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Das neue Heft ist da: Chefredaktorin Barbara Loop über Fantasie

Das neue Heft ist da: Chefredaktorin Barbara Loop über Fantasie

Ab heute liegt die neue annabelle am Kiosk. Lest hier das Editorial von Chefredaktorin Barbara Loop.

"Ich kreiere nur Dinge, von denen ich denke, dass sie neu sind", sagte Rei Kawakubo jüngst in einem ihrer raren Interviews. Was als Selbstverständlichkeit überlesen werden könnte, gewinnt aus dem Mund der Comme-des-Garçons-Designerin an Gewicht.

Schliesslich erwartet man von der Frau, deren Designs die Mode revolutioniert haben, nichts weniger als das nie Dagewesene. Wenn jemand wie sie es für notwendig erachtet, den kreativen Charakter ihres Schaffens zu betonen, heisst es dann, dass Kreativität im Modedesign nicht mehr vorausgesetzt werden darf? Nun, das behaupten derzeit nicht wenige.

Sei es aufgrund des wirtschaftlichen Drucks oder wegen der unterschiedlichen Interessen der Absatzmärkte von Ost bis West, sei es der nivellierenden Wirkung der Algorithmen geschuldet, wie es Miuccia Prada und Raf Simons diese Saison für Prada zum Thema gemacht haben: wahre modische Überraschungen sind selten geworden.

Wir feiern in diesem Trend-Spezial diejenigen, die sich spielerisch und frei daranmachten, unsere Garderobe neu zu definieren. Wir wollen das Imperfekte zur Perfektion erklären, der Leichtigkeit huldigen und dem schöpferischen Chaos. Also liessen wir jene zum Zuge kommen, die sich meisterhaft darauf verstehen, die Dinge auf den Kopf zu stellen, die Logik links liegen zu lassen und neue Welten zu schaffen: Wir holten uns Hilfe von den Kindern.

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"Kreativität, ein Kinderspiel? Nicht ganz"

Dafür druckte Fashion Editor Mariella Ingrassia die Modestrecke als grosse Malbücher aus, damit die Kinder die fotografierten Looks gestalten, übermalen, kommentieren, zerschneiden, überkleben konnten. Zwölf Kinder im Alter von zweieinhalb bis elf Jahren erhielten das Buch. Bedingungen gab es keine.

Kreativität, ein Kinderspiel? Nicht ganz. Auch meine beiden Töchter freuten sich auf die Mitarbeit an dieser annabelle-Ausgabe. Sehnlichst warteten sie, bis das Malbuch endlich zuhause ankam. Und dann stellte sich heraus, dass in ihnen schon kleine Perfektionistinnen stecken.

Es war nicht so, dass sie die Aufgabe gar nicht erst angehen wollten, um ein Scheitern zu verhindern, wie es unser Autor Dennis Frasch in seinem Essay über Perfektionismus in der neuen Ausgabe beschreibt. Sie wollten die Aufgabe gut erfüllen, alles richtig machen. Schon die Kleinsten sind nicht gefeit vor den eigenen Ansprüchen.

Was es brauchte, bis die Fantasie die Regie übernahm: Konzentration, aber keinen Druck, Umarmungen, Humor, Guetsli und das, was wohl der wahre Luxus unserer Gegenwart ist: Zeit, viel Zeit – und etwas Langweile.

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