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Giessen, Düngen & Co: So pflegt ihr Zimmerpflanzen richtig

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Giessen, Düngen & Co: So pflegt ihr Zimmerpflanzen richtig

Wie viel Wasser brauchen Zimmerpflanzen? Wie reagieren sie auf die menschliche Stimme? Und was taugen Apps für die Pflanzenpflege? Expertin Jil Claire Schulz weiss Rat.

annabelle: Jil Claire Schulz, was ist der häufigste Fehler, den man bei der Wahl seiner Zimmerpflanzen machen kann?
Jil Claire Schulz: Pflanzen zu wählen, die nicht zum eigenen Lifestyle passen. Ich vergleiche Pflanzen deshalb gerne mit Haustieren: Auch sie sind Lebewesen und haben Bedürfnisse.

Pflanzen, die nicht zum eigenen Lifestyle passen – was heisst das?
Wer zum Beispiel viel reist, kauft lieber eine Pflanze, die wenig Wasser braucht. Wer Kinder und/oder Haustiere hat, dem empfehle ich etwa die Goldfruchtpalme, die Ufopflanze oder den Geldbaum. Die sind alle ungiftig und äusserst robust.

Nun gibt es viele Menschen, die keinen grünen Daumen haben. An welche Pflanzen sollten sie sich heranwagen?
Grüne Daumen sind überbewertet. Wer so wenig wie möglich mit der Pflanze zu tun haben will, dem rate ich zum Klassiker: Sukkulenten wie etwa die Glücksfeder. Die sind pflegeleicht und brauchen wenig Wasser. Da kann man nichts falsch machen. Will man mässig viel giessen, sind die robusten und schnell wachsenden Efeututen super.

Grundsätzlich gilt es aber, bei allen Pflanzen darauf zu achten, dass man den richtigen Standort wählt und vor allem: dass man ihnen die richtige Menge Wasser gibt. Nur allzu oft geht man davon aus, dass Pf lanzen viel Wasser brauchen, damit sie gut und schnell wachsen.

Das ist eigentlich naheliegend …
… aber in der Regel eben nicht so. Die meisten Pflanzen kommen mit wenig Wasser gut zurecht. Wenn Pflanzen kränkeln, liegt es oft daran, dass sie zu viel Wasser bekommen haben.

Woran lässt sich erkennen, wie viel Wasser eine Pflanze braucht?
Ich mache jeweils den Fingertest. Dabei stecke ich den Finger etwa vier Zentimeter tief in den Pf lanzentopf und schaue mir den Finger danach an. Klebt feuchte Erde am Finger, gebe ich kein zusätzliches Wasser. Ist die Erde am Finger sehr nass, habe ich zu viel Wasser gegeben. Ist die Erde hingegen trocken und krümelt vom Finger ab, kann man ruhig giessen. Wichtig ist, dass der Topf beim Fingertest mit Erde gefüllt ist. Mit anderen Substraten funktioniert er nicht.

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«Es ist besser, wenn die Pflanze ein bisschen zu viel Licht hat als zu wenig»

Kann man ausgetrocknete Pflanzen noch retten?
Das kommt sehr darauf an, wie trocken die Wurzeln sind und ob es noch einzelne intakte Pf lanzenteile hat. Je nachdem ist es ein Versuch wert, indem man die Erde gut anfeuchtet, dabei aber ja nicht zu viel Wasser gibt. Falls sie sich nach ein paar Stunden nicht aufgerichtet hat, muss sie aus dem Topf und mit den Wurzeln in ein Wasserglas, damit diese neu wachsen können.

Und worauf ist bei der Wahl des Standorts zu achten?
Dass er nicht zu dunkel ist. Es ist besser, wenn die Pflanze ein bisschen zu viel Licht hat als zu wenig. Damit kommen die meisten Pf lanzen gut klar. Stellt man die Pflanze an ein Fenster, das nach Süden ausgerichtet ist, wird sie von der Mittagssonne voll beleuchtet. Für manche Pflanzen ist das toll, für andere ist es zu hell.

Ein Standort bei einem Fenster, das nach Norden ausgerichtet ist, ist hingegen oft zu dunkel. Ost- und Westfenster haben morgens beziehungsweise abends Sonne. Das ist ideal, denn hier ist es mittelhell. Ausserdem ist es schlau, die Pflanzen im Winter etwas näher ans Fenster zu stellen.

Kommt es darauf an, in welchem Raum sich eine Pflanze befindet?
Nein, das spielt keine Rolle.

Pflanzen im Schlafzimmer entziehen der Luft den Sauerstoff. Stimmt das?
Wahr ist, dass Pflanzen tagsüber Sauerstoff abgeben und ihn nachts aufnehmen. Aber dass sie einem den Sauerstoff entziehen, stimmt nicht. Sofern nicht jeder Millimeter mit einer Pf lanze besetzt ist, geht es uns im Schlaf prächtig. Pf lanzen atmen ja auch und geben dabei Feuchtigkeit ab. Dadurch tragen sie zu einem angenehmen Raumklima bei.

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«Die Pflanze wächst besser, wenn man ihr mehr Aufmerksamkeit schenkt»

Was bewirkt es, wenn ich mit meinen Pflanzen rede?
Es gibt Studien, die besagen, dass Pflanzen Schwingungen wahrnehmen, die sich auf das Wachstum auswirken. Beschallt man Pflanzen etwa mit Musik, kann dies, je nach Schwingung, das Wachstum fördern oder verlangsamen. Analog dazu nehmen Pflanzen auch die Schwingungen der Stimme wahr. Die Pflanze wächst aber nicht deshalb besser, weil man mit ihr spricht, sondern weil man ihr mehr Aufmerksamkeit schenkt.

Und entdeckt dabei womöglich Schädlinge wie Thripse, Spinnmilben oder Schildläuse. Was ist Ihr Patentrezept dagegen?
Gegen Thripse hilft vor allem eine frühe Erkennung, indem man die Pflanze beim Giessen kurz absucht. Wir sind aber auch grosse Fans von Raubmilben. Das sind Nützlinge, die auf Pflanzen herummarschieren und Schädlinge fressen. Gerade bei Thripsen und Spinnmilben können sie auch vorbeugend eingesetzt werden.

Wenn ich meinen Pflanzen beim Wachsen ein bisschen nachhelfen will: Kann ich da Flüssigdünger verwenden?
Grundsätzlich schon. Flüssigdünger wird mit Wasser gemischt und ist in der Regel hoch dosiert. Deshalb eignet er sich besonders für Pflanzen, die viel Dünger benötigen oder einen Nährstoffmangel haben. Langzeitdünger (etwa aus Schafhaaren oder Pferdemist) empfehlen wir hingegen für jene Pf lanzen, die nicht viele Nährstoffe brauchen. Er wird direkt in die Erde gegeben und wirkt über einige Monate.

Welche Pflanzen sind gerade im Trend?
Ein Dauerbrenner ist die Monstera, auch Fensterblatt genannt. Im Trend sind auch Pflanzen wie die Aglaonema, die oft rosa, gelbe oder grüne Blätter hat, oder pflegeleichte Klassiker wie die Efeutute, die mit wenig Aufwand für viel Grün sorgt – etwas, was sich viele Menschen in ihrem Zuhause wünschen. Zudem kommen Babypflanzen vermehrt auf. Die sind bei all jenen beliebt, die sich während des Lockdowns an Gemüse-Setzlingen versucht haben und nun Zimmerpflanzen grossziehen wollen.

«Ich rate, immer erst den Fingertest zu machen, um sicherzustellen, dass die Pflanze wirklich Wasser braucht»

Was eignet sich für den Balkon?
Es kommt darauf an, was man cool findet. Man kann viele Aussenpflanzen in Töpfen halten und im Sommer Zimmerpflanzen auf den Balkon stellen, Strelitzien zum Beispiel. Fallen die Temperaturen nachts unter 10 bis 15 Grad, sollte man sie jedoch wieder reinholen.

Pflanzen sind auch so etwas wie Möbelstücke. Worauf ist beim Einrichten zu achten?
Es gibt eine inoffizielle Designregel, die besagt, dass man eine ungerade Anzahl Pflanzen an einen Ort stellen sollte. Denn zu viel Symmetrie macht die Wohnung ungemütlich. Man kann die Pflanzen auch mit Makramee, also speziell geknüpften Garnen, aufhängen oder sie auf einem Holzständer platzieren. Ein weiterer Tipp ist, Pflanzen unterschiedlicher Grössen zusammenzustellen. Das Wichtigste aber ist, wie schon gesagt, das Licht. Das bestimmt den optimalen Standort.

Wie hilfreich sind Apps für die Pflanzenpflege?
Es kommt auf die App an und darauf, was sie leisten kann. So gibt es viele Apps, die einen Reminder senden, wenn man giessen muss. Das ist super, kann aber auch problematisch sein. Etwa dann, wenn man nur giesst, weil die App signalisiert, dass man giessen sollte. Ich rate, immer erst den Fingertest zu machen, um sicherzustellen, dass die Pflanze wirklich Wasser braucht. Denn der Wasserbedarf hängt auch von Faktoren wie Feuchtigkeit, Licht und Wärme ab, und die werden in vielen Apps nicht berücksichtigt.

Verraten Sie uns einen persönlichen Tipp für die Pflanzenpflege?
Den eigenen Rhythmus finden. Ich habe meine Sonntagmorgen-Routine: In dieser Zeit kümmere ich mich um meine Pflanzen und giesse sie alle. So muss ich mir während der Woche nicht mehr allzu viele Gedanken machen.

Jil Claire Schulz leitet die Kommunikation, ist im HR und im Management beim Zimmerpflanzenshop Feey. Sie gilt als eine der erfahrensten «Pflanzenmamis».

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