am Karoviertel: das kleine, feine Fritz im Pyjama in einem Haus aus der Gründerzeit im Schanzenviertel.

Schanzenstrasse 101–103
Tel. 0049 40 82 22 28 30
www.fritz-im-pyjama.de
DZ ab ca. 87 Franken

 

Treibstoff


Alte japanische Postsäcke, ausrangierte Fallschirme, Industriefilz: Das sind typische Stoffe, aus denen Katja Gastell in ihrem kleinen Souterrainladen Kleider, Jacken und Taschen bastelt. Die Autodidaktin gehört schon fast zum Karo-Urgestein: Angefangen hat sie 1994 mit puscheligen Flokatiwesten, heute zieren häufig Totenköpfe oder Pistolen die Stücke ihres Labels Blutkarpfen. Unbedingt alltagstauglich sollen ihre Kreationen sein – und preiswert: «Meine Freunde müssen hier einkaufen können», nennt sie als Massstab.

Blutkarpfen
Marktstrasse 108
Tel. 0049 43 25 23 86
www.blutkarpfen.de
 

Stadtmusik


Ideal für musikalische Mitbringsel: Der kleine, wohlsortierte Plattenladen im Musikhaus Karostar bietet Hamburgensien aller Art feil, von Hans Albers bis Blumfeld, von den Beatles bis Fischmob, auf Vinyl und CD.

Hanseplatte, Neuer Kamp 32
www.hanseplatte.de

 

 

Anziehend


Seit 2000 entwickelt Modedesignerin Regine Steenbock für ihr Label Sium raffinierte Kleider. An der Stange sehen sie ungewohnt aus, aber «… auf dem Körper getragen, rundet sich der Stoff, bilden die Falten plötzlich Taschen, schlingen sich zweifarbige Bahnen zu einem Ausschnitt, der unter Umständen eigensinnig die Richtung wechselt und plötzlich abbiegt, um als Gürtel weiterzumachen», schreibt die Designerin.

Sium, Wohlersallee 44
www.sium.net

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1.

Musik gehört im Karoviertel zum guten Ton: Lady Gadja mit Band.

2.

Hier kann man Kurse in Deutschlands einziger DJ-Schule belegen: Musikhaus Karostar.