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Belle d’Opium von Yves Saint Laurent: Eau Fatale

Stil

Belle d’Opium von Yves Saint Laurent: Eau Fatale

  • Text: Lisa Feldmann

Opium war 1977 der Duft der Stunde: Das orientalische Parfum betörte die ganze welt. Diesen Herbst bekommt es eine kleine Schwester, Belle d’Opium.


Die Nacht wollte kein Ende nehmen, wie so oft in New York, damals, in den späten Siebzigerjahren. Als die Dschunke in den frühen Morgenstunden an einem Pier mitten in Manhattan anlegte, war schon abgemacht, dass man weiterfeiern würde, und wo schon, natürlich im «Studio 54». Da würde man sowieso mit ihnen rechnen, die wenigen der Stammgäste, die nicht unter ihnen waren. Als die von Hunderten Liter Champagner betörte Gruppe von Bord ging, ahnte noch niemand, dass man die wohl letzte rauschende Geburtstagsparty dieser Ära verliess. Zu feiern gab es ausnahmsweise keinen Popstar und keine Filmdiva, keinen Designer und kein Topmodel, sondern ein kleines, fremdartig aussehendes Flacon mit einer magischen Flüssigkeit: Opium, das neue Parfum des französischen Designers und Couturiers Yves Saint Laurent.

In Frankreich bereits ein grosser Erfolg, sollte jedoch erst der skandalumwitterte Launch in den USA diesem Duft den weltweiten Ruhm bescheren, der ihn bis heute begleitet. Darf ein Duft wie eine gefährliche Droge heissen? Wurde nicht echtes Opium angeboten auf ebendieser Feier in einem abgeriegelten VIP-Bereich? Und wurden neben ebendiesen 780 Flaschen Champagner tatsächlich 13 000 Austern, 10 Kilo Kaviar und unzählige Peking-Enten konsumiert? Keine Zeitung des Landes, die nicht am Morgen danach ausführlich und werbewirksam über die Nacht und ihre Schwärmer berichtete: Opium wurde zur neuen Lieblingsdroge der Departmentstores. Und die Geschichte ging weiter: Jerry Hall, Linda Evangelista, Kate Moss, Sophie Dahl und Karen Elson luden das Image dieses Wunder-Elixiers über die Jahre mit immer neuem Sexappeal auf, der Mythos überlebte jede Mode, jedes neue Frauenbild schien sich seinem «Eternal Eroticism» unterzuordnen.

Doch nun, in diesem Herbst, gesellt sich eine kleine, jüngere Schwester an die Seite der Femme fatale – Belle d’Opium leugnet die Verwandtschaft nicht, findet auch, dass Verführen der Frauen oberste Pflicht ist – wählt aber dennoch andere Waffen. Der Duft selbst: leichter, sanfter, eher eindringlich als aufdringlich. Die betörenden Duftnoten von Orangenblüte, Mandarine, Pfirsich wirken neu, modern – aber die orientalischen Basisnoten, weisser Pfeffer, Patchouli, Sandelholz, geben dem Parfum die Tiefe, die Sensualität, die so einzigartig und unverwechselbar mit dem Haus Yves Saint Laurent verbunden ist. Mélanie Thierry wiederum, die junge französische Schauspielerin, die im Spot von Kultregisseur Akram Khan den Tanz der sieben Schleier nachempfindet und auch in der Anzeige die Figur der Salomé neu interpretiert, bringt ein Frauenbild auf den Punkt, das perfekt für diese neue Dekade steht: zart, aber willensstark, anlehnungsbedürftig, aber gleichzeitig souverän, selbstbewusst.

Wer Mélanie Thierry in jener Nacht in New York erlebte, als ihr Belle d’Opium der Welt präsentiert wurde, spürte den Wandel der Zeit. Als sich die Gäste für die Afterparty im heute angesagten «Boom-Boom-Room» parat machten, winkte sie lächelnd ab: Nein, nein, eine lange Nacht, das liegt nicht drin. Morgen müsse sie schliesslich fit sein, für Fotos und Fragen der internationalen Journalisten. So ändern sich die Zeiten …

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1.

Schon fast unanständig lasziv: 1977 räkelt sich Jerry Hall für die erste Opium-Werbekampagne