Zu viel ist nicht genug: Wie die MAGA-Frau das Jahr 2025 geprägt hat
2025 hat kaum ein Stilbild die USA so sichtbar geprägt wie die überzeichnete Ästhetik der MAGA-Frau. An Haaren, Kleidern und Körpern lässt sich plötzlich wieder politische Gesinnung ablesen. Was das über Macht, Kontrolle und Weiblichkeit verrät, reicht weit über Mode hinaus.
- Von: Jacqueline Krause-Blouin
- Bild: Dukas
Stiltechnisch hat dieses Jahr wenig so geprägt wie der Look der MAGA-Frau. Eine MAGA-Frau erkenne ich hier in den USA aus einem Kilometer Entfernung.
Erst gestern ist mir eine im Parkhaus begegnet. Die blendend weissen Zähne blitzten mir angriffslustig entgegen, das Bandage-Dress in Knalltürkis überliess, was ihre Figur angeht, wenig der Fantasie, die gewellten Extensions wehten nicht im Wind, weil die Dose Haarspray im Badezimmer angewiesen wurde, sie streng zurückzuhalten.
Ich hörte die Stiletto-Absätze, klick, klack, und roch den Spraytan in der Note «Kokosnuss», die Nägel messerscharf. Ja, seit Neuestem kann man die politische Gesinnung einer Frau wieder an ihrem Look ablesen.
US-Präsident Trump hat eine ganz klare Vorstellung davon, wie die Frauen in seinem Gruselkabinett auszusehen haben. Sexy. Aber jetzt denkt bitte nicht an nonchalante Französinnen. «Sexy» bedeutet bei Trump: knallig, laut, stillos – too much ist nicht genug. Die Kleidung eng, die Haare «big», die Absätze hoch, die Wimpern klumpig, der Teint Marke «Florida», die Falten weggespritzt.
Ja, natürlich spielt die plastische Chirurgie eine entscheidende Rolle. Das «Mar-a-Lago-Face», also Filler in Lippen und Wangen und Augenbrauen nach Winkelmass, ist angeblich bei amerikanischen Schönheitschirurgen so gefragt wie nie.
Es ist diese Mischung aus Eighties-Nostalgie, Jackie Kennedy gone wrong, Businessdressing für Menschen, die noch das Wort «Powerfrau» benutzen und einer Prise Bordsteinschwalbe, die den MAGA-Look so gruselig macht.
"Absolute Körperkontrolle: straffe Figuren, gestählte Oberarme, die im Etuikleid präsentiert werden"
Als «hyperfeminin» wird der Look gerne beschrieben, was aber offenbar nur bedeutet – so klischeehaft wie das, was sich ein männlicher Trump-Fan unter dem Begriff «feminin» vorstellt. Make America Hot Again.
Absolute Körperkontrolle gehört dazu: straffe Figuren, gestählte Oberarme, die im Etuikleid stolz präsentiert werden, als Zeichen von Disziplin und Härte.
Figuren wie Trump-Schwiegertochter Lara Trump, Tweed-Kostüm-Fan und Pressesprecherin Karoline Leavitt (die – ich musste es dreimal googeln – tatsächlich erst 28 ist) oder «ICE-Barbie» und Innenministerin Kristi Noem, die sich schon mal im Glam-Look bei Deportationen filmen lässt, inszenieren sich als Aushängeschilder des Systems – das Kreuz an der Halskette darf dabei nicht fehlen.
"Eine 'echte' Frau – im Sinne eines Präsidenten, der Weiblichkeit auf die Pin-up-Ästhetik reduziert"
So knallig wie ihre Kostüme, so schrill sind oft ihre Aussagen, die MAGA-Frau ist ungefähr so subtil wie Moschino in den Achtzigerjahren.
Das Idealbild dahinter: eine «echte» Frau – im Sinne eines Präsidenten, der Weiblichkeit auf die Pin-up-Ästhetik reduziert und Frauen wie Kandidatinnen in einem Schönheitswettbewerb bewertet.
Wer dazugehört, kennt die Uniform und beherrscht die Regeln. Wer widerspricht, spürt die Absätze. Überraschende Ausnahme ist dabei ausgerechnet die Gattin des Anführers selbst: Melania Trump.
Viel Nennenswertes geleistet hat die First Lady wahrlich nicht, aber in Sachen Modeexpertise kann man ihr nicht viel vorwerfen, ist sie doch um ein Vielfaches stilvoller als ihre Kolleginnen im Fox-News-Moderatorinnen-Aufzug.
"Vielleicht ist das alles leichter zu ertragen, wenn es sich so fake anfühlt, wie alle aussehen?"
Warum die MAGA-Frauen aussehen, als würden sie gerade für «The Real Housewives of Washington» drehen? Womöglich damit all die menschenverachtenden Dinge, die sich in Trumps Regierung gerade abspielen, selbst wie eine Reality-Show anmuten. Vielleicht ist das alles leichter zu ertragen, wenn es sich so fake anfühlt, wie alle aussehen?
Ein Pencilskirt ist nur Stoff, bis jemand damit Politik macht. Die MAGA-Frau soll auf konventionelle Art aufreizend, corporate, geschäftig, gebärfreudig und jederzeit sexuell verfügbar für ihren hart arbeitenden Mann sein. Das drückt sie auch durch ihr Aussehen aus.
Für eine Bewegung, die Frauen am liebsten wieder an den Herd schieben würde, machen ihre Heldinnen den mit zu viel Lipliner umrandeten Mund allerdings erstaunlich weit auf – ausgerechnet, um anderen Frauen zu erklären, wie leise sie bitteschön zu sein haben.