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Rezept für Anna Pearsons Sauerteigbrot

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Rezept für Anna Pearsons Sauerteigbrot

Hier ist das Rezept für das beste Sauerteigbrot der Welt. Es braucht Zeit und Hingabe und vielleicht mehr als einen Versuch – aber versprochen, es lohnt sich bis zum letzten Brösmeli.

«Reduce to the max» heisst die Devise beim Sauerteigbrot: Nicht nur kommt der Bäcker ohne chemische Hilfsmittel aus, er verzichtet auch auf den Zusatz von Hefe, arbeitet ausschliesslich mit Mehl, Wasser und Salz. Als Triebmittel dienen natürliche Hefen, der unvergleichliche Sauerteig­-Geschmack kommt von Milchsäurebakterien. Die kleinen Helfer aus der Natur züchtet sich der Bäcker gleich selber, indem er hochwertiges Mehl fermentieren lässt, danach wird die Kultur wie eine Art Haustierchen gepflegt, jahre-­ oder sogar jahrzehntelang. Immer mehr Menschen schätzen die Vorzüge eines richtig guten, artisanal hergestellten Brotes, das viel Zeit hatte, zu reifen und dadurch komplexe Aromen entwickeln konnte. Vor Bäckereien wie der Tartine Bakery in San Francisco stehen die Kunden Schlange, um sich einen frisch gebackenen «Country Loaf» zu ergattern. Und die beste Nachricht: mit dem nötigen Know­how und ein bisschen Erfahrung lässt sich in jedem Haushaltbackofen ein Brot backen, das dem berühmten Original sehr nahe kommt.

So sehr mich Sauerteigbrot fasziniert, so gross war mein Respekt davor, mich selbst daran zu versuchen. Schilderungen von meiner Berufskollegin Margaretha, die das Handwerk des Sauerteigbrot­-Backens direkt in der Tartine Bakery erlernt hatte, liessen mich glauben, dass es für Amateure wie mich ein Ding der Unmöglichkeit sei, diese Kunst zu erlernen. Schliesslich packte mich der Ehrgeiz aber aus einem ganz einfachen Grund: Wenn ich in Zukunft regelmässig Brot nach meinem Geschmack essen wollte – aussen eine knusprige, dunkelbraune, hocharomatische Kruste, innen eine luftig­weich­feuchte Krume mit mild-säuerlichem Geschmack – dann blieb mir schlichtwegs nichts anderes übrig, als zu lernen, wie ich selber solches backen könnte. Margaretha erklärte sich bereit, mich in die Geheimnisse des Sauerteigbrotes einzuweihen und meine Versuche zu begleiten. Ich schickte ihr in den darauf folgenden Wochen Fotos von gelungenen und misslungenen Broten, worauf sie mir wieder neue Tipps gab. Ich testete Mehle, Techniken, schaute unzählige Tutorials auf Youtube, übte und übte – und natürlich ass ich Unmengen von Sauerteigbrot. Tagelang verliess ich kaum das Haus, weil ich an meinen Backtagen halbstündlich irgendwelche Schritte ausführen musste. Ja, zwischendurch fühlte ich mich regelrecht versklavt von diesem unscheinbaren Teig, der zu einer Art «natürlichem Tamagochi» für mich wurde.

Motivierenderweise bekam ich schnell ein Gefühl für den Sauerteig, merkte, was ihm gut tat und was nicht. Bereits mein drittes Brot war um Welten besser als das meiste, was man kaufen kann – aber auch noch weit von dem entfernt, was mir vorschwebte. Zwischenzweitlich gab es Momente, in denen ich meinen Sauerteig am liebsten im Abfluss entsorgt hätte, wenn es einfach nicht klappen wollte und ich keine Ahnung hatte, warum. Doch dann funktionierte es plötzlich wieder, nachdem ich ein neues Mehl verwendete – und wie: plötzlich war jedes Brot, das ich aus dem Ofen nahm, schöner und besser als das letzte.

Diese Ausführungen sollen auf keinen Fall abschrecken, ich kann jedem nur empfehlen, mit Backen anzufangen. Und schliesslich ging es bei meinen endlosen Backversuchen ja darum, eine verständliche Anleitung auszutüfteln, die es ermöglichen soll, ohne grosse Umwege sehr gutes Brot zu backen. Die Fehler, die ich gemacht habe, sollen Ihnen erspart bleiben, Sie dürfen direkt dort einsteigen, wo ich nach mehrwöchigem Ausprobieren angelangt bin. Zumindest fast – denn die Erfahrung, ein Gespür für den Teig zu entwickeln, kann ich Ihnen nicht abnehmen. Und das wäre ja auch schade, denn es ist eine grosse Freude, zu merken, wie man seinen Teig immer besser versteht.

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Bevor Sie sich ans Backen machen, sollten Sie ein paar grundlegende Dinge wissen:

Allgemein

Sauerteigbrot ist ein Naturprodukt und hat deshalb viel mit Gefühl zu tun – es gibt keine Garantie, dass mit der peniblen Befolgung dieses Rezeptes ein perfektes Brot gelingt. Mehlqualität, Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit: diverse Faktoren wirken sich massgeblich auf das Ergebnis aus. Deshalb ist es wichtig, seinen Teig kennenzulernen, auszuprobieren, auf äussere Umstände zu reagieren. Beginnen Sie mit diesem Rezept und passen Sie es wenn nötig so an, dass es zu Ihren Bedürfnissen und den Gegebenheiten in Ihrer Küche passt.

Hefe

Da ein Sauerteigstarter eine Weile braucht, bis er richtig stark ist, sollte man zumindest am Anfang dem Teig noch etwas zusätzliche Frischhefe zugeben: so kann man sicher sein, dass der Teig bestimmt schön aufgeht. Wenn man sich sicherer fühlt und der Starter stark genug ist, kann man die Hefe mit der Zeit weglassen.

Mehl

Sorte:
– Bei diesem Brot handelt es sich um ein Weizensauerteigbrot. Natürlich kann man auch mit anderen Mehlen Sauerteigbrot backen, man kann jedoch nicht einfach dieses Rezept auf andere Mehle anwenden.
– Um den Teig zu füttern, braucht man eine Mischung aus 50% Halbweissmehl und 50% Vollkornmehl.
– Um die Gärkörbchen zu bemehlen, benötigt man eine Mischung aus Reisvollkornmehl (im Reformhaus) und Halbweissmehl: so klebt der Teig nicht am Körbchen fest.

Qualität:
Bei Sauerteigbrot ist es besonders wichtig, hochwertige Mehle zu verwenden. Da man ausschliesslich mit natürlichen Hefen und Bakterien arbeitet, braucht man «lebendiges» Mehl. Ideal ist in einer Steinmühle gemahlenes Mehl aus alten Weizensorten. Ich bestelle mein Mehl bei der Altbachmühle Wittnau. Ebenfalls empfehlenswert ist das Mehl aus dem Mühlerama in Zürich.

Temperatur

Nehmen Sie die folgende Anleitung als Anhaltspunkt und bedenken Sie dabei: je wärmer, umso schneller läuft der Fermentationsprozess. Wenn es in Ihrer Küche kühler oder wärmer ist, verlängern bzw. verkürzen sich die angegebenen Zeiten. Das heisst aber nicht, dass man die Temperatur deutlich verändern sollte, denn bei verschiedenen Temperaturen werden verschiedene chemische Prozesse ausgelöst. Deshalb schmeckt ein Brot, das lange bei niedrigen Temperaturen gereift ist anders, als eines, das kürzere Zeit wärmeren Temperaturen ausgesetzt war. Die angegebenen Temperaturen sind ideal für die Vermehrung im richtigen Verhältnis von Hefen und Bakterien: der Teig geht schön auf und entwickelt die gewünschten Aromen.

Ofen:
Jeder Ofen ist anders, die angegebenen Backtemperaturen beziehen sich auf meinen Ofen (der richtig eingestellt ist). Am besten kontrollieren Sie mit einem Ofenthermometer, ob Ihr Ofen die richtige Temperatur anzeigt und stellen ihn wenn nötig anders ein als im Rezept angegeben.

Zeit

Die angegebenen Zeiten sind für meinen Alltag praktisch: es hat sich bewährt, immer abends den Sauerteigstarter zu füttern und am Morgen zu Backen. Möglich, dass sie für jemand anderen unpraktisch sind, dann ändern Sie die Zeiten, sodass sie zu Ihren Bedürfnissen passen. Bedenken Sie dabei, dass Sie Zeitabstände bis zu einem gewissen Grad vergrössern können, wenn die Temperatur tiefer ist als im Rezept angegeben und umgekehrt.

Benötigte Geräte

Waage: Eine präzise Waage mit Digitalanzeige ist unverzichtbar.

Küchenmaschine: Man kann Brotteig auch von Hand kneten – eine Maschine ist praktischer.

Gärkörbchen: Sie verleihen Brot ein schönes Muster, können aber auch durch einfache Schüsseln ersetzt werden, die mit einem Küchentuch ausgelegt werden.

Thermometer: Man sollte wissen, wo in der Wohnung welche Temperaturen herrschen (Profis kontrollieren auch die Luftfeuchtigkeit). Die benötigten warmen 25°C finden Sie wahrscheinlich in der Nähe einer Heizung.

Teighorn/Teigspachtel: Man braucht ein Teighorn aus Plastik mit abgerundeten Ecken und idealerweise einen Teigspachtel aus Metall.

Zuckerstreuer/Sieb: Um Arbeitsflächen oder Teiglinge möglichst fein zu bemehlen, ist eine solche Dosierhilfe praktisch.

Duschhaube: Plastik­Duschhauben mit Gummizug sind sehr praktisch, um Teigschüsseln und Gärkörbchen zuzudecken. Alternativ verwendet man Frischhaltefolie.

Rasierklinge: Die Teiglinge werden vor dem Backen eingeschnitten. Das geht am besten mit einer Rasierklinge, die auf ein Kaffeerührstäbchen aus Holz «gefädelt» wird. Notfalls kann man ein sehr scharfes Messer verwenden.

Kombibräter: Das perfekte Gefäss, um Brot zu backen: Es besteht aus einer Bratpfanne und einem Schmortopf, beide Teile können als Deckel für den jeweils anderen Teil benutzt werden. Der Teigling wird in die flache Pfanne gestürzt, der tiefe Topf dient als Deckel. Auch ein normaler grosser Gusseisenbräter funktioniert: dort stürzt man den Teig in den tiefen Topf, wobei man sich aber leichter verbrennen kann. Einen tollen Kombibräter gibt es bei Soeder von der schwedischen Firma Skeppshult. Notfalls geht es auch ohne Bräter, siehe Anmerkung im Rezept.

Rezept

1. Sauerteig­starter / z.B. Sonntag
1 Woche, bevor überhaupt ans Backen zu Denken ist, muss ein Sauerteig­starter angesetzt werden. Der Starter wird im Idealfall nur 1x angesetzt und kann danach über Jahre wiederverwendet werden.

Dauer
3 Tage

Zutaten
100 g Mehlgemisch
100 g lauwarmes Wasser

Was tun
Um den Starter anzusetzen, werden in einer Schüssel 100 g Mehl (ein Gemisch aus Weizenvollkorn­ und Weizenhalbweissmehl) mit 100 g Wasser von Hand verrührt. Das Gemisch in ein Glas füllen, mit einem Tuch bedecken und bei Zimmertemperatur 3 Tage lang stehen lassen. Nach ca. 2 bis 3 Tagen bilden sich Bläschen und es entstehen teilweise intensive Gerüche von fruchtig bis säuerlich.

Was passiert
Während des Fermentationsprozesses entstehen die zum Backen notwendigen Hefen und Milchsäurebakterien: Bakterien, die in der Luft, im Mehl, an unseren Händen sind, werden aktiviert, indem Mehl mit Wasser gemischt an der Wärme stehen gelassen wird. Die Hefen und Bakterien «fressen» die Stärke im Mehl und wandeln sie in Kohlendioxid und Säure um. Riechen Sie regelmässig am Teig, es ist interessant, wie er seinen Geruch mit der Zeit verändert. Auch wenn Sie den Geruch möglicherweise als unangenehm empfinden, ist das kein schlechtes Zeichen. Solange sich der Teig nicht merklich verfärbt, zu schimmeln beginnt oder wirklich ekelhaft stinkt, hat alles seine Richtigkeit – ansonsten werfen Sie ihn weg und beginnen nochmals von vorne. Falls nach drei Tagen noch nichts passiert ist, lassen Sie den Teig einfach nochmals einen Tag stehen.

2. Sauerteig füttern / Mittwoch, Donnerstag, Freitag
Um die Hefen und Bakterien, die während des Fermentierens aktiviert wurden, am Leben zu erhalten und den Starter zu stärken, muss er gefüttert werden. Bevor das erste Mal gebacken werden kann, wird der Starter 3x gefüttert.

Dauer
3 Tage

Zutaten
3 x 50 g Mehlgemisch
3 x 50 g lauwarmes Wasser

Was tun
Das Tuch vom Glas entfernen, die Hälfte des Starters wegwerfen. 50 g Wasser unter den Starter mischen, dann 50 g Mehlgemisch unterrühren. Das Glas mit einem nicht dicht verschlossenen Deckel abdecken und bei Zimmertemperatur 24 Stunden stehen lassen. Das Prozedere 2x wiederholen.

Was passiert
Die Hefen und Bakterien im Starter haben irgendwann die ganze Stärke des Mehls in Gase und Säuren umgewandelt. Damit sie weiterleben können, müssen sie mit neuer Stärke (= neues Mehl) gefüttert werden. Damit man nicht einen immer grösseren Starter erhält, wird die Hälfte des Starters weggeworfen und durch die gleiche Menge neues Mehl­Wasser­Gemisch ersetzt. Nach 3 Tagen bzw. 3 Fütterungen ist der Starter bereit, um ein erstes Mal verbacken zu werden. Der Teig beginnt nach der Fütterung aufzugehen, fällt danach langsam wieder zusammen. Der Geruch wechselt von mehlig- süsslich über fruchtig bis zu säuerlich.

3. Extra-Fütterung / Samstag
Am Abend vor dem Backtag wird ein Vorteig angesetzt. Dies ist nichts anderes als eine «Extra­-Fütterung» des Starters mit mehr Mehl und Wasser. Der Vorteig wird am nächsten Tag als Basis für den Hauptteig verwendet. Zumindest am Anfang wird ausserdem ein Hefevorteig angesetzt (siehe Bemerkung online). Wenn Sie mit der Zeit auf die Hefezugabe verzichten wollen, fügen Sie der gleichen Menge Starter (30g) je 200 g Mehl und Wasser zu.

Dauer
8 bis 12 Stunden

Zutaten
Sauerteig­-Vorteig
30 g Starter
100 g Mehlgemisch
100 g Wasser, 25°C

Zutaten
Hefe­-Vorteig
2­-3 g Bio-­Frischhefe
100 g Mehlgemisch
100 g Wasser, 25°C

Was tun
Sauerteigstarter in eine kleine Schüssel geben. In Wasser auflösen, danach das Mehlgemisch unterrühren. Alles gut verrühren.
> Schüssel mit Folie abdecken und bei Zimmertemperatur 8 – 12 Stunden stehen lassen.
Hefe in einer kleinen Schüssel in Wasser auflösen, danach das Mehlgemisch unterrühren. Alles gut verrühren.
> Schüssel mit Folie abdecken und im Kühlschrank 8 – 12 Stunden stehen lassen.
(Den restlichen Starter entweder wieder füttern (wenn Sie am übernächsten Tag nochmals backen möchten) oder aber in den Kühlschrank stellen (falls Sie in den nächsten Tagen nicht backen möchten).

Was passiert
Der Starter aktiviert die Hefe­ und Bakterien­Vermehrung im zugefügten Mehl. So findet eine langsame, schrittweise Fermentation des Teiges statt.

4. Hauptteig / Sonntag
Am Backtag wird der Hauptteig geknetet, zu Teiglingen verarbeitet, die man aufgehen lässt, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um zu backen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Man kann den Teig an einem warmen Ort gehen lassen und am gleichen Tag backen oder man stellt ihn in den Kühlschrank, lässt ihn dort langsam gehen und backt erst am nächsten Morgen. Durch die längere, kalte Fermentation entwickeln sich komplexere Aromen – ausserdem ist man bezüglich des Zeitpunkts, wann gebacken werden muss, flexibler, weil der kalte Teig 1,2 Stunden mehr oder weniger Reifezeit nicht krumm nimmt. Einen möglichen Zeitplan sehen Sie auf diesem Bild:

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Dauer
ca. 7 Stunden bzw. ca. 20 Stunden

Zutaten
650 g Wasser, 25°C (1)
Sauerteig-­Vorteig
Hefe-­Vorteig
100 g Vollkornmehl
900 g Halbweissmehl
plus
25 g Salz
50 g Wasser, 25°C (2)

Um mit dem Hauptteig beginnen zu können, muss zuerst getestet werden, ob die Vorteige reif sind: dafür 1 TL Vorteig in ein Glas mit zimmerwarmem Wasser geben: Wenn der Teig schwimmt, ist er reif, wenn er sinkt, ist er noch nicht reif und man muss noch warten (Den Teig an einen wärmeren Ort stellen und den Schwimmtest nach 1 Stunde wiederholen.)

4.1. Teig I
Wasser (1) in die Teigschüssel der Küchenmaschine füllen. Die beiden Vorteige zugeben und mit einem Schwingbesen verrühren. Die beiden Mehle zugeben und alles für ca. 1 Minute mit dem Knethaken kneten, bis die Zutaten vermengt sind.
> Die Schüssel mit Folie abdecken und bei 25°C 30 Minuten ruhen lassen.

Was passiert
Während der sogenannten Autolyse wird das Klebergerüst von Weizenteigen aufgebaut, was den Geschmack und die Backqualitäten des Brotes verbessert, ausserdem muss der Teig danach weniger lang geknetet werden. Da Salz den Autolyseprozess beeinträchtigt, wird dieses erst in einem zweiten Schritt beigegeben.

4.2. Teig II
Salz und Wasser (2) auf den Teig geben, unterkneten und den Teig 5 Minuten auf niedrigster Stufe kneten.
> Die Schüssel mit Folie abdecken und bei 25°C 30 Minuten ruhen lassen.

4.3. Falten I
Mit der Hand wird der Teig im Abstand von zunächst 30, später dann 45 Minuten 5 x gedehnt und gefaltet. Dafür mit der befechteten Hand (damit der Teig nicht klebt) auf der hinteren Seite unter den Teig greifen, nach oben ziehen und über den restlichen Teig nach vorne falten. Die Schüssel 3x um 90°C drehen und die Bewegung wiederholen, bis der Teig von allen 4 Seiten gefaltet wurde.
> Die Schüssel mit Folie abdecken und bei 25°C 30 Minuten ruhen lassen.

Was passiert
Durch das mehrfache Dehnen und Falten wird weizendominierten, feuchten Teigen Struktur verliehen: das Klebergerüst kann sich schonend entwickeln, die Hefeaktivität wird angeregt. Während der Teig anfänglich schwer ist und schnell reisst, wird er mit jedem weiteren Falten immer leichter, weicher und elastischer. Ausserdem geht der Teig mit der Zeit deutlich auf, spätestens nach dem letzten Falten sollte es an der Oberfläche Blasen haben.

4.4. Falten II
Den letzten Schritt wiederholen.
> Die Schüssel mit Folie abdecken und bei 25°C 30 Minuten ruhen lassen.

4.5. Falten III
Den letzten Schritt wiederholen.
> Die Schüssel mit Folie abdecken und bei 25°C 30 Minuten ruhen lassen.

4.6. Falten IV
Den letzten Schritt wiederholen, nun etwas sanfter vorgehen.
> Die Schüssel mit Folie abdecken und bei 25°C 45 Minuten ruhen lassen.

4.7. Falten V
Den letzten Schritt wiederholen, nun etwas sanfter vorgehen.
> Die Schüssel mit Folie abdecken und bei 25°C 45 Minuten ruhen lassen.

4.8. Shaping I
Den Teig mithilfe einer Plastik­-Teigkarte auf eine grosse, unbemehlte Arbeitsfläche geben. Die restliche Arbeitsfläche ganz leicht mit etwas Halbweissmehl bemehlen. Mit einer Teigkarte aus Metall den Teigfladen in zwei gleich grosse Stücke trennen. Ein Stück vor sich auf die leicht bemehlte Arbeitsfläche legen. Auf der Unterseite des Teiges haftet nun eine feine Mehlschicht an, die Oberseite ist klebrig. Den Teig 1x zusammenfalten, sodass die Oberseite zusammengeklebt wird und die Teigkugel rundherum ganz leicht bemehlt ist. Nun mithilfe der sauberen, leicht bemehlten Teigkarte und mit leicht bemehlten Händen den Teig zu einer möglichst schönen Kugel formen: Jeweils die Teigkarte schräg gegen den Teig schieben, den Teig ein wenig drehen und wieder gegen den Teig schieben. Die Teigkugel haftet in der Mitte an der Arbeitsfläche, diese darf deshalb nicht zu stark bemehlt sein. Nach einigen Malen Schieben und Drehen erhält man eine runde Kugel mit einer glatten, gestrafften Oberfläche. Mit der zweiten Teigportion ebenso verfahren.
> Die Teigkugeln 30 Minuten offen ruhen lassen (es sollte nicht ziehen oder abkühlen!).

4.9. Shaping II
Zwei Gärkörbchen mit einem Mehlmix aus 50% Reisvollkornmehl und 50% Halbweissmehl bemehlen. Alternativ können auch normale Schüsseln, die mit einem bemehlten sauberen Küchentuch ausgelegt sind, verwendet werden. Mit der Teigkarte unter den Teigfladen greifen, aufheben und mit der Oberseite nach unten auf die ganz leicht bemehlte Arbeitsfläche legen. Den Teig zu einem Rechteck ziehen, das längs vor einem liegt. Die unteren zwei Ecken greifen und den unteren Drittel nach oben falten. Auf der rechten Seite den zusammengefalteten Teil greifen und etwas auf die Seite ziehen, dann ebenfalls um einen Drittel nach links falten. Die linke Seite dehnen und über die Mitte falten. Zuletzt das obere, noch ungefaltete Stück greifen und über den Rest ziehen, sodass alles «eingepackt» ist. Nun geht es darum, eine möglichst schöne Kugel zu formen und viel Spannung in die Teigoberfläche zu bringen. Dafür wie beim Shaping I vorgehen, den Teig dabei nicht überstrapazieren, die Oberfläche darf nicht reissen (das Ziel ist, mit möglichst wenig Bewegungen möglichst viel Spannung in den Teig zu bringen). Die Oberfläche der Teigkugel mit etwas Reismehlmix bestreuen, mithilfe der Teigkarte von der Arbeitsfläche nehmen und mit der Oberseite nach unten ins Gärkörbchen legen.
> Das Gärkörbchen zudecken und
a) bei 25°C 2-­3 Stunden ruhen lassen oder
b) bei 6°C 12–16 Stunden ruhen lassen

4.10. Backen
Das Gitter in die unterste Schiene des Backofens schieben, den Kombibräter darauf stellen und den Ofen für min. 20 Minuten auf 280°C vorheizen (oder so heiss wie möglich). Eine Rasierklinge bereithalten, die auf einem Kaffeerührstäbchen befestigt ist. Den Teig mit etwas Reismehlmix bestreuen. Den Kombibräter aus dem Ofen nehmen und den Teig sanft in die flache Pfanne stürzen. Falls Sie keinen Kombibräter besitzen, den Teig in den tiefen Teil eines normalen Bräters stürzen. Mit der Ecke der Rasierklinge die Oberfläche in leicht schrägem Winkel 5–10 Millimeter tief einschneiden, z.B. einen Kreis oder einen oder mehrere gerade Schnitte. Die Schnitte sollten möglichst schnell und sauber ausgeführt werden. Die Pfanne mit dem tiefen Bräter (oder den normalen Bräter mit dem Deckel) zudecken und in den Ofen schieben. Die Temperatur auf 250°C reduzieren. Nach 20 Minuten den Deckel entfernen und das Brot ca. weitere 25 Minuten backen oder solagen, bis die Oberfläche rundherum schön dunkel gebräunt ist. Das Brot aus dem Bräter heben, auf ein Kuchengitter legen und abkühlen lassen. Das zweite Brot backen.

Falls Sie weder einen Kombibräter noch einen normalen Bräter haben: Vor dem Vorheizen in die unterste Rille des Ofens ein Blech mit etwas heissem Wasser schieben und in die zweitunterste Rille ein Backblech. Die Teiglinge direkt auf das heisse Blech stürzen, das Blech mit dem Wasser nach 20 Minuten aus dem Ofen nehmen und die Temperatur auf 230°C reduzieren.

Was passiert
Profibäcker können ihre Öfen bedampfen. Es braucht den Dampf am Anfang der Backzeit, damit der Teig nochmals richtig schön aufgehen kann. Ohne Dampf bildet sich schnell eine trockene Haut an der Oberfläche, die ein gutes Aufgehen verhindert. Innerhalb eines geschlossenen Gefässes entstehen ideale Verhältnisse, deshalb können Amateure in einem normalen Haushaltbackofen durch das Backen in einem Eisenbräter super Ergebnisse erzielen.

 

Nach dem Backen / Pflege des Sauerteigstarters
Der Sauerteigstarter wird im Kühlschrank aufbewahrt. Durch die Kälte wird der Fermentationsprozess stark verlangsamt – aber nicht gestoppt. Deshalb muss der Starter 1x pro Woche gefüttert werden. Das Glas mit dem Starter aus dem Kühlschrank nehmen, mit 50g Wasser und 50g Mehlmix füttern und 12 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen. Danach kommt er wieder in den Kühlschrank. Wenn man backen möchte, nimmt man den Starter 4 Tage vorher aus dem Kühlschrank und füttert ihn 3x, bevor man den Vorteig ansetzt. Wird der Starter über längere Zeit nicht gefüttert, stirbt er irgendwann und es muss ein neuer Starter angesetzt werden. Wer verreist, kann seinen Starter einfrieren.

Buch-­Empfehlung:
Tartine Bread, Chad Robertson, Chronicle Books (engl.)

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