Pro und Contra: Sind Partnerlooks peinlich?
Partnerlook liegt im Trend: Stars wie Timothée Chalamet und Kylie Jenner tun es, Victoria und David Beckham schon längst. Cool oder peinlich? Unsere Autorinnen sind sich uneinig.
- Von: Jacqueline Krause-Blouin, Vanessa Vodermayer
- Bild: Alamy
Contra: «Hat Mami dem Söhnchen die Kleider rausgelegt?»
Liebe macht blind. In diesem Fall farbenblind. Kylie Jenner und Timothée Chalamet (ich dachte, die seien getrennt?) tauchten an der Premiere des Films «Marty Supreme» im orangen Partnerlook auf. Die Premiere fand nicht in einem amerikanischen Gefängnis statt und es war auch nicht Müllmann-Gedenktag. Aber darum soll es hier nur am Rande gehen. Ich muss mich nämlich sehr dringend fragen, warum ich Pärchen-Partnerlooks und matchy matchy Outfits so peinlich finde. Ab wann wird aus einem Paar ein Moodboard?
Ist es denn nicht herzerwärmend, wenn man beim Wandern das gleiche Karohemd trägt, im Bett Nachthemd und Pyjama im passenden Print und bei der Weihnachtsfeier den Ugly Sweater mit einem weiblichen und einem männlichen Rentier drauf? Einmal zeigte mein Mann sehnsüchtig auf eine ganze Familie, die im Flugzeug den gleichen Jogginganzug trug und ich bin fast mit dem Piloten durchgebrannt.
Ich finde nämlich, dass alles, was über passende Eheringe hinausgeht, schon der Beginn ästhetischer Gleichschaltung ist. Wenn ich reite, möchte ich nicht aussehen wie mein Pferd. Ihr wisst, was ich meine.
Victoria und David Beckham, Britney Spears und Justin Timberlake – und nun Kylie Jenner und Timothée Chalamet: Immer wieder scheinen Promi-Paare (oder ihre Stylist:innen) den Drang zu verspüren, ihre Verbundenheit auch modisch zum Ausdruck zu bringen und in ihren Outfits eine textile Symbiose einzugehen. Erinnert das nur mich an Zwillingsbabys mit Schleifchenhaarbändern?
Ich habe bei den armen Babys schon das Gefühl, dass ihnen die Individualität abgesprochen wird. Und das letzte, was ich als Paar ausdrücken möchte, ist doch, dass ich mich komplett selbst aufgegeben habe und mich nur noch durch meinen Partner identifiziere. Als nächstes vergesse ich dann, dass ich Koriander eigentlich nicht mag, höre plötzlich Gangsta-Rap und finde die Sportschau spannend.
Klar soll man modisch auch als Paar Spass haben, unbedingt! Sobald ein Look jedoch aussieht, als wäre er in wochenlangen Abstimmungscalls entstanden, ist jede Coolness dahin. Dann sieht es mehr nach «Mami-hat-dem-Söhnchen-die-Outfits-rausgelegt» aus. Und Mommy-&-me-Looks kuratiert Kylie Jenner ja schon mit ihren wehrlosen Kindern. – Jacqueline Krause-Blouin, Editor-at-Large
Pro: «Ein gelungener Partnerlook beruht auf zwei simplen Regeln»
Ja, ich finde Partnerlooks ziemlich gut. Vermutlich schaue ich Couples mit abgestimmten Outfits sogar häufiger hinterher als hotten, charmanten Boys. Aber bevor wir das vertiefen, lasst mich erst ein Missverständnis klären.
Ich differenziere zwischen gelungenen und gescheiterten Partnerlooks. Niemand würde schliesslich von sich behaupten, Essen gut zu finden und damit jede erdenkliche Lebensmittelkombination meinen. Ich liebe Essen. Aber eine mit Gruyère umzogene Rinderzunge im Lebkuchenmantel auf einer Wasabi-Aperol-Crème käme mir im Leben nicht auf den Teller.
Unter gelungene Partnerlooks fallen für mich weder Kylies und Timothées Kürbis-Katastrophe, noch Britneys und Justins Denim-Desaster. Ich schreibe nicht von vermeintlichen Doppelgängern in monochromer Ganzkörpermontur oder händchenhaltenden Spaziergänger:innen, die das gleichzeitige Tragen desselben Jackenmodells «irgendwie cute finden».
Erst recht empören mich diese Pärchen-Shirts mit aufgedrucktem «His» und «Hers» in geschwungener Schrift. Wie sich Menschen darin ohne jegliches Cringe-Empfinden nach draussen trauen (und ein Bild davon auf Instagram posten?!), bleibt mir ein Rätsel.
Aber zurück zum Wesentlichen: Was ich mit gelungenen Partnerlooks meine, sind ausgeklügelte Outfits, die modisch harmonieren. Und das wiederum ist eine Disziplin für sich. Die Herausforderung besteht darin, Looks zu stylen, die ersichtlich eine Einheit bilden, ohne konstruiert oder verkrampft zu wirken.
Wir wollen ja die reich gepredigte Laisse-Faire-Attitüde verkörpern. Ungezwungen cool sein, wie Zoë Kravitz! Oder Harry Styles. Beziehungsweise besser noch wie der wahr gewordene Partnerlook-Traum aus beiden zusammen. Die Schauspielerin und der Sänger ziehen seit diesem Sommer Arm in Arm durch die öffentlichen Strassen und lassen die Gerüchte um ihren Beziehungsstatus souverän unkommentiert.
Was sich aber bestätigen lässt, ist die Fabelhaftigkeit ihrer Outfitwahl. «Ein minimalistisches und aufeinander abgestimmtes Stil-Lexikon», meint die US-«Vogue» zum bisherigen Duo-Auftritt.
Aber worin liegt das Geheimnis? Ein gelungener Partnerlook folgt lediglich zwei simplen Regeln. Erstere lautet: eine optische Gemeinsamkeit definieren – mit Betonung auf eine! Wichtig ist dabei zu beachten, dass zur Kategorie Gemeinsamkeit keine identischen Pieces derselben Marke (siehe erster Absatz im Pro-Text) gehören. Sondern: ähnliche Stoffe, Farben, Muster, Accessoires oder Kleidungsstücke.
Der:die Partner:in trägt einen roten Cardigan? Bindet euch ein rotes Foulard um. Jemand trägt einen Wollmantel in Anthrazit? Dann wird ein gleichfarbiger Beanie zum Pendant. Ist eine Gemeinsamkeit geschaffen, baut ihr euch jeweils ein Outfit gemäss Regel zwei: Der Rest des Outfits entspricht unabhängig vom Partnerlook dem persönlichen Stil.
Hinter einem gelungenen Partnerlook steckt nämlich niemals ein unbefriedigender Kompromiss. Kein Verstellen, kein Unterordnen. Ich sehe im gelungenen Partnerlook den modischen Ausdruck zweier Individuen als Metapher für ein gesundes Beziehungsfundament. Ein Miteinander, in dem man voll und ganz sich selbst bleiben kann und trotz oder gerade wegen seiner Eigenschaften hervorragend zur Partnerperson passt. Und mal ehrlich: Wer wäre schon nicht gerne das stimmige gutangezogene Paar? – Vanessa Vodermayer, Social Media Editor