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Zum Eidgenuss – Köstlichkeiten aus der Schweiz

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Zum Eidgenuss – Köstlichkeiten aus der Schweiz

  • Text: Julian Schütt

Welche Lokale servieren heimische Gerichte der Extraklasse? Eine kulinarische Tour de Suisse in fünf Gängen.

Nein, eine Raclette- oder Fonduestube weiss ich keine zu empfehlen, schon gar nicht im Sommer. Da kommts auch weniger auf die Meisterschaft eines Kochs an als vielmehr auf die Qualität des Käselieferanten und jene des Belüftungssystems. Die Schweizer Küche gibts übrigens nicht, es gibt nur unzählige regionale Küchen. Und die hohe einheimische Kochkunst lebt seit je auch von dem, was in den Töpfen und Pfannen der umliegenden Länder Spannendes passiert. Fünf in diesem Sinn «schweizerische» Gänge aus fünf sehr empfehlenswerten Restaurants.

Aperitif und Vorspeise
Vreni Giger ist Appenzellerin und interpretiert in ihrem «Jägerhof» in St. Gallen Vertrautes und Überliefertes neu. So manche Realität (nicht bloss) des Alltagslebens bringt sie durcheinander: Mir hat sie zuerst die Schwiegermutterzunge als Aperitif gereicht und danach erst die so genannte Hochzeitssuppe, auch Appenzeller Sametsuppe genannt. Sie schmeckt ähnlich wie die Bündner Gerstensuppe, enthält aber mehr Gemüse. Eine glückliche Kombine.
Restaurant Jägerhof
Brühlbleichestr. 11
St. Gallen
Tel. 071 245 50 22
www.jaegerhof.ch

Der Fischgang
Georges Wenger im jurassischen Le Noirmont liebt französische Klarheit und schweizerische Dezenz. Manche Spitzenküche lässt ja, statt einen einzigen Akkord der Aromen anzustimmen, gleich ein Sinfonieorchester auf den Geniesser los. Hohe Kochkunst, wie sie Wenger bietet, bleibt stets nachvollziehbar und die Raffinesse diskret. Das macht den Fischgang zum grossen Vergnügen: Zander aus jurassischen Gewässern mit Fenchel. Das mag konventionell klingen, aber wie behutsam Wenger die Aromen des Fischs und des Gemüses akzentuiert, ist bewundernswert.
Restaurant und Hotel Georges Wenger
2, rue de la Gare
Le Noirmont JU
Tel. 032 957 66 33
www.georges-wenger.ch

Der Vegi-Gang
Der Hexer von Escholzmatt? Das Markenzeichen hat sich Stefan Wiesner selbst zugelegt. Eher wie ein bartloser Druide steht er an seinen Töpfen, sanft, aber beharrlich, eingeweiht in alle natürlichen Kreisläufe. Der Speisenerfinder Wiesner erweitert jeden Horizont, beschwört mit viel alchimistischer Fantasie zusätzliche Sinne, bleibt dabei aber ein subtiler, exakter Herdwerker. Unvergesslich sein Trüffelrisotto mit Emmentalerkäseschaum.
Restaurant Rössli
Hauptstrasse 111
Escholzmatt LU
Tel. 041 486 12 41
www.gasthofroessli.ch

Der Fleisch-Gang
Der Vorzeige-Schweizer in Zürich ist natürlich die «Alpenrose» an der Fabrikstrasse. Katharina Sinniger und Tine Giacobbo kultivieren seit je einheimisches Schaffen (bei den Produkten und den Rezepten). Fehlt nur noch, dass sie beim verwendeten Knoblauch angeben, aus welchem Garten er kommt. Direkt ins limbische System schlug mir einst ihr Puschlaver Lammgigot aus der Macelleria Zanetti ein, geschmort in Wein aus Maienfeld.
Restaurant Alpenrose
Fabrikstrasse 12
Zürich
Tel. 044 271 39 19

Das Dessert
Einer, der auf Rahmiges und Buttriges setzt, aber souverän dosiert, ist Werner Martin in Flüh bei Basel, gleich an der Grenze zu Frankreich gelegen, und tatsächlich pilgern ins «Martin» viele Franzosen, wenn sie hochwertig (aber tiefpreislich) schweizerisch essen wollen. Schweizerisch heisst hier vor allem: klassische und damit auch wieder französischeKüche. Auf den Teller kommt, was der Markt hergibt, stets sauber zubereitet, sodass man sieht, was man isst. Definitiv gaumenerweichend ist Martins Dessertwagen mit all den Mousse-Variationen, Schokoladen, Torten.
Restaurant Martin
Hauptstrasse 94
Flüh SO
Tel. 061 731 10 02
www.restaurant-martin.ch


Julian Schütt ist Gastro-Kolumnist von annabelle und Literaturkritiker