
2 Rezepte zum Nachkochen vom Pionier der neuen nordischen Küche
Rezepte für 365 Tage vom Pionier der neuen nordischen Küche: Wir stellen euch zwei Gerichte aus Claus Meyers «Almanak. Neue nordische Alltagsküche» vor.
- Von: Evelyne Emmisberger
- Bild: Anders Schønnemann
Für den 16. Mai empfiehlt der Almanak gegrillten Thunfisch à la niçoise. Am 12. Juli versüsste eine Himbeer-Bavaroise den Zürcher Schüler:innen den Beginn der Sommerferien und am 6. Dezember gibt es nebst Mandarinli vom Samichlaus glasierten Schinken mit crèmigem Grünkohl. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich diesen kulinarischen Masterplan beängstigend oder genial finden soll. Meine Güte, ich weiss ja noch nicht mal, was bei uns heute Abend auf den Tisch kommt (geschweige denn am 6. Dezember oder an jedem anderen Tag im Jahr).
Vier Jahre lang hat der dänische Gastronom und Autor Claus Meyer über tausend Rezepte aus der neuen und historischen Esskultur seiner Heimat zusammengetragen und verfeinert – zu einem Opus magnum, das bereits 2010 erschienen ist und jetzt auf Deutsch übersetzt wurde. Claus Meyer gilt als Pionier der neuen nordischen Küche, das von ihm und René Redzepi gegründete Restaurant Noma wurde mehrfach als bestes Lokal der Welt ausgezeichnet.
Geschmacklicher Wow-Moment
Dass sich die Erfahrungen aus der Topliga der Kulinarik auch im Buch widerspiegeln, lässt sich dabei – zum Glück! – kaum vermeiden. «Ich hätte Ihnen auch Alltagsrezepte liefern können, die garantiert nicht mehr als dreissig Minuten der Zubereitung benötigen. Doch diese Aufgabe erfüllen andere besser als ich», schreibt er in seinem lesenswerten Vorwort.
«Die Rezepte für den Almanak habe ich ausgewählt, weil ich finde, dass ihr guter Geschmack die zusätzliche Zeit in der Küche rechtfertigt.» Ich sage nur: Erdbeeren mit Estragon. Ein geschmacklicher Wow-Moment und erst noch in weit weniger als dreissig Minuten zubereitet.
Wenn Claus Meyer für ein Jahr den Kochlöffel übernimmt, bedeutet das aber auch: Ein Grossteil des Essens ist pflanzlich, frisch und lokal. Man isst das, was so schmeckt wie die Zeit und die Landschaft um einen herum. Nicht in allen Teilen lässt sich der Almanak deshalb auf die Schweiz übersetzen – zum Beispiel bei Fisch und Meeresfrüchten oder bei einigen Wildpflanzen.
Doch wer erst mal begonnen hat, mit diesem Buch zu kochen, wird schnell infiziert: Denn neue nordische Küche geht auch bei uns, sie schärft den Blick für und weckt die Lust auf das Naheliegende. Genial.
Gefüllte Tintenfische mit Kartoffeln und Chorizo
Für 4 Personen
100 g neue Kartoffeln, gekocht
25 g Chorizo
150 g Schweinehackfleisch mit 6–8 Prozent Fett
1 Ei 2 Knoblauchzehen
1/2 Bund Petersilie
Meersalz und weisser Pfeffer
2 grosse oder 4 kleine Tintenfischmäntel (etwa 500 g), gesäubert
4 Holzspiesse, 2 Stunden in Wasser eingeweicht
Kartoffeln und Chorizo in kleine Würfel schneiden. Dann mit Hackfleisch, Ei, fein gehacktem Knoblauch und gehackter Petersilie zu einer Farce vermischen und mit Salz und weissem Pfeffer würzen.
Farce in die Tintenfischmäntel füllen, aber nicht zu fest stopfen, damit sie beim Grillieren nicht aufplatzen. Tintenfische an beiden Enden mit Spiessen verschliessen.
Dann Tintenfische in einer heissen Grillpfanne oder auf dem Grill 5 Minuten von jeder Seite braten (grössere etwas länger). Wenn sie sich fest anfühlen, ist die Farce gar.
Tintenfische in Scheiben schneiden und zusammen mit zum Beispiel hausgemachtem Tomaten-Relish, Limettenspalten und grünem Salat servieren.
Dazu: Grünes Tomaten-Relish
Für 1 Glas
10 grüne Tomaten (700–800 g)
2 Zwiebeln
120 g Zucker
1 Sternanis
10 Koriandersamen
10 Fenchelsamen
Meersalz
3 dl Cidre-Essig oder ein anderer guter heller Essig
Pfeffer aus der Mühle
Tomaten fein würfeln und zur Seite stellen. Mit den Zwiebeln genauso verfahren.
In einem Topf Zucker goldbraun caramelisieren. Zwiebeln und Gewürze hinzufügen und mit etwas Salz bestreuen, damit etwas Flüssigkeit austritt und das Caramel nicht anbrennt. Wenn die Zwiebeln weich sind, Essig, Pfeffer und Tomatenwürfel hinzufügen.
Relish etwa 15 bis 20 Minuten zu einem dickflüssigen Kompott einkochen, dann vom Herd nehmen. In ein überbrühtes Einmachglas füllen und abkühlen lassen. Ungeöffnet hält sich das Relish im Kühlschrank 3 bis 4 Monate, geöffnet etwa 15 bis 20 Tage.
Meine Tipps
- Auf der Suche nach einem kulinarischen Paukenschlag zur Eröffnung der Grillsaison? Die würzigen Tintenfische stehlen jedem Steak die Show!
- Dazu unbedingt dieses fantastische Relish servieren. Egal ob mit grünen, gelben, roten Tomaten: Hauptsache sie sind noch etwas unreif.
Erdbeeren mit Estragonzucker und Milch
Für 4 Personen
600 g Erdbeeren
60 g Zucker
1/2 Bund Estragon
4 dl Milch (fettarm)
Erdbeeren möglichst wenig waschen, am besten nur, wenn sie wirklich schmutzig sind, dann die grünen Blätter und Stielansätze entfernen. Die Erdbeeren auf tiefe Teller verteilen.
Estragon abzupfen, dann Blätter und Zucker mit einem Stabmixer zu einem schön grünen Zucker verarbeiten und über die Erdbeeren streuen. Mit kalter Milch übergiessen und sofort servieren.
Varianten: Süssdolde hat, wie Estragon, eine leichte Lakritznote. Daher können Sie stattdessen auch dieses Kraut verwenden, das vielerorts wild wächst. Auch Minze und Zitronenmelisse eignen sich gut.
Meine Tipps
- Wow. Wow! Die herben Lakritznoten des Estragons und die süssen Erdbeeren sind eine richtig spektakuläre Kombination. Dazu unterschiedliche Texturen, eine fröhliche Optik und ein Aufwand, der kaum der Rede wert ist.
- Weil ich nicht unbedingt im Estragon-Fanclub bin, habe ich parallel eine Variante mit Pfefferminze ausprobiert. Es war … okaaay. Aber niemals so kühn und aufregend wie mit Estragon.

Claus Meyer: Almanak. Neue nordische Alltagsküche. Echtzeit-Verlag, Basel 2025, 832 Seiten, ca. 75 Fr.